Batterietechnologie : Northvolt-Insolvenz: US-Konzern übernimmt Batteriewerk in Polen

Northvolt-Zellfabrik in Skellefteå (Nordschweden): Ehemaliger Leuchtturm der europäischen Batteriewertschöpfung – inzwischen insolvent.
- © NorthvoltDer europäische Batterie-Hoffnungsträger ist gefallen – und wird nun von einem US-Unternehmen übernommen. Nach der Insolvenz des schwedischen Herstellers Northvolt hat das kalifornische Technologieunternehmen Lyten die Batteriefabrik im polnischen Danzig übernommen. Die Produktion, so Lyten, soll sofort wieder anlaufen. Es handelt sich um die größte Fabrik für stationäre Energiespeicher in Europa. Angaben zum Kaufpreis wurden nicht gemacht.
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Lyten übernimmt – Europa verliert
Die Anlage mit einer Kapazität von derzeit sechs Gigawattstunden (GWh), ausbaubar auf zehn, war zuvor unter dem Namen Northvolt Dwa ESS bekannt. Sie sollte ein zentrales Element beim Aufbau einer europäischen Speichertechnologie sein. Stattdessen steht sie nun symbolisch für das Scheitern eines ambitionierten Industrieprojekts: Im März 2025 musste Northvolt Insolvenz anmelden.
Lyten, spezialisiert auf Lithium-Schwefel-Batterien, verfolgt den Aufbau einer unabhängigen Lieferkette in den USA und hat sich neben dem polnischen Werk auch einen früheren Northvolt-Standort im kalifornischen Silicon Valley gesichert. Für Europa ist die Übernahme ein deutliches Signal: Während US-Unternehmen gezielt in Infrastruktur investieren, ringen europäische Staaten noch um belastbare Industriepolitik.
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Rechnungshof prüft Milliardenförderung
Angesichts der Insolvenz prüft nun der Bundesrechnungshof die Förderzusagen. Es geht um insgesamt rund eine Milliarde Euro an Bürgschaften, Darlehen und Beihilfen. Erste Rückmeldungen deuten darauf hin, dass Risiken in der Projektbewertung möglicherweise unterschätzt wurden. Zwar läuft der Bau in Heide derzeit weiter – doch ob das Werk jemals regulär in Betrieb geht, ist offen.
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Vom Vorzeigeprojekt zum Sanierungsfall
Northvolt wurde 2016 mit dem Ziel gegründet, Europas Antwort auf die dominierenden asiatischen Hersteller CATL, BYD und LG zu werden. Das Unternehmen versprach eine nachhaltige Produktion mit grünem Strom, enge Partnerschaften mit Automobilherstellern und regionale Wertschöpfung. Kunden wie BMW, Scania und Volvo sicherten sich frühzeitig Lieferverträge.
Doch der Expansionskurs war zu steil: Die Nachfrage nach E-Autos schwächelte, Kosten explodierten, die Qualitätskontrolle bereitete Probleme – und mehrere Kunden zogen sich zurück. Die Schließung des polnischen Werks war bereits im November 2024 angekündigt worden, die Insolvenz folgte im Frühjahr 2025.
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Europas Batterieoffensive im Rückwärtsgang
Northvolts Fall ist kein Einzelfall. Der Aufbau einer eigenständigen Batteriezellenproduktion in Europa verläuft langsamer als geplant – und bleibt anfällig für Rückschläge. Obwohl unter der „European Battery Alliance“ Milliarden an Fördergeldern bereitgestellt wurden, liegt Europas Marktanteil weltweit bei nur etwa 17 Prozent. Asien kontrolliert über 70 Prozent der Zellproduktion.
Auch andere Projekte wie ACC (Automotive Cells Company), ein Joint Venture von Stellantis, TotalEnergies und Mercedes-Benz, kämpfen mit Verzögerungen, Kostensteigerungen und technischer Komplexität. Analysten weisen zudem auf systemische Hindernisse hin: hohe Energiepreise, unsichere Förderarchitektur und fehlende Skalierung. Ohne klaren industriepolitischen Rahmen droht Europas Batterieambition zur Dauerbaustelle zu werden.
Europas Batterietraum steht auf der Kippe
Der Fall Northvolt zeigt mit aller Deutlichkeit, wie brüchig Europas Ambitionen im strategischen Zukunftsmarkt der Batterietechnologie sind. Trotz Milliardenförderungen, politischer Symbolkraft und großem Bedarf ist es bislang nicht gelungen, eine wettbewerbsfähige, stabile Industrie aufzubauen. Dass nun ein US-Unternehmen eines der wichtigsten Werke übernimmt, ist mehr als ein Einzelfall – es ist ein Warnsignal.
Europa steht vor einer Entscheidung: Entweder gelingt es, Rahmenbedingungen zu schaffen, die Investitionen, Innovation und Standortsicherheit langfristig sichern – oder der Kontinent bleibt abhängig von Importen aus Asien und Amerika. Die Zeit, um den Kurs zu korrigieren, wird knapp.
Video: Wie geht es weiter im europäischen Batteriemarkt – und wer füllt die Lücke?
Während europäische Projekte wie Northvolt scheitern oder ins Wanken geraten, baut der chinesische Batterie-Gigant CATL seinen Einfluss in Europa gezielt aus. INDUSTRIEMAGAZIN-News zeigt, wo die Chinesen bereits Standorte sichern, welche Deals sie mit der Autoindustrie schließen – und warum Europa Gefahr läuft, seine strategische Unabhängigkeit auch in der Batterietechnik zu verlieren.