Volkswagen Werkverkauf : Volkswagen in der Zwickmühle: Verkauft der Konzern deutsche Werke an China?

Zum Jahresstart brach das VW-Ergebnis gegenüber der Vorjahresperiode unterm Strich von 6,7 auf 4,7 Mrd. Euro massiv ein.

Volkswagen spricht nach Worten von Konzernchef Oliver Blume mit chinesischen Partnerunternehmen über eine Übernahme von VW-Werken in Europa 

- © Volkswagen AG

Volkswagen hat bestätigt, Gespräche mit chinesischen Partnerunternehmen über mögliche Investitionen in Europa zu führen. Nach den Worten von Konzernchef Oliver Blume steht das Unternehmen für globalen Handel und begrüßt Investitionen aus anderen Ländern. „Wir stehen für einen globalen Welthandel, und es ist immer positiv zu beurteilen, wenn Unternehmen in unserer Region in Europa investieren“, erklärte Blume am Dienstag gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters in Berlin.

>>> 12 % Rückgang: Wie Audi mit neuen Strategien aus der Absatzkrise kommen will

Auch Audi-Chef Gernot Döllner hat sich kürzlich zu möglichen Investitionen chinesischer Unternehmen in Europa geäußert. „Das ist natürlich denkbar“, sagte Döllner der „Financial Times“. Der Fokus liegt dabei insbesondere auf bestehenden Werken in Deutschland, die langfristig nicht mehr ausgelastet sein könnten. Dabei erwähnte er, dass Partnerschaften mit chinesischen Elektroautobauern eine mögliche Strategie sein könnten, um den Absatzrückgang in Europa abzufedern. Ein solcher Schritt könnte jedoch auch dazu führen, dass die Eintrittsbarrieren für Wettbewerber in Europa gesenkt werden. Dennoch betonte er: „Ich glaube an freien Handel.“

Nie mehr die wichtigsten News aus Österreichs Industrie verpassen? Abonnieren Sie unser Daily Briefing: Was in der Industrie wichtig wird. Täglich um 7 Uhr in ihrer Inbox. Hier geht’s zur Anmeldung!

Folgen Sie uns doch für mehr News aus Österreichs Industrie auf unserem neuen WhatsApp-Kanal: einfach Code scannen und auf "abonnieren" klicken!

- © Industriemagazin

Chinesische Investitionen in deutsche VW-Werke: Der aktuelle Stand

Auf die Frage nach konkretem Interesse chinesischer Unternehmen an deutschen Werken fügte Blume hinzu: „Wir haben enge Partnerschaften in China, Joint-Venture-Partner, und da gibt es natürlich dann gern auch mal Gespräche, aber keine konkreten Entscheidungen. Sowas muss natürlich auch sorgfältig vorbereitet werden.“

>>> China im Visier: Wie Hans Kostwein an einem Netzwerk zur Batteriezellproduktion schraubt

Audi-Chef Gernot Döllner steht vor der Herausforderung, das derzeit schlecht ausgelastete Werk in Zwickau effizienter zu nutzen. Ein denkbares Szenario könnte darin bestehen, ein in Zwickau produziertes Audi-Modell in das Stammwerk Ingolstadt zu verlagern, um dessen Produktionskapazität vollständig auszuschöpfen. Dadurch würde die Möglichkeit entstehen, Zwickau für eine potenzielle Übernahme durch einen chinesischen Hersteller freizugeben.

Offenbar befinden sich die Gespräche in einem frühen Stadium und es wurden noch keine verbindlichen Vereinbarungen getroffen. Dennoch zeigt sich ein zunehmendes Interesse chinesischer Hersteller an Produktionsstätten in Europa, insbesondere an deutschen Werken von Volkswagen, die in Zukunft möglicherweise nicht mehr gebraucht werden.

Audi-Chef Gernot Döllner 

- © Audi

Ein Beispiel für die strategische Neuausrichtung von Volkswagen ist das Werk in Osnabrück, dessen Schließung durch Verhandlungen mit der Gewerkschaft IG Metall abgewendet werden konnte. Laut einem Insider-Bericht von Reuters ist bekannt, dass chinesische Autobauer grundsätzlich an der Übernahme solcher Werke interessiert sind. Dies betrifft vor allem Standorte, die Volkswagen langfristig nicht mehr benötigt. Auch Werke wie Dresden werden immer wieder als potenzielle Kandidaten für eine Neustrukturierung oder Übernahme genannt.

Das Werk in Osnabrück, das derzeit unter anderem Cabrio-Modelle fertigt, steht sinnbildlich für die Herausforderungen in der Branche: Rückläufige Nachfrage nach konventionellen Fahrzeugen, steigender Wettbewerb durch Elektrofahrzeuge und die Notwendigkeit, Produktionskapazitäten zu optimieren. Dieses Werk beschäftigt etwa 2300 Mitarbeiter. Zwar hat Volkswagen Ende Dezember eine Verlängerung der Produktion bis 2027 zugesichert, doch die langfristige Perspektive der Anlage bleibt unklar. 

Chinesische Unternehmen sehen hier eine Chance, sich auf dem europäischen Markt zu etablieren und Importzölle auf Elektroautos zu umgehen. China verfolgt dabei ehrgeizige Pläne, um seine Stellung im globalen Automobilgeschäft zu festigen. Das Land strebt nicht nur nach einem Ausbau seiner Marktanteile in Europa, sondern hat das langfristige Ziel, eine führende Rolle in der Automobilindustrie zu übernehmen – insbesondere im Bereich der Elektromobilität.

VW-Werk in Osnabrück, Deutschland 

- © VW

Joint-Ventures als Schlüssel: Volkswagens starke Verbindungen in China

Auch David Powels, Finanzchef der Marke Volkswagen, zeigte sich offen für eine mögliche Zusammenarbeit mit chinesischen Partnern, die auch die Produktion chinesischer Fahrzeuge in deutschen VW-Werken einschließen könnte. „Wir sind offen für jegliche Diskussionen zu jedem Thema mit jedem Partner. In einer dynamischen Welt muss man sich alle Optionen offenhalten“, sagte Powels in einem Interview.

>>> Der Abstieg der deutschen Autoindustrie – worunter VW & Co. wirklich leiden

Die Automobilbranche steht weltweit vor tiefgreifenden Veränderungen. Chinesische Hersteller wie BYD, Nio und Geely gewinnen nicht nur auf dem heimischen Markt an Einfluss, sondern versuchen auch, ihre Position in Europa zu stärken. Eine Produktion in Deutschland könnte ihre Wettbewerbsfähigkeit erheblich steigern, da sie dadurch näher an den Endkunden rücken und gleichzeitig die hohen Importkosten reduzieren könnten. Ein weiterer Vorteil für chinesische Autobauer besteht in der Möglichkeit, die renommierte deutsche Automobilindustrie als Sprungbrett zu nutzen. Deutsche Produktionsstätten bieten nicht nur eine exzellente Infrastruktur, sondern auch qualifizierte Fachkräfte, die für die Herstellung von Elektrofahrzeugen entscheidend sind.

Volkswagen ist in China bereits stark verankert und hat mit SAIC, FAW und JAC drei bedeutende Joint-Venture-Partner im Land. Darüber hinaus besitzt der Wolfsburger Konzern Anteile an dem chinesischen Elektroauto-Startup Xpeng, was seine Ambitionen im Bereich der Elektromobilität unterstreicht. Trotz dieser engen Partnerschaften hat bisher keiner dieser Partner Produktionskapazitäten in Europa aufgebaut. Eine Kooperation im Bereich europäischer Werke könnte für beide Seiten Vorteile bieten: Volkswagen könnte ungenutzte Kapazitäten sinnvoll auslagern, während chinesische Hersteller einen strategischen Zugang zum europäischen Markt erhalten.

Wir sind offen für jegliche Diskussionen zu jedem Thema mit jedem Partner.
David Powels, Finanzchef von Volkswagen

Elektromobilität als Wachstumsmotor: Die Bedeutung des europäischen Marktes

Europa ist für viele chinesische Autobauer ein attraktiver Markt, insbesondere im Bereich der Elektromobilität. Mit strengen Emissionsvorgaben und einem zunehmenden Fokus auf Nachhaltigkeit haben Elektrofahrzeuge in Europa eine Schlüsselrolle eingenommen. Chinesische Unternehmen, die bereits weltweit führend bei der Produktion von Elektroautos und Batterien sind, sehen darin eine Gelegenheit, ihre Produkte in einem anspruchsvollen und lukrativen Markt zu etablieren.

Volkswagen wiederum hat in den letzten Jahren erhebliche Investitionen in die Elektromobilität getätigt und Modelle wie den ID.3 und den ID.4 auf den Markt gebracht. Eine stärkere Zusammenarbeit mit chinesischen Partnern könnte dazu beitragen, Synergien zu schaffen und den globalen Wettbewerbsvorteil beider Seiten zu stärken.

Strategische Überlegungen: Was spricht für den Verkauf deutscher Werke?

Die Überlegung, Werke in Deutschland an chinesische Unternehmen zu verkaufen, wird von Experten aus mehreren Perspektiven bewertet. Einerseits könnte Volkswagen durch den Verkauf ungenutzter oder weniger profitabler Standorte seine finanziellen Ressourcen besser auf die Entwicklung zukunftsorientierter Technologien wie autonomes Fahren und Elektromobilität konzentrieren. Andererseits könnte ein solcher Schritt die strategische Position Chinas in der europäischen Automobilindustrie erheblich stärken.

Gewerkschaften wie die IG Metall mahnen zur Vorsicht und setzen sich weiterhin für den Erhalt von Arbeitsplätzen ein. Darüber hinaus gibt es Bedenken hinsichtlich des Technologietransfers und der Abhängigkeit von ausländischen Investoren, insbesondere in Schlüsselindustrien wie der Elektromobilität.

VW-Tarifverträge mit Nofallregelung: wie steht es um die Zukunft des Autoherstellers?