Machtwechsel bei Siemens : Nach Kaesers Arbeitsbeginn - Kritik am Aufsichtsrat hält an
Auch während der ersten Arbeitstage des neuen Siemens-Chefs Joe Kaeser reisst die Kritik an dem chaotischen Führungswechsel nicht ab. Aktionärsschützer wollen die Rolle des Aufsichtsrats klären und auf der nächsten Hauptversammlung Fragen dazu stellen. "Ratsmitglieder wie unbeteiligte Dritte""Deutschlands führender Technologiekonzern hat sich vor den Augen der Welt eine unwürdige Posse geleistet. Das war auf keinen Fall im Sinne der Anteilseigner", sagte der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Marc Tüngler, der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "So kann es nicht richtig sein, dass einzelne Ratsmitglieder sich öffentlich erklären, als seien sie unbeteiligte Dritte, die den Siemens-Konzern von außen betrachten."Wie berichtet hatte der Siemens-Aufsichtsrat diese Woche nach tagelangem Hickhack Kaeser zum Nachfolger des bisherigen Konzernchefs Peter Löscher ernannt. Der Österreicher war über eine Serie von Misserfolgen und zuletzt eine neuerliche Gewinnwarnung gestürzt. Zum Zweifel von Analysten an der Notwendigkeit dieser Gewinnwarnung: Bericht hier. Im Zuge des turbulenten Führungswechsels gab es auch Spekulationen um ein Machtgerangel im Siemens-Aufsichtsrat, der unter der Führung von Chefkontrolleur Gerhard Cromme steht. So teilte sich der Aufsichtsrat bei der Entscheidungsfindung in zwei Lager: Cromme gegen Josef Ackermann. Ein ausführlicher Bericht dazu hier. Union Investment: "Mangelnde Vertraulichkeit" Auch der Siemens-Großinvestor Union Investment sieht das Vorgehen bei Löschers Ablösung kritisch, selbst wenn es rein formaljuristisch nicht zu beanstanden gewesen sei. Zum einen sei zwischen der ersten Information des Unternehmens über die geplanten Personalien am späten Samstagabend bis zum endgültigen Aufsichtsratsbeschluss am Mittwoch zu viel Zeit vergangen, kritisierte Ingo Speich, bei Union Investment zuständig für Fragen der guten Unternehmensführung. Zum anderen seien Informationen aus dem Kontrollgremium nach außen gedrungen. "Was wir kritisieren, ist der Ablauf und die mangelnde Vertraulichkeit des Aufsichtsrates. Das schadet dem Unternehmen und damit letztendlich dem Aktionär."Kaesers erklärtes Ziel ist es nun, den Konzern erst einmal wieder in ruhigeres Fahrwasser zu bringen. Dies habe "höchste Priorität", hatte der Manager zuvor erklärt. Speich sieht dafür gute Chancen. "Ich glaube, dass Kaeser das schafft, in der jetzigen Situation halten wir ihn für den Richtigen." Siemens-Chefaufseher Cromme müsse sich zudem mittelfristig um seine eigene Nachfolge kümmern, sagte Speich. Ein unmittelbarer Nachfolger aus den eigenen Reihen des Kontrollgremiums sei nicht in Sicht. Eine Nachfolgeplanung für Cromme sei deshalb "nicht erst seit letzten Mittwoch notwendig". (dpa/apa/pm)