Zulieferer in der Krise : Steyr Automotive reduziert Belegschaft weiter – Stellenabbau betrifft 200 Mitarbeiter

Steyr Automotive

Der Fahrzeugbauer Steyr Automotive hat rund 200 Mitarbeiter beim Frühwarnsystem des Arbeitsmarktservice (AMS) angemeldet

- © Steyr Automotive/GEORG SCHLEMMER

Der Stellenabbau bei Steyr Automotive unter der Führung des Investors Siegfried Wolf schreitet weiter voran. Der Fahrzeughersteller hat etwa 200 Beschäftigte beim Frühwarnsystem des Arbeitsmarktservice (AMS) gemeldet, wie die "Oberösterreichischen Nachrichten" berichten. Damit dürfte die Mitarbeiterzahl im ehemaligen MAN-Werk auf unter 1.000 sinken.

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"Der marktweite Rückgang der Produktionsvolumina von mehr als 20 Prozent betrifft alle Geschäftsfelder, sodass selbst mit internen Personalverschiebungen kein Kapazitätsausgleich mehr geschaffen werden kann", erklärte Geschäftsführer Florian Mayrhofer gegenüber der Zeitung. Steyr Automotive kämpft laut eigenen Aussagen mit der schwächelnden Nachfrage nach E-Fahrzeugen. Im Werk in Steyr wurde seit der Übernahme durch Wolf stark auf die Herstellung von Elektro-Lkws gesetzt. Allerdings gab es auch bei der Produktion es Volta-Trucks immer wieder Probleme.

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- © Industriemagazin

2.000 Beschäftige bei Übernahme durch Siegfried Wolf

Vor drei Jahren hatte der Steirer Siegfried Wolf das Unternehmen in der gleichnamigen oberösterreichischen Stadt übernommen, um es vor der geplanten Schließung durch den deutschen Lkw-Hersteller MAN zu bewahren. Zu diesem Zeitpunkt waren noch über 2.000 Personen beschäftigt. Wolf, der über ausgezeichnete geschäftliche Beziehungen nach Russland verfügt, plante ursprünglich eine Zusammenarbeit mit dem russischen Gaz-Konzern zur Produktion von Nutzfahrzeugen. Diese Pläne scheiterten jedoch aufgrund des Ukraine-Kriegs. Kurz nach Ausbruch des Krieges in der Ukraine im März 2022 stellte Steyr Automotive seine Produktion vorübergehend ein. Grund dafür waren Lieferengpässe bei Kabelbäumen aus der Ukraine.

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Als Siegfried Wolf im Sommer 2021 das MAN-Werk übernahm, wurde ein zweijähriger Übergangsvertrag geschlossen, um weiterhin für den deutschen Lkw-Hersteller zu produzieren. Diese Übergangsphase sollte Wolf Zeit geben, neue Kunden, Aufträge und eine zukunftsweisende Vision für den Standort zu entwickeln. Bei der Übernahme spielte die Akquise neuer Aufträge im Bereich Elektromobilität eine zentrale Rolle in Wolfs Zukunftsstrategie für Steyr Automotive. Im September 2023 rollten dann die letzten Lkw der Marke MAN vom Band.

Auch im September letzten Jahres wurde bekannt, dass es bei Steyr Automotive zu einem Abbau von Arbeitsplätzen kommen sollte. Laut damaligen Aussagen müsse Steyr Automotive weiter daran arbeiten, die Kostenstruktur zu verschlanken. Das Unternehmen trennte sich von 360 Beschäftigten, darunter 100 Leiharbeitern. Geplant waren interne Umsetzungen und die Vermeidung von Kündigungen durch Bildungskarenz.

Volta Truck wird nun doch bei Steyr Automotive produziert

Steyr Automotive hat "eine erste Vereinbarung" zur Wiederaufnahme der Produktion von Volta Trucks Elektro-Lkw unterzeichnet. "Unser Team ist hoch motiviert, diesen innovativen Lkw gemeinsam mit unserem Vertragspartner Volta Commercial Vehicles auf die Straße zu bringen", teilte die Geschäftsführung von Steyr Automotive mit.

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Mitte Oktober hatte das schwedische Start-up Volta Trucks überraschend Insolvenz angemeldet. Steyr hatte für das Unternehmen eine Kapazität von 14.000 Fahrzeugen pro Jahr reserviert. Anschließend wurde Volta Trucks von dem US-Fonds Luxor Capital übernommen, und Verhandlungen mit den neuen Eigentümern führten nun zur Unterzeichnung einer Vereinbarung zur Fortsetzung der Produktion. Steyr Automotive machte auf Anfrage der APA keine inhaltlichen Angaben und betonte, dass es sich zunächst um eine grundsätzliche Vereinbarung handle.

die rundum verglaste Kabine sorgen für ein weites Sichtfeld von 220 Grad und reduzieren die gefährlichen toten Winkel
Der Volta-Truck wird nun wahrscheinlich doch bei Steyr Automotive gefertigt - © Steyr Automotive

Siegfried Wolfs Russland-Connection

Kaum ein anderer Wirtschaftsboss aus dem deutschsprachigen Raum hat so gute Kontakte in Russland wie Wolf. Er pflegt Beziehungen zu Konzernchefs, Oligarchen und sogar zu Putin. Wolf gilt als einer der einflussreichsten Vertreter der europäischen Autoindustrie. Der ehemalige Chef von Magna sitzt in den Aufsichtsräten des deutschen Automobilzulieferers Schaeffler sowie der Porsche SE, der Milliarden-Holding der Familien Porsche und Piëch, zu der auch Volkswagen gehört. Wolf hatte über viele Jahre verschiedene Führungspositionen im Imperium des Oligarchen Oleg Deripaska inne, darunter als Vorstandsvorsitzender der russischen GAZ Group. Bis Ende 2022 war er im Aufsichtsrat von GAZ tätig und hält immer noch rund zehn Prozent der Aktien. Deripaska steht seit 2018 auf der Sanktionsliste der USA und wurde später auch von der EU sanktioniert. Die USA werfen ihm vor, über den GAZ-Konzern unter anderem Geld für Putin gewaschen zu haben. Die EU hat im Februar letzten Jahres eine Tochterfirma von GAZ, die angeblich die russische Armee mit Fahrzeugen für den Einsatz im Ukraine-Krieg beliefert haben soll, auf ihre Sanktionsliste gesetzt.

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Im November vergangenen Jahres hat Russlands Präsident Wladimir Putin dem deutschen Auto- und Industriezulieferer Schaeffler die Erlaubnis zum Verkauf seines Russland-Geschäfts erteilt. Laut einer am Montag vom Kreml veröffentlichten Erklärung darf Schaeffler seine Anlage an PromAvtoConsult veräußern. Hinter PromAvtoConsult steht der österreichische Unternehmer Siegfried Wolf. Der Kaufpreis für das Werk in Uljanowsk soll früheren Berichten zufolge bei 10 Millionen Euro liegen.

Gute Bekannte? Wolf und Deripaska
Gute Bekannte? Wolf und Deripaska - © TASS
Steyr Automotive hat eine erste Vereinbarung zur Wiederaufnahme der Produktion von Volta Trucks Elektro LKW unterzeichnet, nachdem das schwedische Startup im Oktober in die Insolvenz geschlittert ist. Losgehen soll es mit der Fertigung bereits im Mai. Heuer sollen 500 Stück und im nächsten Jahr rund 2.000 Elektro-Lkws in Steyr gebaut werden. Eine neue Tochterfirma namens Steyr Automotive E-Truck GmbH soll die Produktion der Elektro-LKW für Volta übernehmen wird. Siegfried Wolf möchte das Unternehmen zum OEM, also zum Markenhersteller von Fahrzeugen mit elektrischem Antrieb machen., und das unter der Marke Steyr.