Shein, Temu und Co. : Shein-Verbot gefordert: Alarmierende Mängel bei 80 Prozent der Produkte entdeckt
Der Handelsverband und Greenpeace fordern eine europaweite Sperre der umstrittenen chinesischen Billig-Onlineplattform Shein.
- © AnaV - stock.adobe.comDer Handelsverband und die Umweltschutzorganisation Greenpeace fordern ein europaweites Verbot der chinesischen Billig-Onlineplattform Shein. Anlass ist ein Bericht der französischen Verbraucherschutzbehörde, die bei der Kontrolle von rund 200.000 Paketen am Flughafen Paris-Charles de Gaulle gravierende Mängel festgestellt haben soll. Laut der am Freitag veröffentlichten gemeinsamen Aussendung der beiden Organisationen verstießen 80 Prozent der Produkte gegen geltende EU-Sicherheitsstandards.
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Auch in Österreich gewinnen asiatische Onlineplattformen wie Shein zunehmend an Marktanteilen. Nach Angaben des Handelsverbands wurden im Jahr 2024 rund 100 Millionen Pakete aus Asien nach Österreich geliefert. Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbands, vermutet, dass ein Großteil dieser Sendungen ebenfalls nicht den EU-Vorgaben entspricht. „Die Risiken für heimische Verbraucher:innen können gar nicht hoch genug eingeschätzt werden“, warnte Will. Besonders betroffen seien Produkte wie Spielzeug, Kosmetika und Elektrogeräte, bei denen Sicherheitsmängel erhebliche Gefahren bergen können.
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Alarmierende Befunde: Österreich klagt asiatische Online-Plattformen
Für Ulrike Königsberger-Ludwig, Staatssekretärin für Konsumentenschutz, seien die Befunde aus Frankreich „alarmierend – aber leider nicht überraschend“. Auch in Österreich hätten Schwerpunktkontrollen eine „erschreckend hohe“ Quote an rechtswidrigen Produkten zutage gefördert, erklärte sie gegenüber der APA. Das Sozialministerium habe bereits rechtliche Schritte eingeleitet und zwei Klagen gegen Anbieter asiatischer Online-Plattformen eingebracht – wegen irreführender Geschäftspraktiken und systematischer Gesetzesverstöße. Königsberger-Ludwig forderte klare Vorgaben auf europäischer Ebene: „Klar ist: Wer in Europa verkauft, muss sich auch an europäische Regeln halten.“
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Greenpeace-Kampagnenleiterin Madeleine Drescher kritisierte die Geschäftsstrategie von Shein scharf. Diese basiere auf einer „systematischen Missachtung von Schutzstandards auf Kosten von Menschen und Umwelt“. Europäische Anbieter würden die gesetzlichen Vorgaben einhalten, während Plattformen aus Asien gezielt „Zölle, Steuern und Sicherheitsauflagen“ umgingen, so Drescher. Auch Handelsverband-Chef Will betonte: „Der unfaire Wettbewerb hat Shein bereits auf Rang 5 der umsatzstärksten Webshops des Landes katapultiert.“ Laut Verband erwirtschaftete der Konzern, der mittlerweile in Singapur ansässig ist, 2024 in Österreich 174 Millionen Euro. Marktführer bleibt weiterhin der US-Gigant Amazon.
Angesichts der aktuellen Entwicklungen fordern der Handelsverband und Greenpeace rasches Handeln. Neben einer europaweiten Sperre von Shein plädieren sie für verstärkte Schwerpunktkontrollen durch den Zoll in Österreich und in allen EU-Mitgliedsstaaten. Darüber hinaus setzen sie sich für die Einführung einer Plattformhaftung ein – diese soll sicherstellen, dass Produkte korrekt deklariert werden und Verstöße gegen Steuer- und Sicherheitsvorschriften konsequent verfolgt werden können.
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Ein Fortschritt wurde bereits auf EU-Ebene erzielt: Die langjährige Forderung nach Abschaffung der Zollfreigrenze von 150 Euro für Importe aus Drittstaaten wurde aufgegriffen. Beim Treffen der EU-Wirtschafts- und Finanzminister am Donnerstag in Brüssel wurde beschlossen, diese Freigrenze spätestens bis 2028 abzuschaffen – eine Umsetzung bereits im Frühjahr 2026 gilt als möglich.
Ob diese Maßnahme jedoch das Einkaufsverhalten der Konsument:innen grundlegend beeinflusst, bleibt offen. Laut Christoph Teller, Handelsforscher an der Johannes Kepler Universität Linz, sei ein Effekt fraglich: Je häufiger Kund:innen bei asiatischen Plattformen bestellen, desto unwahrscheinlicher sei eine langfristige Verhaltensänderung.