PV-Anlagen Sicherheit : Schattenseite der Energiewende: Chinesische Solar-Technik im Visier von Sicherheitsbehörden

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Der chinesische Technologiekonzern Huawei hat am Mittwoch in Wien einmal mehr versichert, dass es in seinen Wechselrichtern für PV-Anlagen keine Bauteile gibt, um Module aus der Ferne lahm zu legen.

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Kaum ein chinesisches Unternehmen steht international so sehr im Fokus wie Huawei. Immer wieder gerät der Konzern wegen angeblicher Sicherheitslücken und möglicher Verbindungen zur chinesischen Regierung in die Kritik. 2019 machte der damalige US-Präsident Donald Trump Huawei zur Zielscheibe seiner China-Politik: Per Dekret untersagte er amerikanischen Unternehmen, Technologie an den Konzern zu liefern. Die Folgen waren drastisch – Huawei verlor über Nacht den Zugang zu Googles Android-Betriebssystem und zu wichtigen US-Komponenten für 5G-Technologien.

Die Sanktionen zwangen das Unternehmen zu einem radikalen Kurswechsel. Das Stichwort lautete Diversifikation. Huawei ist heute als Autozulieferer tätig, als Anbieter von Photovoltaik-Lösungen und eben als Hersteller von Wechselrichtern. Huawei zeigt sich selbstbewusst. Cybersicherheit, Datentransparenz und technologische Unabhängigkeit seien die Eckpfeiler der Unternehmensstrategie. Dass die Wechselrichter auch ohne Cloud-Anbindung funktionieren, sei ein zusätzliches Sicherheitsmerkmal, das Nutzern volle Kontrolle ermögliche – auch im sensiblen Energiesektor - so das Unternehmen.

Der chinesische Technologiekonzern Huawei hat am Mittwoch im Rahmen eines Pressetermins in Wien erneut unterstrichen, dass seine Photonik- bzw. PV-Wechselrichter keine Komponenten enthalten, die eine Fernabschaltung von Solarmodulen ermöglichen. Ausgestattet seien die Geräte weder mit verdeckten Steuerungscodes noch Manipulationsmodulen. Huawei machte deutlich, dass "derartige Sorgen unbegründet" seien.

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Zudem betonte das Unternehmen, dass die Geräte jederzeit offline betrieben werden könnten – lediglich auf Software-Updates müsse man dann verzichten. Hintergrund dieser Klarstellung ist ein Bericht der Nachrichtenagentur Reuters, laut dem in chinesischen Wechselrichtern verdächtige Funkmodule entdeckt wurden, die als potenzielle „Backdoors“ fungieren könnten.

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Huawei verteidigt Solartechnik: Daten in Frankreich

Laut Aussagen von Huawei sei bislang nicht bekannt, welche Hersteller von diesen auffälligen Funkmodulen betroffen seien. Auf Kritik reagierte das Unternehmen mit der Feststellung, dass Huawei kein Staatsunternehmen sei. Vielmehr investiere man Riesensummen in Cybersicherheit. Darüber hinaus würden alle wichtigen Daten für die Wechselrichter in der Cloud des französischen Telekommunikationsanbieters Orange abgelegt – und zwar in Frankreich, nicht in China.

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Kritiker bemängeln, dass chinesische Anbieter durch staatliche Subventionen den Wettbewerb verzerren und damit europäische Mitbewerber unter Druck setzen. Huawei jedoch weist diese Anschuldigungen zurück. Das Unternehmen betont: „Wir erhalten lediglich Forschungsförderung, wie das in anderen Ländern auch üblich sei.“

Der Solarbereich hat sich bei Huawei in Österreich zu einem ebenso starken Umsatzträger entwickelt wie der klassische Telekombereich. Diese Entwicklung zeigt, wie stark der Konzern seine Aktivitäten im Bereich Photovoltaik international ausweitet – und welche wirtschaftliche Bedeutung die Solartechnologie mittlerweile für Huawei auch außerhalb Chinas besitzt.

Können Wechselrichter für PV-Anlagen aus China fremdgesteuert werden? In den USA sind kürzlich Wechselrichter mit Abschaltmöglichkeit entdeckt worden. 

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Chinesische Wechselrichter dominieren Europas Solarnetz

Ein Blick auf den europäischen Markt verdeutlicht die starke Präsenz chinesischer Hersteller im Bereich Wechselrichter-Technologie. Nach Schätzungen des European Solar Manufacturing Council sind über 200 Gigawatt (GW) der europäischen Solarstromkapazität mit Wechselrichtern aus chinesischer Produktion verbunden. Das entspricht etwa der Leistung von mehr als 200 Atomkraftwerken – eine Zahl, die die technologische Abhängigkeit Europas in diesem Bereich unterstreicht. Mehr als 60 Prozent der in Europa installierten PV-Leistung laufen heute über chinesische Wechselrichter. Huawei, Sungrow und andere Anbieter haben sich innerhalb kurzer Zeit zu Schwergewichten im Photovoltaik-Sektor entwickelt.

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Lange galt die europäische Wechselrichterbranche als stabil: Die Technologie war führend, die Nachfrage hoch, die Standards international anerkannt. Doch die Corona-Pandemie markierte eine Wende. Lieferengpässe bei Halbleitern und massive Preisverwerfungen trafen viele europäische Produzenten hart. Chinesische Anbieter hingegen reagierten schneller, effizienter – und aggressiver. Laut Branchenkreisen sollen einige gezielt europäische Halbleiterkontingente aufgekauft haben, um ihre eigene Lieferfähigkeit zu sichern – und die Engpässe der Konkurrenz weiter zu verschärfen.

Problematisch ist dabei nicht nur die Marktverdrängung, sondern auch die Regulierungslücke: Während die EU bei kritischen Netzkomponenten wie Wechselrichtern nahezu ausschließlich auf die CE-Kennzeichnung setzt, verlangen Länder wie China oder die USA deutlich strengere Sicherheits- und Zulassungskriterien. Das macht es europäischen Herstellern schwer, in anderen Weltregionen Fuß zu fassen – während chinesische Anbieter den EU-Markt mit vergleichsweise geringer regulatorischer Hürde beliefern können.

Was früher ein europäisches Vorzeigeprodukt war, droht heute zur Achillesferse der Energiewende zu werden. Die Abhängigkeit von chinesischer Wechselrichtertechnologie wächst – und mit ihr die Sorge um technologische Souveränität im europäischen Energiesektor.

Huawei Firmenzentrale in Shenzhen, China. 

- © Huawei

Chinas Griff nach der gesamten Photovoltaik-Wertschöpfungskette

Die chinesische Dominanz ist jedoch keineswegs auf Wechselrichter beschränkt. Die Erfolgsgeschichte der Solarindustrie trägt längst das Siegel Made in China. Wer nachvollziehen will, wie umfassend die Volksrepublik inzwischen den globalen PV-Markt beherrscht, muss die komplette Produktionskette vom Rohmaterial bis zum fertigen Modul betrachten – Schritt für Schritt zeigt sich Europas rasant schwindende Bedeutung.

Alles beginnt bei Polysilizium, dem energieintensiv gereinigten Quarzsand, aus dem jede Solarzelle entsteht. Hier hält China heute rund 85 Prozent der Weltkapazitäten. Gigawatt-Fabriken in Xinjiang, Yunnan und Sichuan liefern ununterbrochen graue Siliziumstäbe, während Europas einstiger Vorreiter Wacker Chemie auf einen mickrigen einstelligen Prozentanteil zurückgefallen ist.

Aus diesem Reinstsilizium wachsen in chinesischen Hallen nahezu ohne Konkurrenz die Einkristall-Ingots, die anschließend in hauchdünne Wafer von rund 180 Mikrometern Dicke gesägt werden. Dank Diamantdrahtsägen und Czochralski-Öfen aus heimischer Maschinenproduktion produziert China inzwischen 97 Prozent aller Ingots und Waferweltweit – Europas Beitrag tendiert gegen null.

Der nächste Wertschöpfungsschritt, die Solarzellenfertigung, vollzieht sich ebenfalls fast ausschließlich in Asien. Ob PERC-, TOPCon- oder HJT-Technologie – knapp 80 Prozent der globalen Zellproduktion stammen aus chinesischen Linien, weitere Anteile aus Vietnam, Malaysia oder Südkorea. In Europa entsteht laut Branchenstatistiken weniger als ein Prozent der weltweit produzierten Zellen.

Bleibt die Modulmontage: Hier werden 60 bis 72 Zellen in Glas-Folie-Sandwiches laminiert, gerahmt und verdrahtet. Auch diese finale Baugruppe kommt zu über 80 Prozent aus chinesischen Werken. Restmengen entstehen in Indien oder Südostasien, häufig nur, um Importzölle zu umgehen. Die EU bringt es auf geschätzte zwei Prozent der globalen Modulkapazität – kaum mehr als ein Nischenmarkt.

Damit beherrscht China heute die komplette Solarkette, von der energiehungrigen Polysiliziumschmelze bis zum anschlussfertigen Panel. Europa liefert allenfalls Spezialchemikalien, Maschinen oder Forschungsideen, hat aber seine industrielle Schlagkraft weitgehend verloren. Branchenexperten warnen: Je stärker die Energiewende voranschreitet, desto größer wird die Abhängigkeit – und desto schwieriger eine späte Rückeroberung.

Ob Brüssel die Trendwende mit neuen Förderprogrammen, strengeren Nachhaltigkeitsstandards oder Zollgrenzen schafft, steht in den Sternen. Fakt ist: Mit jeder Gigawattstunde, die über chinesische Module ins Netz geht, zementiert Peking seine Vormachtstellung – und Europas Rolle schrumpft weiter vom Technologieführer zum Importeur.

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US-Behörden entdecken versteckte Funkmodule in chinesischen Geräten

In den USA haben Sicherheitsanalysten kürzlich in chinesischen Wechselrichtern für Photovoltaikanlagen nicht dokumentierte Funkmodule entdeckt, die Firewalls umgehen und unautorisierten Fernzugriff ermöglichen könnten. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters bewerten US-Energiebehörden die potenziellen Risiken derzeit neu. „Das bedeutet, dass es einen eingebauten Weg gibt, das Stromnetz physisch zu zerstören“, so eine Quelle. Die betroffenen Kommunikationsmodule seien in den technischen Unterlagen nicht aufgeführt und könnten im Extremfall gezielte Stromausfälle auslösen – ein mögliches Einfallstor für Cyberangriffe auf kritische Infrastruktur. Welche Hersteller konkret betroffen sind, wurde bislang nicht offengelegt. Die US-Regierung kündigte an, die Sicherheitsvorgaben für importierte Netztechnik zu verschärfen.

So schützt sich die EU vor versteckten Funkmodulen

Die EU-Kommission prüft derzeit die Konsequenzen solcher Sicherheitslücken in importierten Energietechnologien. Ein zentrales Anliegen: mehr Transparenz und Kontrolle über ausländische Technikkomponenten, insbesondere bei Geräten aus China.

Der European Solar Manufacturing Council (ESMC) drängt auf verbindliche Sicherheitsstandards für alle in Europa eingesetzten Wechselrichter. Dazu gehört die Einführung eines verpflichtenden Software Bill of Materials (SBOM) – eine technische Auflistung aller Kommunikationskomponenten, die eine vollständige Nachverfolgbarkeit ermöglichen soll. Zusätzlich sollen unabhängige Prüfinstitutionen stichprobenartige Sicherheitsanalysen durchführen. Auch der Fernzugriff auf Wechselrichter aus Drittländern wie China soll massiv eingeschränkt oder ganz verboten werden.

Als Vorbild dient Litauen, das bereits ein nationales Gesetz verabschiedet hat: PV-Anlagen über 100 kW dürfen keine Wechselrichter mit Fernzugriffsoptionen aus China mehr enthalten. Die EU erwägt, dieses Modell auf alle Mitgliedstaaten auszuweiten. Flankierend werden mit Richtlinien wie der NIS2 und dem neuen Cyber Resilience Act die Anforderungen an die IT-Sicherheit in der Energiebranche erheblich verschärft.

Parallel dazu treibt die EU den Aufbau einer eigenständigen europäischen Wechselrichterproduktion voran. Ziel ist es, Abhängigkeiten von chinesischen Importen zu reduzieren, die Versorgungssicherheit zu stärken und die digitale Souveränität im Energiesektor zu gewährleisten.