Autoindustrie : Russlands Automarkt im Kriegsjahr eingebrochen

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Russlands Automarkt ist im Kriegsjahr eingebrochen. Auch der US-Markt schwächelt.

- © Vanessa Witt / Industriemagazin

Der Verkauf von Neuwagen in Russland ist 2022 im Jahresvergleich um 59 Prozent auf 626.300 Stück eingebrochen. Das berichtete die auf den russischen Automarkt spezialisierte Consultingagentur "Awtostat" am Montag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Die meisten verkauften Fahrzeuge sind russische oder chinesische Modelle, nachdem die westlichen Autobauer nach Beginn von Moskaus Angriffskrieg gegen die Ukraine ihre Produktion im Land eingestellt haben.

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In Russland waren unter anderem die deutschen Autobauer VW, BMW und Mercedes tätig. Die Fabrik von Mercedes im Moskauer Umland wurde dabei erst 2019 im Beisein von Präsident Wladimir Putin eingeweiht. Alle drei Konzerne haben ihre Fabriken geschlossen.

Von seinem Hochstand ist der russische Automarkt weit entfernt. 2008 wurden fast 3 Mio. Fahrzeuge in Russland abgesetzt. Damals wurde bereits darüber spekuliert, dass Russland Deutschland als wichtigsten Absatzmarkt in Europa ablöst. Die internationale Finanzkrise und später die auf die Annexion der Krim folgenden Sanktionen haben diese Entwicklung ausgebremst. Schon in den vergangenen Jahren war der russische Automarkt von Krisen gekennzeichnet. Der Rückgang auf etwas mehr als 600.000 Fahrzeuge bedeutet den niedrigsten Absatz für den russischen Automarkt seit Jahrzehnten.

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Auch US-Markt schwächelt

Hartnäckige Lieferkettenprobleme und Engpässe bei wichtigen Bauteilen wie Computerchips haben den US-Automarkt im vergangenen Jahr ausgebremst. Dem Analysehaus Wards Intelligence zufolge ging der branchenweite Absatz um 8 Prozent auf 13,7 Millionen Autos zurück und erreichte damit den niedrigsten Wert seit 2011.

Im neuen Jahr dürfte es wieder bergauf gehen, doch der Ausblick bleibt verhalten. Wards rechnet mit 14,9 Millionen verkauften Neuwagen. Damit bliebe der Markt weit unter der vor der Pandemie üblichen Marke von mindestens 17 Millionen.

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Das US-Schwergewicht Ford gab am Donnerstag einen Verkaufsrückgang von rund 2 Prozent auf rund 1,86 Millionen Neuwagen für 2022 bekannt. Einer der wenigen Gewinner des schwachen Jahres war General Motors (GM). Der größte US-Autobauer steigerte den Absatz entgegen dem negativen Markttrend leicht und löste den Rivalen Toyota als verkaufsstärkster Hersteller ab. GM brachte nach eigenen Angaben vom Mittwoch 2,27 Millionen Neuwagen an die US-Kundschaft und legte damit gegenüber dem Vorjahr um 3 Prozent zu. Vor allem schwere SUV und Pick-up-Trucks blieben gefragt.

2021 hatten die Japaner knapp die Nase vorn - GM verlor damit erstmals seit 1931 die Marktführerschaft in den USA. Dem US-Autoriesen gelang nun aber ein starker Jahresabschluss. Im vierten Quartal nahm der Absatz im Jahresvergleich um 41 Prozent zu. Das Hauptproblem der Branche war im vergangenen Jahr nicht, dass die Inflation US-Kunden vom Kauf abhielt - dank höherer Preise verdienten die meisten Hersteller weiter gut. Angesichts des Chipmangels und anderer Versorgungsengpässe litt der Absatz aber darunter, dass die Nachfrage nicht richtig bedient werden konnte.

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Das bekamen auch die deutschen Autobauer zu spüren. Die Volkswagen-Tochter Audi lieferte 186.875 Fahrzeuge und damit um 5 Prozent weniger aus als im Vorjahr, wie sie am Mittwoch mitteilte. Dabei steigerte Audi die Verkäufe im vierten Quartal um 63 Prozent. Der Oberklasse-Rivale BMW verzeichnete bei seiner Stammmarke 2022 einen Rückgang um 1,3 Prozent auf 332.388 Autos, obwohl die Verkäufe im Schlussviertel um 9,4 Prozent stiegen. Bei der Tochter Mini sank der US-Absatz im Gesamtjahr um 1,4 Prozent auf 29.504 Neuwagen. Die Zahlen von VW, Porsche und Mercedes-Benz standen noch aus.

Aufschwung am chinesischen Markt

Der chinesische Automarkt hat im vergangenen Jahr dank der zweiten Jahreshälfte und eines Schlussspurts leicht zugelegt. Die Auslieferungen von Pkw stiegen in der Volksrepublik nach vorläufigen Zahlen um 1,8 Prozent auf 20,7 Millionen Autos, wie der Branchenverband PCA am Mittwoch in Peking mitteilte. Mit dem Plus gelingt dem weltweit wichtigsten Automarkt der zweite Anstieg in Folge, nachdem es zuvor einige Jahre abwärts gegangen war.

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Im Dezember zogen die Auslieferungen an Endkunden im Vergleich mit dem Vorjahresmonat um 15 Prozent auf 2,43 Millionen Autos an. Das war auch fast um die Hälfte mehr als im Vormonat. Im November hatten noch die Covid-Lockdowns in vielen Städten und Regionen Chinas belastet. Inzwischen hat Peking die pandemiebedingten Einschränkungen deutlich zurückgefahren. Anziehende Verkäufe zum Jahresausklang waren zudem erwartet worden, da zum Jahreswechsel bestimmte Subventionen für umweltfreundlichere Autos und Steuersenkungen für spritsparende Modelle wegfielen.

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China ist der größte Automarkt der Welt und als solcher auch für die deutschen Hersteller Volkswagen (inklusive Audi und Porsche), BMW und Mercedes-Benz der wichtigste Einzelmarkt.