Digitale Transformation : Führung im Umbruch: Isabell Welpe warnt vor Denkfehlern

Isabell Welpe am Industriekongress 2025 über Innovation und Führung in Unternehmen: „Ich habe alle Parks in allen Städten durchsucht – und keine Statue von Arbeitsgruppen gefunden.“
- © Matthias Heschl„Innovationsdruck: Warum es nie mehr so langsam sein wird wie heute“
Innovation ist heute mehr als ein Modewort – sie ist zur Überlebensstrategie geworden. In Zeiten rasanter technologischer Entwicklungen und politischer Umbrüche müssen Unternehmen beweglich bleiben. Prof. Isabell Welpe bringt es in ihrem Vortrag am Industriekongress 2025 auf den Punkt: „Wir sind leider erst am Anfang der Beschleunigung und es wird nie mehr so langsam wie jetzt.“ Die digitale Transformation ist kein ferner Trend, sondern tägliche Realität. Technologien wie Künstliche Intelligenz, Blockchain oder Quantum Computing stellen die Spielregeln auf den Kopf. Wer darauf wartet, dass sich der Sturm legt, statt mit ihm zu surfen, bleibt zurück.
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Unternehmen, die sich auf alten Erfolgsrezepten ausruhen, laufen Gefahr, zu jenen 90 Prozent der Fortune-500-Unternehmen zu gehören, die seit 1960 vom Markt verschwunden sind. Welpe zeigt das mit einer schlichten, aber eindrücklichen Folie: Eine Sammlung einst mächtiger Unternehmenslogos, die alle eines gemeinsam haben – sie hielten am Status quo fest und wurden überrollt. Der Vergleich, den Führungskräfte heute wählen, um ihre Arbeit zu beschreiben, ist treffend: Whitewater-Rafting statt Kreuzfahrt. Es geht nicht mehr darum, einen festen Kurs zu planen, sondern darum, flexibel zu navigieren – und dabei nicht unterzugehen.
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Gefährliche Worte: Was ‚Man müsste…‘ wirklich bedeutet
Welpe macht deutlich: „Innovation heißt ganz oft, sich selbst angreifen, aufs eigene Tor spielen.“ Komplexere Anfragen übernehmen weiterhin Menschen – allerdings zukünftig vermutlich gegen Aufpreis. So entsteht ein hybrides Modell, das Effizienz mit Servicequalität verbinden kann, wenn es gut organisiert ist. Welpe zitiert den Vergleich der KI Entwicklung mit der Entdeckung eines neuen Kontinents voller Arbeitskräfte, die keinen Arbeitslohn verlangen. KI-Agenten kosten kaum etwas, arbeiten rund um die Uhr, brauchen keinen Urlaub und machen keine Fehler – solange sie richtig trainiert sind. Aber: KI ist nur so gut wie die Prozesse, die ihr vorgegeben werden. „Wenn Sie KI nutzen, um schlechte Prozesse zu automatisieren, wird das nur schlimmer“, warnt Welpe.
Sie sagt: „Nichts ist schlimmer, als einen überflüssigen, schlechten Prozess automatisch immer schneller ablaufen zu lassen mit oder ohne KI.“ Deshalb gilt: Erst Prozesse hinterfragen und auch löschen, dann automatisieren.
Change durch Systeme: Gewohnheiten schlagen gute Absichten
Innovation ist keine Technikfrage, sondern eine Kulturfrage. Wer heute bestehen will, braucht keine zusätzlichen Meetings oder weiteren Change-Projekte – sondern Klarheit, Verantwortungsbewusstsein, digitale Kompetenz und eine Sprache, die zum Handeln führt. Es sind nicht die lautesten Ideen, die zählen, sondern die, die umgesetzt werden. Und das gelingt, wenn Unternehmen Routinen schaffen, KI intelligent einsetzen und Menschen stärken, die Neues denken – und tun.
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Während viele sich noch mit technischer Ausstattung beschäftigen, sieht Welpe den eigentlichen Wandel an anderer Stelle: in der Führung. Wer seine Führungsriege darauf vorbereitet, gewinnt. Es geht nicht mehr um Kontrolle, sondern Empathie, Mut und die Fähigkeit, mit Unsicherheit umzugehen.
Die Glühbirne ist ja eine Innovation über eine Kerze, oder? Aber wie wird jetzt die Glühbirne von den Kerzen begrüßt? Nicht nur freundlich.Isabell Welpe am Industriekongress 2025
Über Prof. Dr. Isabell Welpe
Position:
Lehrstuhlinhaberin für Strategie und Organisation, Technische Universität München (TUM), School of Management
Forschungsschwerpunkte:
- Digitale Transformation und Innovation
- Künstliche Intelligenz in Organisationen
- Führung, New Work & Unternehmenskultur
- Blockchain & Web3 im Unternehmenskontext
Engagement:
- Mitglied in mehreren Aufsichtsräten und Beratungsgremien
- Rednerin auf internationalen Wirtschafts- und Technologiekongressen
- Publiziert regelmäßig in renommierten wissenschaftlichen und praxisorientierten Medien
Bekannt für:
- Provokant-humorvolle Vorträge mit Tiefgang
- Praktische Impulse für Innovationskultur und Change-Management
- Wissenschaftlich fundierte, anwendungsnahe Analysen