Maschinenbau : Österreichische DMG Mori Vorständin Bader: "Alles fließt"

Irene Bader DMG Mori Vorstand Kultur

Irene Bader, Vorstand beim deutsch-japanischen Maschinenbauer DMG Mori über Kulturunterschiede, Konsenskultur und Rekord-Merger.

- © Raimund Verspohl ::: raimund-verspohl-portraits.com

INDUSTRIEMAGAZIN: Frau Bader, die Aktionäre des japanischen Werkzeugmaschinenherstellers DMG Mori Company Limited haben Sie am 28. März 2023 in den Vorstand berufen. Sie sind die erste ausländische Frau in diesem Gremium - und noch dazu Österreicherin. Fühlt sich das so exotisch an wie es klingt?

Irene Bader: Eine solche Karriere ist sicher noch sehr ungewöhnlich in Japan. Weil es noch nicht sehr viele Frauen in den Boards gibt. Für mich ist es natürlich eine große Freude, weil ich schon lange mit dem Unternehmen verbunden bin. Das war ein schöner Schritt. Im Vorstand sind wir zu siebt, drei Nichtjapaner.

Sie sind seit 2005 in der Unternehmensgruppe tätig. Was hat Sie in die Maschinenbauwelt geführt?


Bader: Ich bin seit 2005 im japanischen Teil des Unternehmens tätig. Damals hieß das Unternehmen noch Mori Seiki. Davor war ich schon ein paar Jahre bei der deutschen DMG. Nach meinem ersten Studium begann ich bei einem österreichischen Händler in der Auftragsabwicklung. Dann hatte ich die Chance, nach Bielefeld zu DMG zu gehen und unterschiedliche Projekte zu begleiten. 2005 bin ich dann zur damaligen Konkurrenz gewechselt. Das war die Zeit, wo Mori Seiki in Europa angefangen hat, den Direktvertrieb aufzubauen. Und da hat es damals jemanden gebraucht, der das Marketing und die Kommunikation aufbaut. So hat das alles begonnen. Dann kam immer mehr Verantwortung dazu, für Europa, USA, Asien und schließlich auch für den Heimatmarkt Japan. 2009 begann die Kooperation von DMG mit Mori Seiki. Ich kannte beide Unternehmen und konnte so den Prozess mitbegleiten. Und es ist eine sehr spannende Branche. Für ganz alltägliche Dinge braucht es Werkzeugmaschinen.

Sie werden als Vermittlerin der Kulturen beschrieben. Was macht ein Unternehmen mit japanischen Wurzeln anders?


Bader: Die japanische Kultur ist eine sehr wertschätzende und auf Konsens ausgerichtet. Mich hat diese Kultur sehr gereizt. Das ist bis heute so. Und alles fließt. Man denkt, Tokio ist eine laute Stadt. Doch es ist unfassbar ruhig.

Ist es schwer, sich als Europäerin in einem japanischen Wertecodex zurechtzufinden?

Bader: Anfangs braucht es natürlich seine Zeit. Das habe ich auch nicht so aus dem Ärmel geschüttelt.

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Irene Bader DMG Mori Vorstand Interview
Irene Bader, 45, ist Vorständin bei DMG Mori für Global Corporate Communication und Chief Marketing Officer sowie Geschäftsführerin der DMG MORI Europe Holding. Die gebürtige Berndorferin studierte an der Wiener Akademie für Sprachen und Wirtschaft. Sie schloss einen MBA und ein Management-Studium an der Open University in der englischen Stadt Milton Keynes ab. Derzeit promoviert sie als „Doctor in Business Administration“ (DBA) an der Sheffield Hallam University, UK. Ihre Laufbahn bei DMG Mori startete sie 2005. Ab 2016 war sie Geschäftsführerin der DMG MORI Global Marketing. Unter ihrer Leitung wurde die globale Marketingstruktur für den Gesamtkonzern aufgebaut und konzernweit zusammengeführt. - © DMG Mori

Masahiko Mori hat den Einfluss in der deutsch-japanischen Gruppe stetig ausgebaut, 2016 etwa über einen Beherrschungsvertrag mit Gewinnabführungszwang. Wie erleben Sie die Transformation des Unternehmens?

Bader: Es begann 2009 in der Wirtschaftskrise mit einer Überkreuzbeteiligung. Der deutsche Teil war nicht in der finanziell besten Verfassung. Dann kam man kartellrechtlich im Rahmen der Kooperation an Grenzen. Es stand die Frage im Raum, wie sich zwei an unterschiedlichen Börsen gelistete Unternehmen zusammenschließen können. Da konnte kein Berater eine Aussage treffen. Es kam 2016 zu der angesprochenen Mehrheitsbeteiligung. Seither ist alles immer mehr zusammengewachsen. Natürlich, man spricht man von einem Gewinnabführungszwang. Vergessen werden darf dabei allerdings eines nicht. Gäbe es beim deutschen Teil ein finanzielles Problem, würde die japanische Muttergesellschaft auch für den Ausgleich sorgen.

Was ist vom ehemals deutschen Traditionsunternehmen übrig?


Bader: Wir haben eine japanische Mutter, die an der Börse notiert und die Historie der DMG respektiert. Es wurde und wird viel in die Werke und in die Entwicklung gesteckt. In den letzten Jahren wurde massiv in Pfronten, Seebach und Bielefeld investiert. 2023 wurde ein großes Ausbildungszentrum in Seebach gebaut. Jetzt wird in Pfronten ein ebensolches errichtet. Auch in Bielefeld sind Investitionen geplant, um die Kapazitäten auszubauen. Wir investieren auch in einen Europa-Hauptsitz in München. Im Sommer rollen die Bagger los. So einen Europahauptsitz hatten wir bisher noch nicht. Es werden nun nicht nur die europäischen Zentralfunktionen zusammengefasst, sondern es wird auch einen großen Showroom geben, der für den Markt Österreich wichtig sein wird.

Wie ist die aktuelle Geschäftsentwicklung - weiter gedämpft?


Bader: Wir merken schon eine Zurückhaltung bei Kunden, vor allem den kleinen und mittleren Unternehmen. Sie halten sich noch zurück, obwohl der Bedarf da ist. Ich denke, der Knoten wird schon bald platzen. Viele Vorhersagen rechnen mit der Erholung im Herbst.

Wo kann der Konzern wachsen?


Bader: Automatisierung ist ein Riesenthema. Der Bereich ist stetig gewachsen. Auch die kleinen Unternehmen setzen auf Automatisierung, um die Lücken zu füllen.