Digitale Souveränität Europas : SAP-Chef Christian Klein: Europa braucht Talente, keine neuen Rechenzentren

SAP Hauptquartier Walldorf

SAP-Zentrale in Walldorf: Von hier aus steuert Europas größter Softwarekonzern seine weltweiten Geschäfte – und positioniert sich als Treiber digitaler Souveränität.

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Beim Roundtable zur digitalen Souveränität Europas mahnt SAP-CEO Christian Klein eine differenzierte Debatte an. Für ihn beginnt Souveränität nicht mit Infrastrukturstandorten, sondern mit der Frage der Kontrolle. „Wir müssen erst verstehen, was wir unter digitaler Souveränität überhaupt verstehen“, so Klein. Nicht jedes Byte müsse in Europa verarbeitet werden, aber Unternehmen müssten „volle Kontrolle über ihre Daten und ihre Infrastruktur haben“.

Er verweist darauf, dass europäische Datenzentren längst Realität seien – auch wenn darin teilweise US-Hardware steckt. Entscheidend sei nicht der Ursprung der Chips, sondern wer die Schlüssel in der Hand hält: „Die Daten sind verschlüsselt – ‚Bring your own key‘ – niemand außer dem Kunden kann sie lesen.“ Auch ein Infrastrukturswitch sei technisch jederzeit möglich, so Klein. Schwieriger werde es, wenn Abhängigkeiten auf der Software-Ebene entstehen.

Gleichzeitig spricht sich Klein gegen überzogene Investitionsfantasien aus: „Ich glaube nicht, dass wir fünf neue KI-Datenzentren in Europa brauchen.“ Die Nachfrage sei einfach nicht da – jedenfalls nicht in dem Umfang wie in den USA, wo Hunderte Unternehmen große Datenmengen für KI-Anwendungen verarbeiten. Klein positioniert sich damit ausdrücklich gegen die jüngsten europäischen Forderungen von Nvidia-CEO Jensen Huang.

Bei seiner Europareise im Juni warnte Huang, dass der Mangel an Rechenkapazitäten Europas Fortschritt in der KI-Entwicklung ausbremse. Er kündigte daher neue Partnerschaften an, mit dem Ziel, die europäische KI-Infrastruktur durch den Einsatz Tausender Nvidia-Chips gezielt auszubauen.

Der SAP-Chef argumentierte, dass große Sprachmodelle – trotz ihres immensen Rechen- und Energiebedarfs – zunehmend zur Massenware würden. Als Beispiel nannte er das chinesische Unternehmen DeepSeek, das ein Open-Source-Modell entwickelt habe, das führende US-Anbieter zu einem Bruchteil der Kosten übertreffe.

Statt milliardenschwere Infrastrukturprojekte zu forcieren, plädiert Klein dafür, dass Europas Schlüsselbranchen – etwa Automobil- oder Chemieindustrie – auf konkrete KI-Anwendungen setzen, um ihre Wertschöpfung gezielt zu steigern.

Tatsächlich hinkt Europa beim Ausbau von KI-Infrastruktur deutlich hinterher: Während US-Konzerne mit Projekten wie „Stargate“ Investitionen von bis zu 500 Milliarden US-Dollar planen, stellt die EU bislang nur rund 20 Milliarden Euro für fünf sogenannte KI-Gigafabriken bereit.

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Christian Klein, Vorstandsvorsitzender der SAP SE, fordert mehr digitale Souveränität in Europa – und treibt zugleich die Transformation des Konzerns in Richtung Cloud und Künstliche Intelligenz voran.

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Talente statt Rechenzentren: Europas strategische Schwäche

Statt Hardware zu bauen, müsse Europa seine eigentlichen Stärken ausspielen: industrielle Daten, Anwendungs-Know-how – und Talente. „Uns fehlen nicht Chips oder Rechenzentren – uns fehlen die Talente, die damit umgehen können.“ argumentiert der SAP-Chef. Europa habe exzellente Universitäten, doch der KI-Wandel werde dort noch nicht ausreichend gefördert.

Klein plädiert für eine gezielte Bildungs- und Innovationsstrategie: „Die nächste Generation muss wissen, wie man KI in der Lieferkette einsetzt, wie in der Automobil- oder Finanzbranche – das ist das Know-how, das wir jetzt brauchen.“ 

Mit Blick auf den EU Data Act äußert Klein Verständnis für das strategische Ziel, warnt aber vor einer Zersplitterung: „Was wir brauchen, ist ein einziges Framework – keine nationalen Sonderwege.“ Neue Regulierungen müssten in enger Abstimmung mit der Industrie entstehen und getestet werden – sonst drohten Schocks und ein Rückschritt für Innovationen.

Er kritisiert, dass Europa in der Debatte zu stark auf Infrastruktur schaue, statt sich auf die eigentlichen Hebel für Souveränität zu konzentrieren: Software, Use Cases, Bildung und gezielte Förderung. „Man sollte nicht nur versuchen, vergangene Fehler aufzuholen – man muss sich stärker auf die Zukunftsbranchen konzentrieren.“

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Impulse aus der Praxis – Rückkehr zum europäischen Gesamtbild

Doch wie reagiert die Politik? In Brüssel entsteht derzeit ein umfassender Plan: von gezielter Cloud-Förderung über einheitliche Standards bis hin zu neuen strategischen Rahmenbedingungen. Die Europäische Union arbeitet 2025 intensiver denn je am Aufbau eines eigenständigen, vertrauenswürdigen Cloud-Ökosystems, um die technologische Abhängigkeit insbesondere von US-Plattformen zu reduzieren. Im Zentrum steht der geplante „Cloud and AI Development Act“, der Investitionen in Rechenzentren, Dateninfrastrukturen und KI-Anwendungen massiv beschleunigen soll. Ziel ist es, klare Standards für Datenschutz, Datenlokalisierung und Anbietertransparenz zu schaffen – als Grundlage digitaler Souveränität.

Zentrale Projekte wie Gaia-X verfolgen einen föderierten Ansatz: ein Netzwerk europäischer Anbieter, das auf gemeinsamen Regeln für Sicherheit, Interoperabilität und Datenhoheit basiert – wenn auch mit schleppendem Fortschritt. Parallel dazu entsteht mit dem Sovereign Cloud Stack (SCS) eine quelloffene technische Architektur für staatliche Clouds, unabhängig von US-Hyperscalern.

Auch internationale Anbieter reagieren: SAP, Microsoft und Google bieten inzwischen „Sovereign Clouds“ an, bei denen Daten in Europa verbleiben und von europäischen Partnern betrieben werden. SAP betreibt eigene Infrastrukturen in Deutschland, Frankreich und Spanien – insbesondere für öffentliche Auftraggeber und kritische Infrastrukturen.

Förderinitiativen wie IPCEI-CIS oder Cloud4EU stärken europäische Anbieter gezielt – etwa durch Investitionshilfen für KMU, Behörden oder lokal betriebene Plattformen. Zugleich arbeitet die EU-IT-Agentur ENISA an einer verpflichtenden Zertifizierung für vertrauenswürdige Cloud-Anbieter.

2025 rückt Europas digitalpolitische Strategie enger zusammen. Statt auf eine zentrale EU-Cloud zu setzen, entsteht ein regelbasiertes, föderiertes Ökosystem – als Grundlage für wirtschaftliche Resilienz, Innovation und digitale Eigenständigkeit.

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Factbox: Was sind Sovereign-Cloud-Angebote?

Definition
Sovereign Clouds (souveräne Clouds) sind Cloud-Angebote, die speziell dafür konzipiert sind, Datenhoheit, regulatorische Kontrolle und Sicherheitsanforderungen in bestimmten Ländern oder Regionen – etwa in der EU – zu gewährleisten.

Kernmerkmale

  • Datenresidenz: Alle Daten, inklusive Metadaten und Logs, verbleiben ausschließlich im jeweiligen Land oder Rechtsraum.
  • Lokaler Betrieb: Die Infrastruktur wird durch nationale Partner betrieben, etwa SAP in Zusammenarbeit mit T-Systems oder Google Cloud mit Thales.
  • Rechtlicher Schutz: Schutz vor ausländischem Datenzugriff, z. B. durch Gesetze wie den US Cloud Act.
  • Compliance-Zertifizierungen: Erfüllt Standards wie DSGVO, BSI C5 (Deutschland), ENS (Spanien), ISO 27001 u. a.
  • Technische Isolierung: Getrennte Cloud-Instanzen mit eigener Schlüsselverwaltung und Identitätskontrolle.
  • Auditierbarkeit: Vollständige Transparenz über Datenzugriffe, inklusive Auditoptionen durch Behörden oder Dritte.

Zielgruppen

  • Öffentliche Verwaltung und Behörden
  • Betreiber kritischer Infrastrukturen (Energie, Verkehr, Gesundheit)
  • Banken, Versicherungen, Telekommunikation
  • Unternehmen mit hohem Schutzbedarf (z. B. Verteidigung, Forschung, Hightech)

Beispiel SAP
SAP bietet Sovereign-Cloud-Lösungen in mehreren EU-Staaten an – mit lokalen Betreibern, abgesicherter Infrastruktur und eigenständigen Betriebsmodellen. Zum Einsatz kommen etwa S/4HANA Cloud, SuccessFactors oder die Business Technology Platform (BTP).

Ziel
Vertrauenswürdige Cloud-Infrastrukturen auf europäischer Basis, die Innovation ermöglichen, ohne auf regulatorische Kontrolle und Datensouveränität zu verzichten.

Rechtsstreit Celonis vs. SAP: Wer kontrolliert die Daten?

Ein zentraler Streitpunkt im Ringen um Europas digitale Unabhängigkeit ist die Frage, wer über die Zugänglichkeit und Kontrolle von Daten bestimmt. Gerade im Cloud- und Plattformgeschäft zeigt sich, wie sensibel und umkämpft der Zugang zu Unternehmensdaten ist – auch innerhalb europäischer Anbieterlandschaften. Besonders deutlich wird das am aktuellen Rechtsstreit zwischen SAP und dem Münchner Softwareunternehmen Celonis.

Im März 2025 reichte Celonis Klage gegen SAP beim Bundesbezirksgericht in Kalifornien ein. In der 61‑seitigen Beschwerde wirft Celonis dem Walldorfer Softwarekonzern Verstöße gegen das US-Kartellrecht und unlauteren Wettbewerb vor. Die zentrale Anschuldigung: SAP nutze seine dominante Marktstellung im ERP-Segment, um Konkurrenten systematisch vom Datenzugang auszuschließen – etwa durch hohe Gebühren, technische Barrieren und restriktive Lizenzbedingungen.

Konkret geht es um den Zugriff auf SAP-Systemdaten durch Drittanbietersoftware. Seit der Übernahme des Process-Mining-Spezialisten Signavio im Jahr 2021 biete SAP seine eigene Lösung vergünstigt oder kostenlos an, während Wettbewerber wie Celonis benachteiligt würden. Kunden, die Alternativsoftware nutzen wollen, würden mit empfindlichen Zusatzkosten konfrontiert. Zudem, so der Vorwurf, verbreite SAP irreführende Informationen über die Risiken externer Tools.

Celonis sieht darin nicht nur eine Beschneidung des Wettbewerbs, sondern auch einen Schaden für SAP-Kunden. Diese seien in einer teuren Abhängigkeit gefangen – ein Wechsel des ERP-Systems sei für viele Unternehmen kaum umsetzbar. Celonis, einst Partner im SAP-Startup-Programm, habe über Jahre in die Integration investiert und damit auch die SAP-Plattform aufgewertet.

In einer ersten Entscheidung vom 1. Juli 2025 wies das US-Gericht die zentralen Kartellvorwürfe zwar ab – allerdings mit der Möglichkeit zur Nachbesserung. SAPs Versuch, die gesamte Klage aus den USA herauszuhalten, scheiterte hingegen. Damit ist klar: Das Verfahren wird fortgesetzt – und dürfte weitere Klagen nach sich ziehen.

Der Fall hat über den konkreten Streit hinaus Bedeutung. Er berührt Grundsatzfragen zu Datenhoheit, Plattformzugang und digitaler Souveränität – Themen, die auch die EU mit Gesetzen wie dem Digital Markets Act adressiert. Branchenbeobachter sprechen bereits von einem Prozess mit Signalwirkung. Je nach Ausgang könnte das Verfahren prägen, wie offen und wettbewerbsfähig die SAP-Plattform in Zukunft sein muss – und wie europäische Technologieunternehmen in globalen Ökosystemen agieren können.

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SAP: Europas Software-Gigant mit globalem Anspruch

SAP ist Europas größter Softwarehersteller und zählt weltweit zu den führenden Anbietern von Unternehmenssoftware. Der Konzern mit Sitz im baden-württembergischen Walldorf beschäftigt rund 110.000 Mitarbeiter in über 150 Ländern und erzielte im Geschäftsjahr 2024 einen Gesamtumsatz von rund 33,3 Milliarden Euro – ein Zuwachs von rund neun Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der bereinigte operative Gewinn stieg um etwa zehn Prozent auf 8,7 Milliarden Euro. SAPs Geschäft dreht sich im Kern um digitale Geschäftsprozesse: Unternehmen nutzen SAP-Software, um ihre Finanzen, Logistik, Personal, Beschaffung oder Kundenbeziehungen effizient zu steuern. Dabei setzt der Konzern zunehmend auf ein abonnementbasiertes Modell mit Fokus auf die Cloud. Weltweit betreibt SAP ein Netzwerk aus Entwicklungszentren, Rechenzentren und Kundendienststandorten – darunter zentrale Hubs in Deutschland, Irland, den USA, Indien und China. Mit seiner hybriden Architektur – Cloud, On-Premise und integrierte Services – positioniert sich SAP als zentraler IT-Partner für Konzerne, Mittelständler und öffentliche Einrichtungen. Das Ziel: Resiliente, regelkonforme und skalierbare digitale Infrastrukturen für eine zunehmend komplexe Weltwirtschaft.

Die Geschäftstätigkeit von SAP ruht dabei auf vier zentralen Säulen, die das digitale Rückgrat des Unternehmens bilden – von Cloudlösungen über klassische Softwarelizenzen bis hin zu umfassendem Support und Dienstleistungen. Jede dieser Sparten erfüllt eine strategische Funktion im Gesamtmodell.

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Cloud, Lizenzen, Support, Services: SAPs Geschäftsmodell

Mit einem Umsatz von 17,1 Milliarden Euro im Jahr 2024 ist der Cloud-Bereich zur wichtigsten Sparte von SAP aufgestiegen. Das Angebot umfasst unter anderem S/4HANA Cloud für ERP-Systeme, SuccessFactors für das Personalwesen, Ariba für das Lieferkettenmanagement sowie Business Technology Platform (BTP) als Entwicklungs- und Integrationsplattform. Diese Lösungen werden im Abonnement bereitgestellt und aus einem globalen Netz von über 60 Rechenzentren betrieben – darunter auch speziell gesicherte „Sovereign Cloud“-Infrastrukturen für datensensible Branchen und öffentliche Auftraggeber in Europa. Der starke Anstieg der Cloud-Erlöse signalisiert eine erfolgreiche Transformation des Geschäftsmodells weg von Lizenzen hin zu kontinuierlich nutzbaren Diensten.

Trotz des Cloud-Fokus bleibt der Verkauf von klassischen Softwarelizenzen eine relevante Einnahmequelle. 2024 erwirtschaftete SAP in diesem Segment 1,4 Milliarden Euro. Kunden erwerben dabei das dauerhafte Nutzungsrecht für SAP-Software, meist für den Einsatz auf eigenen Servern („on premise“). Besonders in stark regulierten Branchen oder bei Unternehmen mit eigener IT-Infrastruktur besteht weiterhin Nachfrage. Das Lizenzmodell ermöglicht individuell konfigurierbare Anwendungen, birgt aber höhere Komplexität in der Wartung – ein Grund, warum viele Unternehmen mittelfristig den Umstieg in die Cloud erwägen.

Mit einem Umsatz von 11,3 Milliarden Euro ist der Supportbereich die zweitgrößte Säule im SAP-Konzern. Er umfasst die technische Wartung von Softwarelizenzen, Sicherheitsupdates, Patches sowie den Zugang zu Beratung und Supportdienstleistungen. Kunden schließen dazu in der Regel langfristige Verträge ab, die SAP stabile, margenstarke Einnahmen sichern. Der Bereich gilt als Rückgrat der Bestandskundenpflege – insbesondere in Regionen und Branchen, in denen Cloudmigration noch aussteht oder nur schrittweise erfolgt.

Das Servicegeschäft steuerte 2024 rund 4,4 Milliarden Euro zum Konzernumsatz bei. Es umfasst Beratung, Systemeinführung, Schulungen und Prozessoptimierung. SAP betreibt dazu weltweit ein Netzwerk von Beratungszentren sowie mehr als 23.000 Spezialist:innen, die Kunden bei der Umsetzung digitaler Transformationsprojekte begleiten. In Kombination mit Partnern aus dem SAP-Ökosystem entstehen maßgeschneiderte Lösungen für Unternehmen jeder Größe. Gerade bei Cloud-Projekten nimmt die Nachfrage nach solchen begleitenden Services weiter zu.

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SAP Lab Garching bei München: Innovationsstandort für Forschung, KI und neue Cloud-Technologien.

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SAP verschlankt Belegschaft – Schwerpunkt Deutschland

Trotz guter Geschäftszahlen und wachsender Umsätze stellt SAP seine Organisation 2025 strategisch neu auf – mit spürbaren Folgen für die Belegschaft. Im Zuge der Fokussierung auf Künstliche Intelligenz werden weltweit rund 8.000 bis 10.000 Stellen umgebaut, davon etwa 3.500 in Deutschland. Das entspricht einem Rückgang von rund 14 Prozent der deutschen Belegschaft. Die meisten Beschäftigten scheiden über ein Vorruhestandsprogramm aus, ein kleinerer Teil erhält Abfertigungsangebote. Auch in anderen Ländern – etwa den USA oder Großbritannien – kommt es zu Anpassungen, begleitet von internen Umschulungen in neue, KI-orientierte Rollen. SAP betont, es handle sich nicht um einen klassischen Personalabbau, sondern um eine Neuausrichtung auf künftige Kompetenzanforderungen.

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SAP R/3 auf CD-ROM: Die modulare Unternehmenssoftware markierte in den 1990er-Jahren den internationalen Durchbruch des Walldorfer Konzerns.

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Vom IBM-Ableger zum Cloud-Pionier: Die Geschichte von SAP

Was 1972 mit fünf ehemaligen IBM-Mitarbeitern in einem Hinterzimmer in Weinheim begann, ist heute eines der mächtigsten Technologieunternehmen Europas: SAP. Die Gründer – darunter Hasso Plattner, Dietmar Hopp und Klaus Tschira – verfolgten von Beginn an einen klaren Anspruch: Geschäftsprozesse in Unternehmen effizienter und transparenter zu machen. Mit der ersten Softwarelösung SAP R/1 legten sie den Grundstein für eine Erfolgsgeschichte, die den globalen Softwaremarkt entscheidend mitgestalten sollte.

Schon in den 1980er-Jahren etablierte sich SAP mit dem Mainframe-System R/2 als Marktführer für Unternehmenssoftware. Der nächste Technologiesprung folgte 1992 mit der Einführung von SAP R/3, das erstmals als Client-Server-Architektur Unternehmen weltweit digital vernetzte. Der Börsengang 1988 und die rasche internationale Expansion machten SAP zur globalen Marke. Der Umsatz stieg rasant – von 361 Millionen Euro (1991) auf über 1,9 Milliarden Euro binnen fünf Jahren.

In den 2000er-Jahren wandelte sich SAP unter wechselnden CEO-Duos zunehmend vom klassischen ERP-Anbieter zum Plattformkonzern. Mit strategischen Zukäufen – etwa Business Objects (2007), SuccessFactors (2012), Ariba (2013), Concur (2014) oder Qualtrics (2018) – baute SAP ein digitales Ökosystem rund um Datenanalyse, Personalmanagement und Beschaffung auf. Die Einführung von SAP S/4HANA 2015 markierte den Übergang in eine neue, In-Memory-basierte ERP-Ära.

Seit 2020 steht der Konzern unter der Führung von Christian Klein. Als jüngster CEO eines DAX-Konzerns treibt er den „Cloud-First“-Umbau entschlossen voran – mit Programmen wie „RISE with SAP“, dem Ausbau der souveränen Cloud und Partnerschaften im Bereich KI und digitale Resilienz. Die Zahlen geben seiner Strategie recht: Der Konzern wächst wieder. 2024 erzielte SAP einen Umsatz von 33,3 Milliarden Euro. Mit weltweit über 109.000 Mitarbeitenden, davon rund 25.000 in Deutschland, und einem Netz aus 57 Rechenzentren an 32 Standorten ist SAP global präsent – und bleibt Europas wichtigste Softwarehoffnung im Rennen um digitale Souveränität.

>>> SAP kündigt auf der Sapphire 2025 neue Innovationen an, die Unternehmensproduktivität um bis zu 30 Prozent steigern sollen – unterstützt durch Partnerschaften mit Perplexity und Palantir.

Video: SAP streicht 3.500 Stellen – Strategiewechsel für die KI-Zukunft

SAP baut in Deutschland rund 14 Prozent der Belegschaft ab – größtenteils über Vorruhestandsregelungen. Das Video erklärt, warum der Konzern diesen Schritt geht und wie sich SAP strategisch für die Ära der Künstlichen Intelligenz neu positioniert.