Karriere als KI-Experten : Der große AI Talent Report

Side profile of a futuristic artificial intelligence computer head with glowing lines and data.

Forschungsteam der Johannes Kepler Universität und Silicon Austria Labs: Kooperation zur Förderung der Spitzenforschung in Künstlicher Intelligenz und 6G, mit Investitionen von bis zu 70 Millionen Euro für Projekte wie „Bilaterale KI“ zur Entwicklung der „Broad AI“.

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Erst präsentierten die Entwicklerinnen und Entwickler von OpenAI ihr neues Modell, einige Stunden später trudelten die ersten prominenten Kündigungen von OpenAI-Mitarbeitern in den sozialen Netzwerken auf. Ilya Sutskever war der erste, Jan Leike folgte ihm einige Minuten später. Beide kommunizierten ihren Abschied von OpenAI via X. Die österreichischen AI-Research-Szene war schnell. Prof. Dr. Günther Klambauer umwarb Sutskever auf X und bat ihm ganz offizielle natürlich die Mitarbeiter zu xLSTM in Linz anund Prof. Dr. Johannes Brandstetter, NXAI, führte diesen Autor zu Leike auf eine falsche Spur, um sich dann über ihn zu amüsieren. Trotz viel Arbeit, Nachtschichten und wenig Schlaf verlieren die heimischen Researcher nicht ihren Humor. Sutskever und Leike sind Superstars der Branche.

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Das wissen auch Klambauer und Brandstetter, aber für die Publicity war das ein cleverer Schachzug der Oberösterreicher. Doch wie realistisch ist es wirklich, dass europäische Unternehmen AI Talente für sich begeistern können? Eine Analyse des Unternehmens Zeki aus England gibt einigen Nationen und Unternehmen Hoffnung, Österreich lässt sie enttäuscht zurück.

Der Gesundheitssektor hat in den letzten zehn Jahren einen zwanzigfachen Anstieg an Top-AI-Talenten verzeichnet.
Thomas Hurd

Europa im Kampf um KI-Talente

Der Bericht basiert auf einer umfangreichen Datensammlung von über 140.000 führenden KI-Wissenschaftlern und -Ingenieuren. Der Bericht hebt hervor, dass Europa trotz Herausforderungen im globalen Wettbewerb um KI-Talente wichtige Fortschritte macht. Deutschland und das Vereinigte Königreich sind Beispiele für Länder, die ihre Abwanderungsraten erfolgreich umkehren konnten. Jedoch stehen Länder wie Frankreich, Italien und Spanien vor erheblichen Hürden, um ihre Talente zu binden und im globalen Markt konkurrenzfähig zu bleiben. Österreich taucht in der Untersuchung gar nicht auf.

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Thomas Hurd, Gründer von Zeki.

Laut Autoren sind neben der Bezahlung, das Umfeld, die technologisch Offenheit, die technologische Herausforderung und die Sinnhaftigkeit der Aufgabe für viele AI-Talente mittlerweile entscheidend. „Geld allein hilft nicht“, meint Thomas Hurd, Gründer von Zeki. Kein Wunder: „Der Gesundheitssektor hat in den letzten zehn Jahren einen zwanzigfachen Anstieg an Top-AI-Talenten verzeichnet, was auf die hohen Investitionen und die attraktiven Projekte in diesem Bereich zurückzuführen ist“, wissen Hurd und seine Autoren. Wenn es um AI-Talent-Recruiting geht, dann zählt Siemens Healthineers zu den Spitzenreitern.

Die Deutschen rekrutierten in den letzten fünf Jahren 13 Prozent mehr AI-Talente. Aber auch die vielen Startups in dem Bereich ziehen Expertinnen und Experten an. Zeki nennt DeepSpin, (MRT), Odin Vision (Endoskopie), Therapixel (Bildgebung) oder inHeart (Digitaler Zwilling).

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Deutschland zieht KI-Talente an

Zu den nationalen Champions in Deutschland zählen weiterhin Siemens, SAP, Bosch, Bayer, BMW, Fraunhofer oder das DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt). Das Nachbarland profitiert von einem Zustrom von Talenten aus ganz Europa, insbesondere aus Frankreich, Italien und Spanien, sowie von einem bedeutenden Zustrom aus Indien, heißt es in der Analyse.

Italien kämpft mit einer sehr hohen Abwanderungsrate von KI-Talenten. Die meisten von ihnen gehen in die USA. Das Problem in Italien: Es fehlt ein klarer nationaler Champion, um Talente zu binden. Gleiches gilt für Spanien. Dazu kommt eine unzureichende Anzahl an kleinen und mittleren Unternehmen, die Top-AI-Talente einstellen könnten. Und auch in der Heimat von Mistral ist es laut Zeki schwierig für junge AI-Talente. Frankreich hat ein starkes Netzwerk nationaler Forschungsinstitute wie INRIA und CNRS, die exzellente Forschungsarbeit leisten, aber weniger mit der Industrie zusammenarbeiten.

Das Vereinigte Königreich zieht vor allem über US-amerikanische Tochterfirmen zahlreiche Talente an. Prominentes Beispiel dafür ist DeepMind vom Google-Konzern Alphabet. Weit abgeschlagen folgen AstraZeneca, Arm, Huawei oder GlaxoSmithKline.

Im Gegensatz zu Österreich spielt die Schweiz eine Rolle im Reporting. Die Eidgenossen können seit einigen Jahren weltweiter wieder mehr Talente zurückgewinnen. Die Top-Player in der Schweiz sind Roche, Novartis, ABB, STMicroelectronics, Scandit, Swisscom und das CERN.

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Es gibt aber Hoffnung für Österreich. Laut Zeki sind vor allem AI-Themen rund um den 6G-Mobilfunk-Standard sehr beliebt bei AI-Talenten. Nokia und Ericsson gehen dort voran und investieren viel Geld im Bereich AI. Auch Österreich will das Thema nicht verpassen. Silicon Austria Labs (SAL), Österreichs Spitzenforschungszentrum für Elektronik- und Softwarebasierte Systeme (ESBS) arbeitet gemeinsam mit der Johannes Kepler Universität (JKU) in Linz an Schlüsseltechnologien für die drahtlos verbundenen „Dinge“ der Zukunft.

Wie treibt Österreich die Karriere als KI-Experte voran?

Im gemeinsamen Labor betreiben Forscherinnen und Forscher der Universität und SAL Grundlagenforschung, welche später in Kooperationen mit der Industrie eingesetzt werden kann. „Silicon Austria Labs wurde gegründet, um internationale Spitzenforschung zu betreiben und die österreichische Elektronikindustrie und das gesamte ESBS-Ökosystem zu stärken. Die Zusammenarbeit mit Spitzenforscher*innen der JKU im Bereich der Kommunikationstechnik, Radiofrequenztechnologien und Künstlicher Intelligenz ist ein zentraler Teil unserer Strategie,“ berichtet Christina Hirschl, Geschäftsführerin der SAL. Mit dabei ist auch der Hochreiter Lehrstuhl an der JKU Linz. AI und 6G sind untrennbar miteinander verbunden.

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Und es gibt auch nochmal Geld. Bis zu 70 Millionen Euro stehen für Grundlagenforschung zur Künstlichen Intelligenz zur Verfügung. Das mit dem FWF Cluster of Excellence (CoE) ausgezeichnete Forschungsprojekt „Bilaterale KI“ vereint unter der Leitung der JKU die beiden bisher wichtigsten Forschungsstränge auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz, nämlich die sub-symbolische KI (Maschinelles Lernen) und die symbolische KI (Wissensrepräsentation und Reasoning). Das Ziel: „Broad AI“ – eine neue Ebene der Künstlichen Intelligenz.

Österreichs Weg zur Broad AI: Symbolische und sub-symbolische KI vereint

Symbolische und sub-symbolische KI sollen im Projekt nun zusammengeführt werden. Das gemeinsame Ziel ist die Entwicklung von Grundlagen für eine neue Ebene der Künstlichen Intelligenz – einer sogenannten “Broad AI“. Diese soll höhere Problemlösungsfähigkeiten aufweisen und sogar mit Abstraktionen umgehen können. Statt also für ein spezielles Anwendungsgebiet angelegt zu sein, könnte diese „Broad AI“ eigene Schlussfolgerungen anstellen und umfassende kognitive Fähigkeiten aufweisen. Während bereits bestehende KI-Programme, wie die derzeit für Furore sorgenden Sprachmodelle, z.B. ChatGPT, letztlich nur vorhandene Daten auswerten, könnte die neue KI sogar eigene Wörter erfinden und so im engen Sinn kreativ tätig werden.

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Lockt das neue AI-Talente nach Österreich? Staatliche Investitionen reichen sicher nicht aus. Frankreich ist dafür ein gutes Beispiel. Es braucht nationale Champions, die bereit sind, massiv in AI-Talente zu investieren.