Unternehmen und Nachhaltigkeit : Wo Österreichs Großunternehmen in Sachen Nachhaltigkeit stehen

Solarpanele und Windräder in Sonnenschein

In 94 % der Fälle ist die Berücksichtigung von Nachhaltigkeit im Unternehmen notwendig, um regulatorischen Vorgaben zu entsprechen.

- © Jess rodriguez - stock.adobe.com

Die Gründe für den Einsatz nachhaltiger Initiativen und Maßnahmen sind vielseitig, die stärksten Treiber sind jedoch Gesetze und Richtlinien. In 94 % der Fälle ist die Berücksichtigung von Nachhaltigkeit im Unternehmen notwendig, um regulatorischen Vorgaben zu entsprechen. Nur die Hälfte der befragten Unternehmen – darunter vor allem große Unternehmen mit über 250 Mitarbeitenden – sind durch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet. Somit spielt der EU Green Deal mit Sicherheit eine große Rolle, allerdings sind offenbar auch andere rechtliche Rahmenbedingungen ausschlaggebend.

Der Druck vom Markt, von Konsument:innen oder Mitarbeiter:innen wirkt sich ebenso recht stark auf die Handlungsentscheidungen von Unternehmen aus und erfordert in 48-85 % der Fälle eine Anpassung des Geschäftsmodells oder der Unternehmensstrategie. Durch den Vergleich mit der Vorläuferstudie aus 2021 zeigt sich außerdem, dass die Befürchtung von Reputationsrisiken gestiegen ist: Die Anzahl jener Befragten, die Nachhaltigkeitsinitiativen auf jeden Fall zur Vermeidung von Reputationsrisiken einsetzten, hat sich in den letzten drei Jahren verdoppelt.

Immer mehr Unternehmen setzen auf eigene Nachhaltigkeitsabteilungen 

Die Verantwortlichkeit für Nachhaltigkeitsthemen hat sich in den letzten 3 Jahren tendenziell von Eigentümer:innen, Vorstand, einzelnen Nachhaltigkeitsbeauftragten oder Projektteams hin zu eigenen Abteilungen verlagert. 2021 lag bei fast der Hälfte der Unternehmen die Zuständigkeit beim Vorstand oder der Geschäftsführung und deren noch stärkere Involvierung war laut vielen Befragten geplant. Tatsächlich sind jene aber nur mehr in 34 % verantwortlich. Auf Platz zwei der geplanten Änderungen lag die Ansiedelung von Nachhaltigkeitsagenden in eigenen Projektteams, auch deren Verantwortlichkeit ist stattdessen stark gesunken. 

Klimaziele: SBTi gewinnt an Beliebtheit

64 % der Unternehmen gaben an, bereits Reduktionsziele gesetzt zu haben und 22 % planen dies in den nächsten zwei Jahren – somit engagieren sich über 80 % für Klimaschutz. Immer häufiger wird das Rahmenwerk der Science Based Targets initiative (SBTi) angewandt, um auf Unternehmen zugeschnittene Ziele festzulegen. Vorreiter sind hier die Automobil-, Verkehrs-, Infrastruktur- und Logistikbranche. In der Bau- und Immobilienbranche sowie Maschinenbau- und Metallindustrie fällt das Engagement geringer aus.

„In Zukunft werden Vorreiter-Unternehmen jedoch nicht mehr nur an ihren Zielen gemessen werden, sondern an konkreten Transitionsplänen und deren Implementierung“, ergänzt Constantin Saleta, Senior Manager bei EY denkstatt.

Beliebteste Maßnahmen zur Dekarbonisierung: Optimierung im Energiebereich und Zukauf von CO2-Zertifikaten

75 % der Unternehmen möchten ihre Energieeffizienz verbessern. Knapp über die Hälfte möchte außerdem an der eigenen Energiebereitstellung mit erneuerbarer Energie arbeiten. Damit sind Maßnahmen im Energiebereich weitaus am beliebtesten, um zur Dekarbonisierung beizutragen.

Mit über 50 % an Befürworter:innen steht an zweiter Stelle der Zukauf von CO2-Zertifikaten aus Kompensationsprojekten. Zu CO2-Zertifikaten sollte man laut Margit Kapfer, Dekarbonisierungs-Expertin bei EY denkstatt, jedoch erst als letzte Maßnahme greifen, „wenn Emissionen aktuell noch nicht reduziert werden können, weil beispielsweise die technischen Möglichkeiten oder die Optionen in der Lieferkette noch nicht vorhanden sind. Hierbei ist immer darauf zu achten, dass die Zertifikate auch tatsächliche und langfristige Emissionsreduktionen bewirken und keine nachteiligen sozialen oder ökologischen Effekte nach sich ziehen.“

Datengrundlage und Lieferkette sind die größten Problembereiche für CSRD-pflichtige Unternehmen

30 % der CSRD-pflichtigen Unternehmen ringen mit dem erhöhten Zeit- und Ressourcenaufwand, der durch die Berichterstattungspflicht anfällt. Die größte Herausforderung liegt aber vor allem in der Datenbeschaffung und -qualität. 40 % der CSRD-pflichtigen Unternehmen gaben an, in diesem Bereich auf Probleme zu stoßen. Finn Laurien, Senior Manager bei EY denkstatt, überrascht dies nicht, „denn bei der Vorlage konsolidierter ESG-Indikatoren in der verpflichtenden Nachhaltigkeitserklärung gibt es keine Kompromisse.“ Der Weg zu korrekt aufbereiteten und validen Daten ist komplex: „Grundlage ist eine Wesentlichkeitsanalyse, die es ermöglicht auf zentrale Datenpunkte zu fokussieren. Genauso wichtig ist die ESG-Data-Governance – denn schließlich muss für den Bericht ein prüffester Datenerfassungs-Prozess mit Kontrollschleifen vorhanden sein. Ziel der finalen Datenanalyse ist es, aus den Rohdaten konsolidierte Kennzahlen für CSRD-konforme Tabellen zu generieren. Hier gibt es aber auch Erleichterungen. Wenn an einigen Stellen die Datenqualität noch nicht ausreichend ist, können hier auch Hochrechnungen oder Schätzungen auf Basis valider Annahmen in den ersten Jahren aushelfen“, so Laurien.

Die CSRD fordert Unternehmen außerdem auf, ganzheitliche Klima- und Sozialstrategien offenzulegen. Die Lieferkette ist in dieser Hinsicht ein wesentlicher Aspekt, der zunehmend als Hebel für soziale sowie ökologische Nachhaltigkeit erkannt wird. Amira Zauchner, Senior Managerin bei EY denkstatt, erklärt: „Es geht um die Schaffung von mittel- bis langfristig resilienten Lieferketten, die nicht durch soziale oder ökologische Krisen aus dem Gleichgewicht geraten dürfen.“ Im Bereich der Lieferkette stoßen jedoch rund 40 % der Unternehmen bei der Implementierung von Maßnahmen auf Schwierigkeiten. „Erfolgsfaktor ist ein strukturiertes Vorgehen und Fokus auf jene Warengruppen und Lieferanten, bei denen die größten Impacts bzw. Risiken zu erwarten sind und bei denen auch ein gewisser Einfluss ausgeübt werden kann. Damit sind mit begrenzten Mitteln bereits rasche Fortschritte möglich“, so Zauchner.