Future Farm : Lisec: Wie der Maschinenbauer an der Erlösschraube dreht

Lisec-Produktion in Seitenstetten: Der Glasbearbeitungsmaschinenbauer schraubt an digitalen Erösmodellen, die skalieren
- © LiSECDer Illusion, im angestammten Geschäft in den nächsten Dekaden wie entfesselt über sich hinauszuwachsen, gibt Gottfried Brunbauer nicht hin. Dafür ist er zu sehr Realist. Der Weltmarkt bei Maschinen für die Flachglasbearbeitung sei mit rund anderthalb bis zwei Milliarden Euro Gesamtvolumen "sehr überschaubar", sagt der Lisec-CEO.
Mit den traditionellen Marktbegleitern wie Gaston, Hegla oder der italienischen Forel decke man gemeinsam den Markt ab. Größere Zugewinne im angestammten Geschäftsfeld entpuppen sich trotz Premiumqualität und dem tadellosen Ruf, den die Technologie aus Seitenstetten in der Branche genießt, als zäher Kampf.
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Als würde das nicht reichen, geht auch von neuen Playern aus Fernost latent Gefahr aus. Freilich: Mit einer ERP-Branchenlösung für Glasverarbeiter haben die Niederösterreicher demonstriert, dass klassischen Maschinenbauschmieden nicht so schnell die Ideen ausgehen. Wiederkehrende Einnahmen - die Hartwährung im Digitalzeitalter - wirft ein solches ERP jedoch nur bedingt ab. Skaleneffekte etwa über transaktionsbezogene Entgelte sollen deshalb künftig einen zunehmenden Beitrag zum kontinuierlichen Wachstum des Unternehmens leisten.
Zu diesem Zweck wurde bereits ein internes Projekt zur Entwicklung entsprechender digitaler Services gestartet, welche den Maschinenbauer schrittweise zu einem Smart Solution Provider machen sollen. Durch die Nutzung des expliziten und des impliziten Potenzials in den generierten Daten sollen über einen hohen Zusatznutzen für Kunden zusätzliche, zukunftsorientierte Geschäftsmöglichkeiten für Lisec generiert werden.

Der erste, der ein ungedecktes Bedürfnis erkennt und mit einer adäquaten Lösung abdeckt, besetzt das Feld.Gottfried Brunbauer
Future Farm
In zwei, spätestens drei Jahren will Lisec mit der Lösung auf den Markt gehen. "Der erste, der ein ungedecktes Bedürfnis erkennt und mit einer adäquaten Lösung abdeckt, besetzt das Feld", ist sich Brunbauer sicher.
Aufgehängt ist das Projekt, das vorigen Herbst operativ startete und die Seitenstettener endgültig vom reinen Maschinenbauer-Image lösen soll, nicht zufällig im „unternehmensinternen Startup“, das - ohne eigene Rechtsform, aber mit allen Möglichkeiten ausgestattet - unter dem Namen Future Farm geführt wird.
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Gebündelt sind hierin die Verantwortlichkeiten inkrementeller und disruptiver Innovation mit einem hohen Digitalfokus, New Business sowie Oganisationsveränderung. So würde für UI/UX-Design eigenes Know-how aufgebaut. Die Mitglieder der bunt zusammengewürfelten Truppe, aktuell rund zehn Leute, seien durchwegs "Überzeugungstäter".
Und er selbst? Ziele stecke man gemeinsam ab, sagt Brunbauer, in der Umsetzung braucht es jedoch viel Freiraum. "Ich will Innovation als CEO nicht im Geiste eines Kontrollfreaks begleiten, da das der Sache keinesfalls dienlich wäre".
Dieser Artikel ist ein Auszug aus der Story Corporate Venture Building von INDUSTRIEMAGAZIN-Ausgabe 9/22.