Industriekongress 2025 : FACC-Chef Machtlinger: "Europa verpasst hier gerade den Anschluss"

Machtlinger FACC

Robert Machtlinger, CEO des Flugzeugzeugzulieferer FACC: „Industrielle und politische Stabilität vorausgesetzt“

- © Matthias Heschl

Die Luftfahrtindustrie zählt zu den komplexesten, sicherheitsgetriebensten und am stärksten vernetzten Branchen weltweit. Mit einem Kundenportfolio, das die Hersteller Airbus, Boeing, Comac und Embraer umfasst, ist die FACC AG tief in dieser globalen Architektur verankert. Beim Boeing-Langstreckenmodell 787 etwa stammen Teile des Hecks aus Österreich, die Tragflügel aus Japan, Triebwerke aus Europa – montiert wird in den USA. „Das Vertrauen in globale Partner ist Grundvoraussetzung – ebenso wie langfristige Vorleistungen“, so Machtlinger. Allein für das 787-Programm habe FACC rund 80 Millionen US-Dollar in Entwicklung investiert – ohne Garantie, wie oft das Flugzeug gebaut wird. „Das ist ein Commitment, das Vertrauen in industrielle und politische Stabilität voraussetzt“, sagt Machtlinger.

Gleichzeitig setzen sowohl europäische als auch US-amerikanische OEMs und Zulieferer auf öffentlich geförderte Innovationsprogramme. „Fördermittel sind ein rational genutztes Instrument – sie unterstützen gezielt Entwicklungsrisiken in einem Umfeld mit langen Produktzyklen“.

Wachstumsdynamik verlagert sich nach Asien

Der weltweite Bedarf an neuen Flugzeugen steigt rasant: 43.420 neue Maschinen werden laut Prognosen bis 2044 benötigt, davon sind bereits 17.000 fix bestellt. China allein wird in den kommenden Jahren jedes fünfte Flugzeug weltweit abnehmen – auch Indien investiert massiv: 1.450 Flugzeuge wurden dort zuletzt in nur einem Jahr geordert. Und mit der Comac C919 entwickelt sich auch ein chinesischer Herausforderer mit ehrgeizigem Wachstumskurs – die Parallelen zu Airbus sind offensichtlich.

„Rund 80 Prozent der Luftfahrtproduktion und -nutzung spielt sich bereits außerhalb Europas und der USA ab“, betont Machtlinger. „Das industrielle ‚Center of Gravity‘ verschiebt sich klar in den asiatisch-pazifischen Raum.“

Österreich als Teil des globalen Ökosystems

Österreich ist in diesem System kein Nebendarsteller: Mit 95.000 Beschäftigten und einem jährlichen Branchenumsatz von rund 8,4 Milliarden US-Dollar ist die heimische Luftfahrtindustrie ein relevanter Player – nicht zuletzt als siebtgrößtes Lieferland im Airbus-Zuliefernetzwerk. „Die Innovationskraft österreichischer Unternehmen wird international anerkannt. Wir sind Teil von High-Tech-Lieferketten, die weltweit vernetzt sind“, so Machtlinger. Gerade deshalb sieht er auch enormes Potenzial im Bereich der europäischen Verteidigungsfähigkeit: „Wenn Europa eigene Wehrtechnik stärken will, ist das eine große Chance für Zulieferer wie uns.“

Advanced Air Mobility – Europa nicht an Bord

Besondere Dynamik entfaltet sich derzeit im Wachstumsmarkt der Drohnentechnologie und „Advanced Air Mobility“ (AAM) – also urbanem und regionalem Lufttransport. Ein globaler Markt mit einem prognostizierten Volumen von über 50 Milliarden US-Dollar.

FACC ist bereits aktiv – jedoch ausschließlich in US-amerikanischen Projekten. Vier laufende Entwicklungen widmen sich sowohl dem Passagiertransport als auch der urbanen Warenlogistik. „Sie wollen die Innovation – und wir können sie liefern“, so Machtlinger. China und die USA geben das Tempo vor. „Europa verpasst hier gerade den Anschluss", sagt Machtlinger.

Industriekongress 2025, Tag 2: Hier können Sie den Kongress-Tag nachschauen.