KTM-Insolvenz : KTM am Abgrund – und zurück: Wie Pierer Mobility den Motorradhersteller 2025 neu startet

Die Pierer Mobility-Tochter KTM AG steht vor der Insolvenz

Ein Bild aus alten Tagen: Stefan Pierer als KTM-Chef 

- © R.Schedl

Nach der erfolgreichen Rettung des insolventen Motorradherstellers KTM blickt die börsennotierte Muttergesellschaft Pierer Mobility AG mit verhaltenem Optimismus auf die Geschäftsentwicklung im Jahr 2025. Wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte, werde der Umsatz 2025 infolge längerer Produktionsunterbrechungen voraussichtlich deutlich unter dem Vorjahresniveau liegen. Dennoch zeigt sich das Unternehmen zuversichtlich, dass sich der Lagerbestand bei KTM sowie bei den Händlern und Importeuren dank anhaltender Nachfrage normalisieren werde.

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Trotz massiver Herausforderungen sei die erreichte Absatzmenge als „erfreulich“ zu bewerten, da sie wesentlich zum Abbau der Lagerbestände beigetragen habe. Insgesamt stand die Motorradproduktion für sechs Monate still. Eine vollständige Wiederaufnahme ist für Ende Juli 2025 geplant. „Jedoch können die Rückstände aufgrund der Saisonalität des Geschäfts nicht kompensiert werden“, betont Pierer Mobility in der aktuellen Mitteilung.

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Milliardenverlust durch Produktionsstillstand – Sanierungsgewinn soll Trend wenden

Die reduzierte Betriebsleistung schlug sich deutlich im Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) nieder. Für das Geschäftsjahr 2024 wies Pierer Mobility ein negatives EBIT von minus 1,184 Milliarden Euro aus. Allerdings wird für das Jahr 2025 ein Sanierungsgewinn in Höhe von 1,2 Milliarden Euro erwartet, der das operative Ergebnis wieder ins Plus bringen soll.

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Auch das Eigenkapital, das 2024 auf minus 193,7 Millionen Euro gefallen war, soll durch die Sanierung wieder „deutlich im hohen dreistelligen Millionenbereich“ ins Positive gedreht werden. Dank früherer Investitionen seien die Produktionskapazitäten langfristig gesichert, ebenso wie die Standorte Mattighofen und Munderfing, versichert das Unternehmen.

Bajaj investiert kräftig in KTM-Sanierung

Im Zuge der Restrukturierung der KTM AG hat der Miteigentümer Bajaj einen bedeutenden finanziellen Beitrag geleistet. Die zur Finanzierung der Quote an die Gläubiger notwendigen Mittel wurden zum Teil durch ein Darlehen der niederländischen Tochtergesellschaft Bajaj Auto International Holdings B.V. in Höhe von 450 Millionen Euro bereitgestellt. Weitere 150 Millionen Euro stammen direkt von Pierer Mobility. Insgesamt belaufen sich die Mittel zur Deckung der drei Sanierungspläne auf 525 Millionen Euro.

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Vorbehaltlich regulatorischer Genehmigungen soll Bajaj künftig 100 Prozent der Anteile an der Pierer Bajaj AG halten. Dieses Gemeinschaftsunternehmen kontrolliert aktuell 74,9 Prozent der Pierer Mobility AG, der börsennotierten Muttergesellschaft des Motorradherstellers KTM. Bislang war die Beteiligung zwischen Pierer Industrie AG (50,1 %) und der Bajaj Auto International Holdings B.V. (49,9 %) aufgeteilt. Wie aus einer Ad-hoc-Mitteilung vom Mittwoch hervorgeht, hat Pierer Mobility AG im Zuge der Neuordnung eine Garantievereinbarung sowie einen Aktienverpfändungsvertrag mit der niederländischen Bajaj-Tochter unterzeichnet. Sollte die Übernahme wie geplant abgeschlossen werden, hätte Bajaj künftig das Sagen bei KTM – ein bedeutender Schritt in der strategischen Neuausrichtung des Motorradherstellers aus Österreich.

KTM-CEO Neumeister: „Neue, zweite Chance“ für den Motorradhersteller

Nach den tiefgreifenden Umstrukturierungen bei Pierer Mobility meldete sich der neue KTM-CEO Gottfried Neumeister mit einer klaren Botschaft zur Zukunft des traditionsreichen Motorradherstellers. „Heute haben wir die Chance bekommen, die Geschichte von KTM fortzuschreiben“, erklärte Neumeister in einer offiziellen Stellungnahme. Dabei betonte er die zentrale Bedeutung der bestehenden Produktionsstandorte: „Die bestehenden Standorte, insbesondere das Stammwerk in Mattighofen/Munderfing, bleiben die Basis für unseren zukünftigen Erfolg.“

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Mit Blick auf die jüngsten Veränderungen zeigte sich Neumeister emotional und dankbar: Er empfinde „tiefe Dankbarkeit und Demut“ gegenüber all jenen, die „diese neue, zweite Chance“ ermöglicht haben. Besondere Anerkennung sprach er Stefan Pierer aus, dem er attestierte, „den Grundstein für eine der bekanntesten Motorradmarken der Welt gelegt“ zu haben.

ABD0081_20241220 - RIED IM INNKREIS - ?STERREICH: Co-CEO Gottfried Neumeister (KTM), anl?sslich der ersten Gl?ubigerversammlung und Berichtstagsatzung der KTM AG, aufgenommen am Freitag, 20. Dezember 2024 vor dem Eingang des Landesgerichts in Ried im Innkreis. - FOTO: APA/FOTOKERSCHI / WERNER KERSCHBAUMMAYR
Gottfried Neumeister - © FOTOKERSCHI / WERNER KERSCHBAUMM

Führungswechsel bei Pierer Mobility: Stefan Pierer zieht sich zurück

Strategisch plant Neumeister nun eine klare Fokussierung: Künftig will sich KTM verstärkt auf die drei Kernmarken KTM, Husqvarna Motorcycles und GasGas konzentrieren. Diese Marken sollen im Zentrum der neuen Wachstumsstrategie von KTM stehen und den Weg für eine erfolgreiche Zukunft in der internationalen Motorradbranche ebnen.

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Mit dem Abschluss des Sanierungsverfahrens im Juni 2025 endet eine Ära bei Pierer Mobility AG: Der langjährige KTM-Chef Stefan Pierer wird sich aus dem Vorstand der Konzernmutter zurückziehen. Dieser Schritt markiert nicht nur einen tiefgreifenden Wandel in der Führungsebene, sondern unterstreicht auch die strategische Neuausrichtung des KTM-Konzerns unter der wachsenden Kontrolle von Bajaj Auto.

Als Nachfolgerin im Vorstand wird Verena Schneglberger-Grossmann berufen, die seit November 2015 in verschiedenen leitenden Funktionen innerhalb der Gruppe tätig ist. Sie wird künftig CEO Gottfried Neumeister unterstützen und damit eine Schlüsselrolle im neuen Führungsteam von KTM übernehmen. Mit ihrer Erfahrung und Unternehmenskenntnis soll sie die geplante Fokussierung auf die Kernmarken KTM, Husqvarna und GasGas maßgeblich mitgestalten.

Sollte Bajaj wie geplant das Joint Venture Pierer Bajaj AG vollständig übernehmen, wäre auch Stefan Pierer als Eigentümer nahezu vollständig ausgeschieden. Künftig hielte er nur noch einen symbolischen Anteil von 0,1 Prozent an Pierer Mobility über seine Pierer Konzerngesellschaft – ein markanter Rückzug aus der operativen und strategischen Verantwortung für eine der erfolgreichsten Motorradmarken Europas.

Wirtschaftszahlen 2024: Historischer Umsatzeinbruch und steigende Verschuldung

Die endgültigen Geschäftszahlen für 2024 belegen den massiven wirtschaftlichen Schaden: Der Umsatz sank um 29,4 Prozent auf 1,879 Milliarden Euro, der Jahresverlust betrug 1,0799 Milliarden Euro. Das Ergebnis vor Steuern (EBT) belief sich auf minus 1,2766 Milliarden Euro. Besonders kritisch ist die Entwicklung der Nettoverschuldung, die von 775,9 Millionen auf 1,642 Milliarden Euro anstieg. Das Eigenkapital rutschte von plus 909,3 Millionen Euro im Vorjahr auf minus 193,7 Millionen Euro.

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Zum Jahresende 2024 beschäftigte Pierer Mobility weltweit 5.310 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, was einem Rückgang von 14,1 Prozent entspricht. In Österreich waren davon 4.099 Personen angestellt.

KTM unter indischer Kontrolle: Pierer geht, Bajaj übernimmt - Was bleibt vom Mythos Mattighofen?