Siemens : Joe Kaeser krempelt sein Haus um
Deutschlands größter Elektrokonzern Siemens bekommt eine neue Struktur. Die Einteilung des Geschäfts in die vier Sektoren Energie, Industrie, Medizintechnik und Infrastruktur und Städte solle aufgelöst werden, teilte das Unternehmen am Dienstagabend nach einer Aufsichtsratssitzung in München mit.
Zudem soll die Zahl der Divisionen von bisher 16 auf 9 reduziert werden. Für die Hörgeräte-Sparte werde ein Börsengang vorbereitet. Hintergrund der Neuordnung ist die Definition vielversprechender Wachstumsfelder. "Die Siemens AG wird sich künftig entlang der Elektrifizierung, Automatisierung und Digitalisierung aufstellen", hieß es in einer Mitteilung.
Lisa Davis ersetzt Michael Süß
Der Umbau des Elektrokonzerns hatte sich in den vergangenen Wochen bereits abgezeichnet. Konzernchef Joe Kaeser will das Unternehmen schlanker und schlagkräftiger und so fit für den Wettbewerb machen. Weitere Neuerungen: Siemens-Vorstand Michael Süß verlässt das Top-Management des Elektrokonzerns. Süß scheide mit sofortiger Wirkung aus persönlichen Gründen und einvernehmlich aus dem Vorstand aus, hieß es.
Zu seiner Nachfolgerin sei mit Wirkung zum 1. August die Shell-Managerin Lisa Davis ernannt worden. Bis sie das Ressort übernimmt, werde die Sektorleitung kommissarisch von Randy Zwirn übernommen und im Vorstand von dem bisher für Technik und Personal zuständigen Klaus Helmrich vertreten, erklärte das Unternehmen. Auch für die Geschäftsverteilung im Vorstand wurden Änderungen beschlossen.
Weniger Aufträge
Der Gesamtumsatz der Münchner stagnierte gemäß Quartalsmitteilung vom Mittwoch bei 17,5 Milliarden Euro. Der Auftragseingang schrumpfte überraschend stark um 13 Prozent. Erzrivale GE freute sich zuletzt über kräftig wachsende Bestellungen. Siemens erwartet kaum Rückenwind von der Konjunktur.
Siemens-Chef Joe Kaeser sieht sich durch die Zahlen in seinen Umbauplänen bestätigt. "Das zweite Quartal hat gezeigt, dass wir in der Verbesserung der operativen Performance noch viel zu tun haben", erklärte er. Sein Haus werde dennoch im laufenden Jahr den Gewinn je Aktie um mindestens 15 Prozent steigen - vorausgesetzt der Umsatz bleibe auf Vorjahresniveau.
Neue Division "Digital Factory"
Um sein Haus profitabler zu machen, verpasst Kaeser dem Konzern eine neue Struktur. Er richtet ihn stärker auf Energietechnik und Industrieautomatisierung aus. Siemens kauft für knapp eine Milliarde Euro das Gasturbinengeschäft der britischen Rolls-Royce und formt die neue Division "Digital Factory".
Die Mehrheit am Stahlwerkausrüstungsgeschäft gibt Siemens an die japanische Mitsubishi ab. Die Hörgerätesparte soll an die Börse gehen. Die gesamte Medizintechnik wird künftig separat abseits der neun neuen Divisionen geführt. Damit ist ähnlich wie bei Osram der Weg aus der Siemens-Familie angelegt. Insgesamt soll der Traditionskonzern um eine Milliarde Euro produktiver werden. (APA/Reuters/dpa)