Luftfahrt : Das große Billiger-Programm der Lufthansa
Die AUA-Mutter Lufthansa tritt angesichts des Kostendrucks in der Branche die Flucht nach vorn an. Mit einem auf Europa und möglicherweise die gesamte Welt ausgeweiteten Billigkonzept in der Markenfamilie "Wings" will Europas größter Luftverkehrskonzern wieder höhere Gewinne einfliegen.
Bereits im Frühjahr sollen vom schweizerisch-französischen Flughafen Basel die ersten Eurowings-Jets zu europäischen Zielen starten, wie der neue Lufthansa-Chef Carsten Spohr in Seeheim bei Frankfurt ankündigte. Die Lufthansa-Tochter Swiss werde sich zeitgleich vom Basler Flughafen zurückziehen. Eurowings soll dann den dortigen Platzhirschen EasyJet stärker unter Druck setzen.
Fliegt Eurowings auch nach Österreich?
Möglicherweise landet die Billigmarke Eurowings später auch in Österreich. Allerdings käme nicht das AUA-Drehkreuz Wien, sondern der eine oder andere Bundesländerflughafen infrage.
"Wenn der Testmarkt Basel mit zwei bis vier Flugzeugen funktioniert, ist das möglich", sagte Lufthansa-Pressesprecher Christoph Meier auf APA-Anfrage. AUA-Sprecher Peter Thier sagte, es gebe keine Auswirkungen auf die derzeitige Langstrecken-Expansion der AUA.
An der Frankfurter Börse reagierte die Lufthansa-Aktie positiv auf die Neuigkeiten und die kurz zuvor präsentierten Verkehrszahlen für Juni. Nachdem die Lufthansa im Juni ihre Gewinnprognose gekappt hatte, bleibt die Aktie jedoch noch weit von ihrem zuvor erreichten Niveau von rund 20 Euro entfernt.
Neue Jets für den Billigflieger
Eurowings soll bis zu 23 Jets vom Typ Airbus A320 erhalten und damit aus dem Stand zur Nummer drei im europäischen Punkt-zu-Punkt-Verkehr werden. Dazu gehören auch 13 Jets, die eigentlich an die Lufthansa gehen sollten.
Germanwings bleibt für die Verkehre von und nach Deutschland außerhalb der Drehkreuze Frankfurt und München zuständig. Die Germanwings-Flotte soll in diesem Zusammenhang bis Frühjahr 2015 von derzeit 23 auf 60 Flugzeuge anwachsen, sagte Spohr.
Neue Langstreckenangebote
Auf der Langstrecke will Lufthansa das Angebot unter einer weiteren, noch nicht benannten Marke mit bis zu neun Jets starten. Gespräche mit Turkish Airlines als möglichem Partner seien bereits fortgeschritten, sagte Spohr. Diese Aussage trieb die Aktien der türkischen Fluglinie um knapp drei Prozent in die Höhe.
Eine Entscheidung soll im Herbst fallen. Man könne aber auch allein beginnen. Erste Flüge werde es voraussichtlich im Winter 2015/2016 von den Flughäfen München, Köln-Bonn und Düsseldorf geben.
Neue Holding außerhalb Deutschlands
Lufthansa plant, die verschiedenen Wings-Gesellschaften in einer Holding zusammenzufassen, die ihren Sitz wahrscheinlich nicht in Deutschland haben wird. Infrage kämen die Kernmärkte Schweiz, Österreich oder Belgien, sagte Spohr.
Bisher fliegt Eurowings mit kleineren Bombardier-Jets ausschließlich im Auftrag der Germanwings und ist laut Spohr wegen geringerer Pilotengehälter noch einmal kostengünstiger als diese. Germanwings operiert zu etwa 20 Prozent geringeren Kosten als die Lufthansa-Passage und soll 2015 in die schwarzen Zahlen fliegen.
Kollektivvertrag? Neue Mannschaften haben Pech gehabt
Neben dem neuen Billigkonzept, das auf Crews außerhalb der bestehenden Lufthansa-Kollektivverträge setzt, soll die Qualität der Muttermarke sowie die Marktstellung der erfolgreichen Tochtergesellschaften etwa für Catering, IT und Flugzeugtechnik gestärkt werden. Lufthansa müsse wieder der Maßstab der Branche sein.
Spohr kündigte ein zusätzliches Investitionspaket von rund 500 Mio. Euro an, mit dem unter anderem ein Innovationszentrum in Berlin gegründet werden soll.
Der Lufthansa-Chef bekräftigte die vor einigen Wochen zurückgenommene Prognose von rund einer Milliarde Euro operativen Gewinns für dieses Jahr. Zur Verbesserung der Produktivität werde man aus dem Winterflugplan zehn Fracht- und Passagierflugzeuge herausnehmen. (Reuters/AFP/dpa-afx/APA/pm)
Die AUA-Mutter Lufthansa schielt mit ihrer neuen Billig-Strategie möglicherweise auch nach Österreich. Allerdings käme nicht das AUA-Drehkreuz Wien, sondern der eine oder andere Bundesländerflughafen infrage. "Wenn der Testmarkt Basel mit zwei bis vier Flugzeugen funktioniert, ist das möglich", sagte Lufthansa-Pressesprecher Christoph Meier auf Anfrage.
Man orientiere sich bei der Strategie auf brachliegende Strecken im Punkt-zu-Punkt-Verkehr, so Meier. Ob die Pläne Flüge der AUA ergänzen oder ersetzen, könne man noch nicht sagen. Dafür sei es zu früh. Konzernweit soll das Angebot jedenfalls nicht schrumpfen. Man wolle neue, preissensible Kundengruppen ansprechen, die man bisher nicht erreiche.
Bei den Plänen zu einer Billigmarke auf der Langstrecke betonte der Lufthansa-Sprecher, dass es nicht darum gehe, Frankfurt-New York zu fliegen, sondern auf Strecken mit großer Konkurrenz, etwa nach Südostasien, mit mehr Economy-Sitzplätzen zu punkten.
AUA-Sprecher Peter Thier sagte, es gebe keine Auswirkungen auf die derzeitige Langstrecken-Expansion der AUA. Man unterstütze die Pläne der Mutter Lufthansa. (apa/pm)
Bei der Lufthansa wollen die starken Gewerkschaften über die gerade vorgestellten Billigpläne des Vorstands verhandeln. Es sei vernünftig, die Kernmarke Lufthansa aufzuwerten und mit der Wings-Familie auf eine Zweitmarkenstrategie zu setzen, wenn dabei prekäre Arbeitsverhältnisse vermieden werden, sagte der Chef der Kabinengewerkschaft UFO, Nicoley Baublies. Auch Vertreter der Vereinigung Cockpit und ver.di hielten sich mit Kritik an den Plänen zurück, die der neue Lufthansa-Chef Carsten Spohr diese Woche vorgestellt hatte.
Es sei unabdingbar, dass die Kabinencrews der Billigtöchter in Deutschland oder den anderen Heimatmärkten des Konzerns stationiert werden und hiesigem Tarifrecht unterliegen, verlangte Baublies. So habe er kein Problem damit, wenn künftig Eurowings-Maschinen in Basel eingesetzt werden und die Beschäftigten dann nach Schweizer Recht arbeiten. Es gehe aber nicht an, mit der Sunexpress aus der Türkei und zu dortigen Tarifbedingungen Langstrecken von deutschen Flughäfen anzubieten. Die Flieger müssten in Deutschland stationiert werden. "Das ist eine rote Linie für das Gesamtpaket", sagte Baublies.
Lufthansa hatte am Donnerstag bekräftigt, Sunexpress als Gemeinschaftsunternehmen mit der Turkish Airlines für künftige Billigangebote auf der Langstrecke nutzen zu wollen. Darüber gebe es bereits fortgeschrittene Gespräche, hatte Spohr versichert, was auch Sunexpress-Chef Paul Schwaiger dem Fachmagazin fvw bestätigte. Es stehe auch bereits fest, dass die Flieger in Deutschland beheimatet sein sollten.
Das Dementi der Turkish vom Vorabend bezog sich danach auf die Gründung eines neuen Unternehmens. Den Ferienflieger Sunexpress hatten Turkish und Lufthansa 1989 ins Leben gerufen. Im Jahr 2013 beförderte die Gesellschaft nach eigenen Angaben rund 7 Millionen Fluggäste zwischen Deutschland und der Türkei.
UFO werde die Beschäftigten im Gesamtkonzern im Blick halten, sagte Baublies. "Wir haben die Konzernbrille auf." Es gehe daher auch nicht an, dass die Tarifbedingungen bei der für den Europaverkehr vorgesehenen Eurowings dauerhaft unter denen bei Germanwings liegen. Wenn man dem Konzern tariflich entgegenkomme, werde das eher in einer umfassenden Regelung für alle geschehen und müsse zudem mit Gewinnbeteiligungen für den Erfolgsfall verbunden sein.
Ver.di begrüßte, dass es bei Lufthansa nicht mehr ausschließlich um Kostensenkungen gehe. Vom Wachstum müssten aber alle Konzernbereiche profitieren können. Ein Sprecher verlangte, dass den Billigtöchtern künftig vorgeschrieben werde, dass sie bestimmte Dienstleistungen etwa zu Catering, Wartung oder Bodenabfertigung innerhalb des Konzerns bestellen müssten. Ver.di sei bereit, darüber einen Tarifvertrag abzuschließen.
Die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) will sich die Pläne des Managements zunächst im Detail erläutern lassen, sagte ein Sprecher. Knackpunkt ist insbesondere die sogenannte "Bereederung": Lufthansa-Flüge dürfen nur von Lufthansa-Piloten zu den Bedingungen des Konzerntarifvertrags geflogen werden. "Lufthansa kennt diese Grenzen auch", sagte der Sprecher. (dpa/apa/pm)