Top 250 : Die Besten der Industrie

Illustration eines Berges, am Gipfel ein gezeichneter Manager mit Österreich-Fahne
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Die ersten Narrationsstränge des Jahres 2020 ließen Schlimmstes befürchten: Ein Einbruch der Konjunktur, wie man ihn auf der globalen Weltbühne seit der Rezession 2008 nicht mehr erlebte, brachte den Handel in Kernmärkten der Industrie wie dem Maschinen-, Anlagen- oder Fahrzeugbau fast vollständig zum Erliegen. Es war nicht weniger als eine Explosivreaktion, die Österreichs Industrie just aus dieser Zwangslage führte: Dank unumstößlichen unternehmerischen Willens und gestalterischer Kraft ist 2020 zwar nicht unbedingt das Jahr für den Trophäenschrank, dennoch kam es am Ende weit weniger dick als befürchtet: Mit einem Umsatz von 182,2 Milliarden Euro erwirtschafteten die 250 größten Industrieunternehmen Österreichs um 9,2 Prozent weniger als im vorangegangenen Jahr 2019 – eine Arithmetik, die durchaus erfreulich ist.

Zumal alles seine Stunde hat und Investitionen jetzt ihre gefunden haben. Egal ob der 40 Millionen schwere Produktionsausbau am Doka-Standort in St. Martin oder der Bau eines neuen AT&S-Substratwerks in Malaysia in der kolportierten Gesamtinvestitionshöhe von 1,7 Milliarden – Unternehmen packen das große Besteck aus. Und haben sich auch personell glänzend dafür aufgestellt: Global verzeichneten die Top 250 im Pandemiejahr – wie unsere Analyse zeigt – ein Mitarbeiterplus von immerhin 3,4 Prozent.

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Größtes relatives Umsatzplus der Top 250

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Als CEO drückt Alexander Everke dem Unternehmen seit 2016 seinen Stempel auf, im heurigen Frühjahr wurde sein Vertrag an der Spitze der ams AG um drei Jahre verlängert. Für Beobachter nicht wirklich überraschend: Mit der Übernahme des Münchener Lichttechnikkonzerns Osram erhöhten die Premstättener nicht nur das symbolische Kapital auf dem Markt für hochwertige Sensorlösungen – diese brachte auch einen schönen Effekt bei den Konzernergebnissen. Ohne Osram stieg der Umsatz 2020 dank anhaltend starker Performance im Consumer-Geschäft leicht von 2,24 auf 2,29 Milliarden Euro, rechnet man die seit 1. Juli konsolidierte Osram ein, setzte es ein Plus von 84 Prozent. Im ersten Quartal 2021 lag das Geschäft laut Unternehmen „nahe dem oberen Ende der Erwartungsspanne“. Das Segment Halbleiter trug 65 Prozent zum Gesamtumsatz bei, das Segment L&S sorgte für den Rest. Künftig wird das Unternehmen übrigens als „ams OSRAM“ auftreten – und Osram nach acht Jahren wieder vom Kurszettel der Frankfurter Börse verschwinden.

Größtes relatives Umsatzplus der Großunternehmen

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Bei der Bilanzpressekonferenz zeichnete AT&S-CEO Andreas Gerstenmayer erfreuliche Stimmungsbilder: Der börsennotierte Leiterplattenhersteller erzielte im abgelaufenen Geschäftsjahr 2020/21 einen Rekordumsatz – plus 19 Prozent – und steigerte auch den Gewinn deutlich. Die Nachfrage nach ABF-Substraten sei weiterhin ungebrochen stark, man wachse dabei – trotz der rezenten Turbulenzen infolge der Pandemie – stärker als der Markt. „Mit unserem resilienten Geschäftsmodell haben wir beweisen können, dass wir uns auch in unsicheren Zeiten weiterentwickeln und weiterwachsen“, geht man mit breiter Brust – und nicht ohne kräftig zu investieren – in die nächsten Monate. AT&S wird in Malaysia bis 2024 seinen ersten Produktionsstandort in Südostasien errichten. Der neue Standort – Gesamtinvestition: 1,7 Milliarden Euro – wird im Kulim Hi-Tech Park in der Region Kedah, etwa 350 Kilometer nördlich der Hauptstadt Kuala Lumpur, domiziliert sein und soll zur Produktion von IC-Substraten genutzt werden.

Größtes relatives Umsatzplus im Mittelstand

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Es waren Weichenstellungen jener Art, die unternehmerischen Weitblick erkennen ließen: Statt auf Sparflamme zu schalten, schuf die von Erich Thallner und seiner Frau Aya Maria 1980 gegründete EV Group, einer der größten Arbeitgeber des Bezirkes Schärding und als führender Hersteller von Anlagen für Waferbonding- und Lithographieanwendungen in der Halbleiterindustrie auf der großen Weltbühne daheim, 2019 zusätzliche Produktionskapazitäten. So entstanden durch die Eröffnung der neuen Fertigung III 1.800 Quadratmeter Produktionsfläche für die Endmontage. Und mit der Eröffnung des Reinraums V im vergangenen August – Teil eines 30 Millionen schweren Investitionsvorhabens – entstanden zusätzliche Kapazitäten für unter anderem die Produkt- und Prozessentwicklung. Die historische Beweislast, damit alles richtig gemacht zu haben, ist längst erbracht: Die Mittelstandsperle wuchs auch 2020 zweistellig.

Größtes relatives Umsatzminus der Top 250

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Es war ein Start im Krisenmodus: Nach 27 Jahren beim Holzwerkstoffhersteller Fundermax, neun davon in der Geschäftsführung, folgte René Haberl im vorigen Sommer Alexander Bouvier als Treibacher-Vorstand nach. Der Hersteller von chemischen und metallurgischen Vorprodukten für eine Reihe von industriellen Anwendungen musste 2020 kräftig Federn lassen: „Während der Pandemie sind die Legierungspreise stark zurückgegangen, ein Umstand, der für rund 88 Prozent des Umsatzrückgangs verantwortlich war“, sagt Haberl. Dennoch legte das Unternehmen den Schalter um und startete gut ins neue Geschäftsjahr. Die Kärntner sind sogar inmitten einer Investitions- und Expansionsphase. Satte 150 Millionen Euro sind in der Pipeline, unter anderem geht es um die Errichtung einer neuen Recyclinganlage für die Wertstoffgewinnung aus verbrauchten Katalysatoren. Haberl: „Die Investition entspricht der Leitidee des Green Deals und folgt dem europäischen Ziel einer lokalen Vanadiumgewinnung.“

Branchensieger Anlagenbau

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2020 brummte das Geschäft des Anlagenbauers Scheuch aus Aurolzmünster wie ein Trafo: Mit einem Umsatzzuwachs von fast zehn Prozent bewies der Umwelttechnikspezialist im Pandemiejahr Moral. „Aus heutiger Sicht haben wir die Auswirkungen der Pandemie gut gemeistert“, berichtet Stefan Scheuch, CEO der Scheuch Management Holding. Dies gelte für alle Regionen und Märkte, in denen man tätig sei. „Der erreichte Auftragseingang lag nahezu vernachlässigbar unter dem Vorjahresniveau“, so Scheuch. Durch die tiefe Wertschöpfungskette wurde die Lieferkette nicht unterbrochen, sodass man ungebremst an den Aufträgen weiterarbeiten konnte. „Regional waren wir besonders in Amerika und Australien sehr gut aufgestellt“, so der CEO. Auf dem US-amerikanischen Markt wurde der Aktivitätsradius auf viele weitere Bundesstaaten ausgedehnt. Und in Australien konnte der größte Einzelauftrag der Unternehmensgeschichte verbucht werden.

Branchensieger Automotive

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Wie auch immer die Rechenexerzitien ausfallen: 2020 war für den oberösterreichischen Feuerwehrausrüster Rosenbauer ein ziemlich erfolgreiches Jahr. Erstmals wurde mehr als eine Milliarde Euro Umsatz gemacht. Der Gewinn stieg um 18,7 Prozent auf 41,1 Millionen Euro. Und der Mann, der maßgeblich dafür verantwortlich war, dass das Handwerk der Oberösterreicher goldenen Boden hatte, bleibt dem Unternehmen erhalten: Dieter Siegel, seit 2009 für den Rosenbauer-Konzern tätig und seit 2011 Vorstandsvorsitzender, steht nach seiner Vertragsverlängerung fünf weitere Jahre an dessen Spitze. Mit der strategischen Neuaufstellung des Konzerns, etwa durch die Schaffung einer marktorientierten Area-Organisation oder den Einstieg in die Elektromobilität, sei man gut gerüstet, heißt es im Unternehmen. Für heuer erwartet Rosenbauer eine „Seitwärtsbewegung der globalen Feuerwehrbranche“. Wachstum werde es vor allem in Europa und dem Mittleren Osten geben.

Branchensieger Maschinenbau

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2020 war für die Trodat nichts weniger als eine Sternstunde: Die Welser erwirtschafteten trotz Pandemie einen Gesamtumsatz von mehr als 246 Millionen Euro, wuchsen also um 3,4 Prozent. Unter dem Dach der TroGroup ist die Unternehmensgruppe mit der Marke Trodat im Bereich Stempelerzeugung sowie mit der Marke Trotec im Laserbereich weltweit führend tätig. Rund 1870 Mitarbeiter sind in über 40 Konzerngesellschaften beschäftigt. Die Exportquote beläuft sich auf mehr als 98 Prozent. Mit Beharrungswillen geht es in den einzelnen Geschäftsfeldern nun weiter. So wurde, um auch in Zukunft ein gutes Blatt in der Hand zu haben, etwa beim Marchtrenker Lasertechnikhersteller Trotec ein Innovationsfeuerwerk gezündet. Steuerungssoftware und Benutzeroberfläche habe man von Grund auf neu entwickelt, der Wechsel in die Cloud bringe Vorteile, Software mache exklusive Premiuminhalte freischaltbar, verrät Trotec-Geschäftsführer und Trodat- Holding-Prokurist Andreas Penz.

Branchensieger metallverarbeitende Industrie

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Im April 2018 wurden die Breitenfeld AG, die Schmiedetechnik Breitenfeld GmbH und die Sonderstahlwerk Breitenfeld GmbH rückwirkend mit 30. Juni 2017 in die Breitenfeld Edelstahl AG zusammengeführt. Drei Jahre später freut sich diese – der Pandemie zum Trotz – über 6,5 Prozent Plus. Rund 130.000 Tonnen Qualitätsedelstahl wurden für den Energiesektor, den Werkzeug- und Maschinenbau sowie das Transportwesen und die Automotive- Industrie produziert. Rückenwind erhielt man durch zwei objektive Faktoren. Einerseits die exportstarken Abnehmermärkte. Andererseits die richtigen kapazitativen Weichenstellungen. Das Sonderstahlwerk in St. Barbara im Mürztal wurde um sechs Millionen Euro ausgebaut, schon 2017/2018 wurde in den beiden Geschäftssegmenten Block- bzw. Stabstahlbereich der Umsatz sowohl wert- als auch mengenmäßig deutlich gesteigert. Übrigens: Ein Großteil der Erzeugnisse – vom Rohblock bis zum geschmiedeten Halbzeug bzw. Stabstahl – geht nach Italien und Deutschland – die Weichen für die stärkere Verlagerung in Richtung Schiene sind gestellt.

Branchensieger Verpackungsindustrie

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Der Kärntner Dämmstoff-Hersteller Hirsch Servo mit Sitz im Kärntner Ort Glanegg erwirtschaftete im Jahr 2019 Rekordergebnisse bei Umsatz und Betriebsergebnis – und legte 2020 nochmals eine Schippe drauf: Um 5,7 Prozent wuchs das Unternehmen. Um den Erfolgslauf zu prolongieren, investiert das Management um Harald Kogler, seit 2014 CEO der Unternehmensgruppe, kräftig in das Produktionsnetzwerk: Mit der Übernahme des EPS-Verarbeiters Morapal fanden zwei weitere Produktionswerke in Tschechien, nämlich in Unicov und Cervenka, in die Gruppe. Hinzu kamen auch 120 neue Mitarbeiter. Im vorigen Herbst erwarb Hirsch Servo zudem den tschechischen EPS-Verarbeiter Novopol. Mit den insgesamt vier Werken in Tschechien verfügt die Unternehmensgruppe nun insgesamt über 30 Produktionsstandorte in Europa und eine Belegschaft von rund 1.700 Mitarbeitern. Das Unternehmen ist dabei kerngesund: Die Eigenkapitalquote liegt derzeit bei 38 Prozent.

Branchensieger Industrieelektronik

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The show must go on: Zehnmal in Folge konnte der Industrieelektronikhersteller Keba seinen Umsatz steigern. In den vergangenen 5 Jahren betrug das durchschnittliche jährliche Wachstum 18,1 Prozent. 2020 gelang den Linzern mit einem Plus von elf Prozent neuerlich ein Achtungserfolg. CEO und Miteigentümer Gerhard Luftensteiner: „Langfristiges Ziel sind drei gleich große Standbeine.“ Industrial Automation widmet sich Lösungen aus Hard- und Software für Maschinen und Roboter. Bei Handover Automation geht es unter anderem um Geldautomaten und Paketstationen. Energy Automation befasst sich vornehmlich mit Elektromobilität – etwa Wallboxen – und Heizungssteuerungen. Die aktuelle Verknappung bei Halbleiterbauteilen in der Aufschwungphase spüre auch Keba. „Doch für uns ist das nicht neu. Wir sind gut vorbereitet“, sagt Luftensteiner. Den Schweinezyklus in der Elektronik erachte man als nicht grundlegend neu. „Wir sind gewohnt, ihn mitzumachen“, so der CEO.

Branchensieger kunststoffverarbeitende Industrie

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Für Semperit-Boss Martin Füllenbach war das Pandemiejahr Spiegel und Brennglas zugleich: Der Konzernumsatz stieg um 62,3 Prozent auf 323,1 Millionen Euro und das operative Ergebnis hat sich mehr als verzehnfacht – getrieben vor allem vom Geschäft mit Gummihandschuhen. Corona trieb Preise für Schutzhandschuhe in die Höhe: Semperit hat für seine medizinischen Schutzhandschuhe deutlich mehr verlangen können als vor der Krise. „Aber auch unsere Industriesparte hat sehr gut performt“, sagt der CEO. Der Gummi- und Kautschukhersteller sieht die guten Zahlen zudem als „Ergebnis unserer erfolgreichen Restrukturierung“. Im ersten Quartal gelang nun ein Umsatzsprung in der Medizinsparte von 148,9 Prozent – in Summe gab es das beste Quartalsergebnis seit dem Jahrtausendwechsel. Auch Zukäufe und Firmenübernahmen fasst Semperit deshalb nun wieder ins Auge. Die starke Liquiditätssituation sorge dafür, dass das Unternehmen auch für mögliche M&A-Transaktionen gut aufgestellt sei, hieß es.

Branchensieger Energie

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Der schärfere Einbruch der Konjunktur traf die Energiedienstleister mit voller Wucht. Energie-Steiermark-Vorstandssprecher Christian Purrer spricht dennoch von einem „soliden Abschluss“ 2020: Trotz CoV-Krise stieg der Umsatz um 15,4 Prozent auf 1,58 Milliarden Euro, der Gewinn ging jedoch deutlich zurück. Mit Investitionen in der Höhe von 144 Millionen war die Energie Steiermark im Krisenjahr dennoch einer der wichtigsten Impulsgeber für den Arbeitsmarkt. „Der überwiegende Teil unserer Aufträge ging an regionale Firmen, wir haben damit eine zentrale Rolle als Job-Motor im Süden Österreichs“, sagt Purrer. Für den Ausbau erneuerbarer Energie in der Steiermark sind in den kommenden fünf Jahren Projekte mit einem Investitionsvolumen von 1,2 Milliarden Euro eingeplant. Konkret sehen die Pläne neben dem laufenden Bau eines Wasserkraftwerkes in Gratkorn ein weiteres in der Stadt Leoben vor, dazu kommen Windparkprojekte auf der Freiländeralm, Stubalpe und Soboth.

Branchensieger chemische Industrie

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Als sich im vorigen Frühjahr Zuversicht und Nervosität abwechselten, setzte der oststeirische Mischkonzern Münzer einen mutigen Erweiterungsschritt: Mit dem Erwerb der holländischen Rotie UCO Trade B.V., die sich im niedrigen zweistelligen Millionen-Euro-Bereich bewegte, baut das Unternehmen aus Sinabelkirchen seine globale Marktstellung als größter Sammler und Händler von Abfallölen und -fetten in Europa aus. Es eröffne sich damit „das sprichwörtliche Tor zur Welt“, ein erweiterter Zugang zu allen strategischen Logistikmöglichkeiten, sagen die Geschäftsführer Michael Münzer und Gregor Reindl. Die Münzer Bioindustrie befindet sich im Eigentum der Brüder Michael und Ewald-Marco Münzer. Das Unternehmen hat weltweit zehn Standorte und setzte 2019 laut eigenen Angaben mit seinen rund 250 Mitarbeitern mehr als 270 Millionen Euro um.