Austrotherm fertigt lean and green : So nachhaltig fertigt Austrotherm am Neusiedler See

Heimo Pascher, Geschäftsführer Technik Austrotherm (re.) und Werksleiter Sebastian Horvath

Kategoriesieger Green Factory: Heimo Pascher, Geschäftsführer Technik Austrotherm (re.) und Werksleiter Sebastian Horvath

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Bereits zum 13. Mal schrieben Fraunhofer Austria und das INDUSTRIEMAGAZIN die renommierte Auszeichnung für Produktionsunternehmen in Österreich aus. Der Weg für die Unternehmen bis ins Finale war auch diesmal kein leichter: Bis in den Sommer bewarben sich Unternehmen durch Einreichung eines schriftlich ausgefüllten Fragebogens für die Wettbewerbsteilnahme. Im Anschluss liefen auf Basis dieser ersten Vorselektion in den Fabriken der Teilnehmer Vor-Ort-Evaluierungen durch ein Expertenteam von Fraunhofer Austria. Auf Vorarlberger Boden - das Finale des Wettbewerbs findet traditionell beim Vorjahressieger statt - stellten sich die Finalisten vergangenen Donnerstag schließlich der hochkarätig besetzten Hearing-Jury.

Als Konstante des Wettbewerbs gilt seit jeher: Jeder hat die Chance, den begehrten Preis nach Hause zu bringen - ob Konzern oder Mittelständler. Berücksichtigung fanden die Schwerpunkte Digitalisierung und kontinuierliche Verbesserung ebenso wie Logistik- und Shopfloormanagement.

Austrotherm hat vor vier Jahren eine Vision entwickelt: Man wolle bei der Nachhaltigkeit eine Vorreiterrolle in der Branche einnehmen. Eine Besonderheit ist die Domizilierung des Austrotherm-Werks Purbach inmitten des UNESCO Welterbegebietes Neusiedlersee. Es wurde versucht, dem Standort einen Grüngürtel zu versehen - und das sei „nicht nur irgendwie passiert“, sagt Pascher. Es wurde für den Standort ein ganzheitliches Begrünungskonzept mit 500 Bäumen und Sträuchern umgesetzt. Die neue Produktionshalle verfügt über eine Holzfassade, natürlich dämmt man mit den selbst produzierten Dämmprodukten. "Dass wir vernünftig dämmen, ist naheliegend", sagt Technikgeschäftsführer Heimo Pascher.

Dachseitig wird ab Herbst eine PV-Anlage installiert sein. Geheizt wird mit der Abwärme der eigenen Anlagen. Auch in Sachen Kreislaufwirtschaft hat man sich einiges überlegt. So wurde vor zwei Jahren ein Recyclingservice gestartet. Kostenlos auf allen Baustellen Österreichs sammele man XPS-Abschnitte ein, um das wiedergewonnene Granulat im Werk Purbach in den Produktionsprozess zurückzuschleusen. Ebenfalls imposant: Es gelang eine jährliche Outputsteigerung von vier Prozent auf den bestehenden Anlagen. Der Verschnitt, der in der Produktion anfällt, wird aufbereitet und wieder der Produktion zugeführt. Und: Mittels Dämmstoffstreifen wurde ein Palettenersatz gefunden.

Heimo Pascher, Geschäftsführer Technik Austrotherm (re.) und Werksleiter Sebastian Horvath
Heimo Pascher, Geschäftsführer Technik Austrotherm (re.) und Werksleiter Sebastian Horvath - © FLOMOTION.AT

Nachhaltige Werkserweiterung.

Schon in der Vergangenheit sorgten Investitionsprojekte immer wieder dafür, dass bei Output und Effizienz ein schöner Sprung gelungen ist. 2022 investierte Austrotherm neuerlich: 20 Millionen Euro flossen in den Ausbau des Austrotherm XPS (Polystyrol-Extruderschaumstoff)-Dämmstoffwerks in Purbach am Neusiedler See. Eine 160-Meter-Halle wurde errichtet, die modernster Extruder-Technologie Raum bietet und noch einmal unterstreicht: Der Standort ist wichtigstes (auch, weil größtes) XPS-Werk im Unternehmensverbund mit seinen 26 Werken. "Wir sind ein Hidden Champion", erzählt Heimo Pascher, der technische Geschäftsführer.

140 Mitarbeiter der europaweit rund 1400 Kopf starken Belegschaft des Unternehmens, das gesamt 627 Millionen Euro Jahresumsatz generiert, produzieren hier XPS-Dämmstoff in einer eindrucksvollen Range, von zwei bis 40 Zentimeter Stärke aufwärts. Und das auf Basis eines einmaligen Erfahrungsschatzes: Seit Jahrzehnten wird der Materialeinsatz bei der Erzeugung dieses nachhaltigen Produkts optimiert, die Rezepturen der Schäume sind - wenig überraschend - ein gut gehütetes Geheimnis. Wie übrigens auch der Output einzelner Unternehmensstandorte.

Dauerläufer.

Die Produktionslogik der Burgenländer hat dennoch eine Menge zu erzählen. So sind die Extruder in vier Schichten betriebene Dauerläufer, man wirft sie quasi zu Jahresbeginn an und lässt sie bis Weihnachten im 24/7-Einsatz werken. Aus dem Extruder schießt - grob vereinfacht – der Schaum, gefolgt von einer langen Kühlstrecke, nach der der Schaum vollautomatisch geschnitten und verpackt wird. Der hohe Automatisierungsgrad des Prozesses ist augenfällig. Produziert wird nicht auftragsbezogen, in Purbach befindet sich ein groß dimensioniertes Fertigwarenlager. Ohne Erwähnung der Arbeit der Instandhaltungsmannschaft in Purbach geht es nicht: "Sie ist unerlässlich für den reibungslosen Betrieb der Prozesse", schildert Heimo Pascher, Technische Geschäftsführung bei Austrotherm.

Austrotherm Purbach
Produzieren im UNESCO Welterbegebiet erfordert eine schlüssige Nachhaltigkeitsstrategie - © Austrotherm

Intrinsische Verbesserung.

Spannend: Dass es in Purbach keinen Methodenüberhang in Sachen Lean geben muss. Entscheidend bei der Dämmstoffproduktion sei der Materialeinsatz, hier erfolge eine kontinuierliche Verbesserung. Doch dieser Mindset sei in den Köpfen der Mitarbeiter verankert, ohne wissen zu müssen, "was unter dem Terminus KVP zu verstehen ist", so Pascher. So würde tagtäglich an der Rezeptur geschraubt - mit zum Teil erstaunlichen Effizienzgewinnen auf der Materialseite. "Das macht unseren Erfolg aus", sagt Pascher. Und: Verschwendung wird eliminiert. So wird Rohstoff, der im Prozess vermeintlich verloren geht, zurückgeschleust in die Produktion. Die LKW-Wege am Werksgelände wurden durch ein neues Werksverkehrskonzept um erstaunliche 60 Prozent reduziert.