Abhängigkeit von Russland Öl : Putin-Öl bleibt: Ungarn stellt sich offen gegen US-Forderungen

Ungarn will sich nicht von russischen Erdöllieferungen unabhängig machen.
- © merla - stock.adobe.comTrotz der Forderung von US-Präsident Donald Trump, die NATO-Staaten sollten ihre Ölimporte aus Russland einstellen, zeigt sich Ungarn weiterhin unnachgiebig. Außenminister Péter Szijjártó betonte in einem Interview mit dem britischen Guardian (online, Dienstag), dass sein Land russische Energie dringend benötige, um eine stabile Versorgung zu sichern.
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„Für uns ist die Energieversorgung eine rein physische Frage“, erklärte Szijjártó, der auch für wirtschaftliche Außenbeziehungen zuständig ist. „Es mag schön sein, davon zu träumen, Öl und Gas von anderswo (als aus Russland, Anm.) zu kaufen. (...) Wenn man sich die physische Infrastruktur ansieht, ist es offensichtlich, dass es ohne die russischen Lieferungen unmöglich ist, die sichere Versorgung des Landes zu gewährleisten.“
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Russland-Öl: Trump fordert radikalen Importstopp aller NATO-Staaten
Trump hatte vergangene Woche auf seiner Plattform Truth Social angekündigt, er sei bereit, „umfangreiche Sanktionen gegen Russland zu verhängen“, jedoch nur unter der Bedingung, „dass alle NATO-Staaten sich darauf geeinigt haben und damit begonnen haben, dasselbe zu tun, und wenn alle NATO-Staaten den Kauf von Öl aus Russland einstellen“. Ziel der verschärften Sanktionen sei es, den Druck auf Moskau zu erhöhen, um den Krieg gegen die Ukraine zu beenden.
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Zwar hat die EU den Import von russischem Öl weitgehend untersagt, doch gelten für Ungarn und die Slowakei weiterhin Ausnahmen. Beide Länder wehren sich besonders vehement gegen Forderungen nach einem vollständigen Stopp russischer Energieimporte.
Das ungarische Staatsunternehmen MOL importiert jährlich rund fünf Millionen Tonnen Rohöl über die Druschba-Pipeline. Dieses Öl versorgt nicht nur ungarische Raffinerien, sondern auch Standorte in der Slowakei. Österreich ist nicht an diese Pipeline angebunden.
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán, ein enger ideologischer Verbündeter Trumps in Europa, pflegt trotz der EU-Sanktionen enge Kontakte zum Kreml. Während er regelmäßig scharfe Kritik an der Ukraine übt, stellt er sich in Energiefragen klar gegen die Mehrheitslinie innerhalb der Europäischen Union.
Milliardengeschäft mit Moskau: Wie Ungarns Öl-Deal die EU-Sanktionspolitik torpediert
Ungarns anhaltender Bezug russischen Öls hat spürbare Auswirkungen auf die europäische Energiepolitik und die Dynamik im Ukraine-Krieg. Während die EU seit Beginn der russischen Invasion im Februar 2022 versucht, ihre Energieabhängigkeit von Moskau drastisch zu senken – der Anteil russischen Rohöls an den EU-Importen fiel laut EU-Kommission von rund 30 % im Jahr 2021 auf unter 10 % im Jahr 2023 – bleibt Ungarn ein zentraler Abnehmer. Über die Druschba-Pipeline bezieht das Land jährlich etwa fünf Millionen Tonnen Rohöl, was rund 65 % des ungarischen Gesamtverbrauchs ausmacht. Diese Mengen entsprechen einem Handelsvolumen in Milliardenhöhe – Einnahmen, die Russland auch zur Finanzierung seines Kriegs gegen die Ukraine nutzen kann.
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In Brüssel sorgt dieses Sonderverhältnis zunehmend für Irritation: Eine einheitliche Sanktionspolitik wird erschwert, und das politische Signal an Kiew wirkt gespalten. Während die EU über 80 Milliarden Euro an Unterstützung für die Ukraine mobilisiert hat, hält ein Mitgliedsstaat weiterhin an einem Energiepartner fest, der für den größten Krieg in Europa seit 1945 verantwortlich ist. Das untergräbt nicht nur die Glaubwürdigkeit gemeinsamer Maßnahmen, sondern gefährdet auch langfristig das Ziel, eine resiliente, geopolitisch unabhängige Energieversorgung in Europa aufzubauen.
Die Druschba-Pipeline
Die Versorgung Ungarns mit russischem Rohöl erfolgt größtenteils über die südliche Leitung der Druschba-Pipeline – einer der längsten Öl-Pipelines der Welt, die sich über rund 4.000 Kilometer von den russischen Ölfeldern bis nach Mitteleuropa erstreckt. Der ungarische Energiekonzern MOL importiert jährlich etwa fünf Millionen Tonnen Rohöl über diese Leitung, die auch Raffinerien in der Slowakei mitversorgt. Für Ungarn hat die Druschba-Pipeline strategische Bedeutung: Sie deckt laut offiziellen Angaben etwa zwei Drittel des ungarischen Rohölbedarfs und ermöglicht eine direkte, kostengünstige Versorgung ohne teure Umwege über Seehäfen. Alternativen wie Lieferungen über Adriahäfen oder die Nutzung anderer europäischer Infrastruktur gelten derzeit als technisch aufwendig und wirtschaftlich nicht konkurrenzfähig. Deshalb lehnt die ungarische Regierung einen Verzicht auf diese Route ab – mit dem Argument, dass die nationale Versorgungssicherheit ohne die Druschba-Anbindung gefährdet wäre. Während andere EU-Staaten sich durch Diversifizierung zunehmend unabhängiger von russischem Öl machen, hält Budapest an der bestehenden Pipeline-Abhängigkeit fest und blockiert damit faktisch einen vollständigen europäischen Energieausschluss Russlands.