Öl und Gas : OMV: So wirkt sich das Russland-Geschäft negativ auf die Bilanz aus
Hohe Energiepreise bescherten OMV weiteren Milliardengewinn
Die Gewinne des teilstaatlichen Öl- und Gaskonzerns OMV sind auch im dritten Quartal gesprudelt. Das Unternehmen schrieb vor Steuern einen Quartalsgewinn von 3,3 Mrd. Euro - mehr als eine Verdreifachung gegenüber dem dritten Quartal 2021. Nach neun Monaten steht die OMV nun bei einem Vorsteuergewinn von 9,1 Mrd. Euro. Der Gewinn je Aktie nach neun Monaten stieg von 4,76 auf 10,18 Euro, teilte der ATX-Konzern am Freitag in der Früh mit. Die Aktie legte um 7,6 Prozent zu.
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Die OMV machte heuer von Jänner bis September einen Umsatz von 48,8 Mrd. Euro, ein Plus von 115 Prozent gegenüber den ersten drei Quartal 2021, als der Umsatz 22,2 Mrd. Euro betrug. Das (um Lagerhaltungseffekte bereinigte) CCS Operative Ergebnis vor Sondereffekten stieg in diesem Zeitraum auf 9,1 Mrd. Euro, ein Plus von 129 Prozent.
Vor allem das Geschäft mit der Suche und Förderung von Öl und Gas (Exploration & Produktion) und das Raffineriegeschäft liefen rund. Diese hätten die negativen Effekte der Russland-Geschäfte mehr als kompensiert. Die reduzierten Gasmengen aus Russland schmälerten das Ergebnis im dritten Quartal um 162 Mio. Euro. Insgesamt wirkten sich die Russland-Effekte mit 268 Mio. Euro negativ aus.
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Rückgänge gab es im Chemiegeschäft wegen eines negativen Ergebnisbeitrags des Basischemikaliengeschäfts, unter anderem aufgrund der reduzierten Auslastung des Steamcrackers in Schwechat - eine Folge der eingeschränkten Auslastung der Rohöl-Destillationsanlage. Erst seit Anfang Oktober ist die Raffinerie in Schwechat wieder voll in Betrieb, die Hauptanlage war nach einem Unfall monatelang stillgestanden.
Der Abschied von fossilen Brennstoffen, um die Erderhitzung zu stoppen, geschehe nicht über Nacht. "Die Energiewende ist ein graduelles Event", sagte OMV-Chef Alfred Stern in der Pressekonferenz. Während Öl und Gas aus fossilen Quellen mit der Zeit an Bedeutung verlieren würden, würden die Geschäftsfelder von morgen schon heute besetzt, sagte Stern. Die OMV will sich auf nachhaltige Kraftstoffe und das Chemie-Geschäft konzentrieren. Eine Abspaltung des Öl- und Gasgeschäfts sei aber Spekulation. Man sei jederzeit offen für Gespräche im Sinne der neuen OMV-Strategie, es gebe aber keine konkreten Projekte.
Energieprobleme sind noch nicht gelöst
Wie die OMV im Quartalsbericht erklärt, könnten anhaltende oder verstärkte Unterbrechungen der russischen Lieferungen zu einem weiteren Anstieg der europäischen Energiepreise führen. Stern sagte, die Lieferungen Russlands in Baumgarten seien in den vergangenen Wochen wieder gestiegen, auf 65 Prozent. Im Sommer hatte Russland nur noch 30 Prozent der vereinbarten Mengen geliefert. Dass die Großhandelspreise für Gas in Europa derzeit wieder deutlich niedriger sind, sei ein kurzfristiger Effekt aufgrund des ungewöhnlich warmen Oktobers, der den Beginn der Heizsaison verzögert habe. Diese kurzfristige Entspannung bedeute nicht, dass das Problem gelöst sei, so Stern.
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Die OMV erwartet für heuer einen durchschnittlich realisierten Gaspreis von 55 bis 60 Euro pro Megawattstunde (MWh), was an Förderländern wie Malaysia oder Neuseeland liege, wo die Gaspreise niedriger sind. In Europa sind die Gaspreise derzeit doppelt bis dreimal so hoch. Stern sagte im Gespräch mit der APA, dass davon auszugehen sei, dass die Gaspreise in Europa auch 2023 hoch bleiben werden.
Angebot und Nachfrage nicht in Balance
Wichtig für die Diversifizierung sei vor allem Erdgas aus Norwegen, das die OMV dort zum Teil selbst fördert. Ob die Gasversorgung für den nächsten Winter 2023/24 gelinge, hänge von Faktoren ab, "die man nicht kontrollieren kann", unter anderem davon, wie mild der heurige Winter wird und wie hoch die Speicherfüllstände am Ende der Heizsaison sein werden.
Seit dem Einmarsch Putins in der Ukraine zählt Russland nicht mehr zu den Kernregionen der OMV und es werden keine neuen Aktivitäten mehr gesetzt. Wie es weiter geht, ist offen. Die OMV prüfe alle Optionen bis hin zu einem Verkauf, ein solcher gestalte sich derzeit als sehr schwierig aufgrund der sich ändernden Gesetzeslage in Russland, so Stern zur APA.
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Die zurzeit außergewöhnlich hohen Gewinne haben den OMV-Vorstand am Donnerstagabend dazu veranlasst, den Aktionären einen Sonderdividende von 2,25 je Aktie vorzuschlagen. Von den insgesamt 736 Mio. Euro erhält die Staatsholding ÖBAG rund 232 Mio. Euro und der Staatsfonds aus Abu Dhabi, Mubadala, 183 Mio. Euro.
Der Frage, ob er davon ausgeht, dass mit der Sonderdividende eine staatliche Abschöpfung der Gewinne vom Tisch ist, wich Stern aus. "Wir würden die Sonderdividende nicht vorschlagen, wenn nicht wüssten, dass wir sie mit unserer Geschäftsgebarung vereinbaren können." Wie die in Brüssel beschlossene Solidaritätsabgabe in Österreich umgesetzt wird, wisse er nicht, so Stern. Er betonte, dass das Geschäft stark zyklisch sei und man die hohen Gewinne benötige, um auch Täler wie zuletzt die Coronakrise durchschreiten zu können. Derzeit seien bei Energie Angebot und Nachfrage nicht in Balance, was zu den extrem hohen Preise führe. Es brauche daher Investitionen, die das Angebot erhöhen.
Zu den Schiefergasvorkommen, die im Weinviertel mittels Fracking gefördert werden könnten, kam von Stern am Freitag kein kategorisches Nein mehr. "In einer Energiekrise muss man sich alle Möglichkeiten ansehen", sagte Stern. Eine Neuevaluierung hänge vom regulatorischen Umfeld und der politischen Unterstützung ab. Darüber hinaus müsse es aber auch zeitlich und wirtschaftlich darstellbar sein. Und eine Entwicklung würde Jahre dauern und würde daher akut nichts bringen, zeigte sich Stern weiter skeptisch. Im Weinviertel schaue man aktuell, ob man weitere Gasvorkommen konventionell fördern könne und baue Photovoltaik aus. Eine Folge der Energiekrise sei auch, dass man in der OMV Geothermie-Projekte wie jenes im Wiener Becken beschleunigt habe.
Die hohen Gewinne der OMV befeuerten auch die Rufe nach einer Sondersteuer. Greenpeace und Fridays for Future protestieren in Wien vor der Zentrale. Sie forderten Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) auf die Krisengewinne von Öl- und Gaskonzernen zu besteuern. Das Geld müsse zurück an die Menschen in Österreich und in den Ausbau erneuerbarer Energien fließen. Die SPÖ bekräftigte ihre Forderung nach einer Übergewinnsteuer. Die FPÖ meinte, solche Zufallsgewinne müssten verhindert werden. Das gewerkschaftsnahe Momentum Institut bezifferte den heurigen "Übergewinn" auf eine Milliarde Euro pro Quartal.
Wir führen diese Gespräche natürlich im vollen Bewusstsein, dass wir hier nicht in einer Demokratie sind.Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne)
Absichtserklärung zu LNG-Lieferungen unterzeichnet
Österreich wird für die Heizsaison 2023/24 eine Schiffsladung Flüssigerdgas (LNG) aus Abu Dhabi bekommen - das hat die OMV mit der Abu Dhabi National Oil Company (ADNOC) vereinbart. Die Gasmenge "bedeutet die Versorgung von 65.000 Haushalten für ein Jahr", sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) am Donnerstagnachmittag in Abu Dhabi. Die Energiemenge von einer Terawattstunde entspricht etwas mehr als einem Prozent des österreichischen Gesamtbedarfs an Erdgas.
"Das ist eine gute Menge, mit der wir jetzt beginnen können, die Versorgungssicherheit für nächstes Jahr vorzubereiten", sagte der Bundeskanzler. Österreich bekomme die gleiche Gasmenge wie das viel größere Deutschland, Österreich bekomme also einen besseren Deal als Deutschland, betonte Nehammer. Der deutsche Energiekonzern RWE erhielt vor kurzem eine erste Lieferung von 137.000 Kubikmetern LNG nach Deutschland.
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Der Energiemenge von mindestens einer Terawattstunde Gas "entspricht ungefähr den ganzen Haushalten von Tirol und Vorarlberg, die eine Gasheizung haben", veranschaulichte Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) die Größe des Deals.
Laut OMV-Aussendung handelt es sich bei der Vereinbarung, die OMV-Chef Alfred Stern heute mit dem ADNOC-Geschäftsführer und Industrieminister der Vereinigten Arabischen Emirate, Sultan Ahmed Al Jaber, unterzeichnet hat, um eine Absichtserklärung, "um die Energieversorgungssicherheit von Österreich zu unterstützen, wobei wir anstreben, für die Wintersaison 2023/2024 den Kauf eines LNG Cargo zu arrangieren".
Am teilstaatlichen österreichischen Energie- und Chemiekonzern OMV ist die österreichische Staatsholding ÖBAG mit 31,5 Prozent beteiligt, der Staatsfonds von Abu Dhabi, Mubadala, hält 24,9 Prozent.
Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) sprach von "konstruktiven" Gesprächen in Abu Dhabi, räumte aber ein: "Wir führen diese Gespräche natürlich im vollen Bewusstsein, dass wir hier nicht in einer Demokratie sind." Es gebe an der Regierung berechtigte Kritikpunkte, die man auch berücksichtigen müsse, um die "richtigen Lehren aus der Vergangenheit" zu ziehen und Österreichs Energieversorgung auf eine breite Basis zu stellen.
Gas-Speicher "zu über 100 Prozent" gefüllt
OMV-Chef Stern hatte am Vormittag berichtet, dass die Erdgasspeicher der OMV bereits zu "über 100 Prozent" gefüllt seien. "Das geht deswegen, weil es Kavitäten im Untergrund sind. Und wenn man dort Gas hineindrückt, dann ist es möglich, dass man etwas mehr Gas hineinbekommt als die nominelle Kapazität ist." Auf die OMV entfallen laut Stern etwa 25 Prozent der österreichischen Gasspeicher-Kapazität, "und Österreich hat insgesamt Speicherkapazität, um ungefähr ein Jahr auszukommen".
Schon jetzt sei die OMV in der Lage, ihre Kundenverpflichtungen zur Gänze mit nicht-russischem Gas zu erfüllen. Die OMV habe in Österreich ungefähr 45 Prozent Marktanteil. "Zur Zeit liefert die Gazprom und es fließt dieses Gas weiterhin nach Österreich. Das ist auch teilweise der Grund dafür, warum die Preise in den letzten Wochen doch signifikant reduziert wurden."Das verflüssigte Erdgas aus den Emiraten wird voraussichtlich nach Rotterdam geliefert und dort regasifiziert. Von dort könnte es dann über Pipelines nach Österreich transportiert werden. "Wir haben für dieses Gasjahr bereits 40 Terawattstunden Pipeline-Kapazität gebucht", sowohl aus Deutschland als auch Italien, erklärte der OMV-Chef.
Die SPÖ sprach in einer Aussendung von einer "reinen PR-Aktion". Bei der Energiemenge kamen die Sozialdemokraten auf andere Zahlen. Die von Nehammer bejubelte Schiffsladung Flüssiggas entspreche lediglich 2 Promille der in Österreich jährlich benötigten Menge an Gas, meinte SPÖ-Energiesprecher Alois Schroll. Der jährliche Gasverbrauch in Österreich liegt bei rund 90 Terawattstunden.
Änderungen im Vorstand
Der Aufsichtsrat der OMV Aktiengesellschaft hat in seiner Sitzung am Donnerstag beschlossen, dass Martijn van Koten zusätzlich zu seinen Refining-Agenden ab 1. November 2022 die Verantwortung für den Bereich Marketing & Trading übernehmen wird. Zugleich wurde Martijn van Koten zum OMV Vorstandsmitglied für den neuen Bereich Fuels & Feedstock ernannt, in dem ab 1. Januar 2023 die Bereiche Refining sowie Marketing & Trading zusammengeführt werden.
Mark Garrett, Vorsitzender des Aufsichtsrates der OMV: „Die Raffinerien spielen in der Energiewende und der Transformation des Unternehmens eine zentrale Rolle. Der Fokus der Raffinerien wird zunehmend auf der Produktion von nachhaltigen Treibstoffen und Rohstoffen für die chemische Industrie sowie auf der Kreislaufwirtschaft liegen. Ich freue mich, dass Martijn van Koten diese Funktion übernehmen wird. Seine internationale Erfahrung im Raffinerie- und Chemie-Bereich sowie seine konsequente Markt- und Kundenorientierung machen ihn zu einer idealen Besetzung.“
Elena Skvortsova, derzeit Vorstandsmitglied für den Bereich Marketing & Trading, wird mit 31. Oktober 2022 einvernehmlich aus dem OMV Vorstand ausscheiden. Mark Garrett weiter: „Ich bedanke mich aufrichtig bei Elena Skvortsova für ihre Verdienste um die Weiterentwicklung des Marketing & Trading Bereichs zu einer markt- und kundenorientierten Organisation. Gemeinsam mit ihrem Team hat sie die ersten nachhaltigen Treibstoffe für Geschäftskunden auf den Markt gebracht, beispielsweise auch nachhaltigen Flugzeugtreibstoff (SAF). Unter Elenas Führung wurde das Produkt- und Serviceangebot Tankstellen mit klarem Kundenfokus weiter ausgebaut und modernisiert. Damit wurde die Grundlage für ein Tankstellennetz der Zukunft geschaffen, das verstärkt nachhaltige Treibstoffe, auch für den B2B Bereich, sowie eine deutlich ausgebaute Ladeinfrastruktur für e-Mobility anbieten wird.“