Lohnverhandlungen 2025 : Metaller-KV: Überraschender Kurswechsel – Keine konkrete Forderung zum Verhandlungsauftakt

Streik Metaller KV Elektro- und Elektronikindustrie

KV-Verhandlungen 2025: Kommt es auch heuer wieder zu Streiks in der Metallindustrie?

- © ÖGB

Mit dem Beginn der Kollektivvertragsverhandlungen in der Metallindustrie startet am Montagnachmittag die diesjährige Herbstlohnrunde. Die Gewerkschaft strebt angesichts der anhaltend hohen Inflation eine Sicherung der Kaufkraft an und schließt eine Nulllohnrunde kategorisch aus. Konkrete Forderungen in Prozent wird es zum Auftakt jedoch nicht geben. „Wir werden die Verhandlungen völlig offen gehen“, erklärte Reinhold Binder, Vorsitzender der Metallergewerkschaft PRO-GE, im Ö1-„Morgenjournal“.

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In den vergangenen Jahren war es üblich, dass die Gewerkschaft bereits am ersten Verhandlungstag eine konkrete prozentuelle Forderung präsentierte. Dieses Jahr scheint der wirtschaftliche Druck jedoch stärker zu sein – Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter sind sich einig, dass die konjunkturelle Lage angespannt ist.

Traditionell startet die Herbstlohnrunde der Metaller mit der Übergabe der Gewerkschaftsforderungen in der Wirtschaftskammer, gefolgt von Gesprächen mit dem Fachverband Metalltechnische Industrie (FMTI). Rund 190.000 Beschäftigte sind betroffen. Für die Arbeitnehmerseite verhandeln Reinhold Binder (PRO-GE) und Mario Ferrari (GPA). Die Arbeitgeberseite wird von FMTI-Obmann Christian Knill vertreten. Zeitgleich starten auch die Kollektivvertragsverhandlungen für etwa 55.000 Beschäftigte in 92 österreichischen Eisenbahnunternehmen. Die Gewerkschaft vida kündigte bereits an, keine Reallohnverluste hinzunehmen.

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Produktionsrückgang und Stellenabbau

„Wir haben mehr als 20 Prozent an Produktionsleistung verloren“, sagte Christian Knill, Obmann der Metalltechnischen Industrie, im ORF-Radio. Die Branche sei mit steigenden Kosten konfrontiert, zudem seien bereits 10.000 Arbeitsplätze abgebaut worden. „Unser Standort ist zu teuer und insofern gehen wir schon ganz stark davon aus, dass es heuer in den Verhandlungen um die Wettbewerbsfähigkeit geht und sozusagen um Zurückhaltung bei den Löhnen und Gehältern“, so Knill weiter. Er strebt einen Abschluss unterhalb der rollierenden Inflationsrate der vergangenen zwölf Monate von 2,8 Prozent an und verweist stattdessen auf das Inflationsziel der Europäischen Zentralbank von 2 Prozent.

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Auf Gewerkschaftsseite führen Reinhold Binder (PRO-GE) und Mario Ferrari (GPA) die Gespräche mit dem Fachverband Metalltechnische Industrie (FMTI) – sie vertreten dabei rund 190.000 Beschäftigte. Zeitgleich laufen auch im Bahnsektor Kollektivvertragsverhandlungen: Die Gewerkschaft vida verhandelt dort für etwa 55.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in 92 Unternehmen.

Als Richtschnur für die diesjährige Herbstlohnrunde dient die sogenannte rollierende Inflation – also der Durchschnitt der Inflationsraten der vergangenen zwölf Monate. Diese lag inklusive August bei 2,8 Prozent, wobei sich die Teuerung im August auf 4,1 Prozent beschleunigte. Nach dem im Jahr 2023 vereinbarten Zwei-Jahres-Abschluss, der den Beschäftigten der Metallindustrie ab November 2024 eine Lohnerhöhung von 4,8 Prozent sichert, wird heuer wieder regulär verhandelt. Die Arbeitgeberseite um FMTI-Obmann Christian Knill signalisiert dabei eine klare Präferenz für moderate Lohnabschlüsse – idealerweise mit mehrjähriger Laufzeit.

„Wir haben mehr als 20 Prozent an Produktionsleistung verloren“, sagte Christian Knill, Obmann der Metalltechnischen Industrie, im ORF-Radio.

- © APA/EVA MANHART

KV-Verhandlungen 2025: Industrievertreter fordern Nullrunde

Auch von anderer Seite wird vor einer weiteren Eskalation der Lohnkosten gewarnt. Industrievertreter verweisen auf die ohnehin hohen Energiepreise, die steigenden Lohnstückkosten und die schwache internationale Wettbewerbsfähigkeit. Einige Unternehmen schließen sogar Nullrunden nicht aus, um die Kostensteigerungen einzudämmen. Gleichzeitig betont die Arbeitgeberseite, dass es angesichts der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen kaum Spielraum für deutliche Gehaltserhöhungen gebe. Damit zeichnen sich bereits zum Auftakt der Herbstlohnrunde harte Auseinandersetzungen ab: Während die Gewerkschaften die Kaufkraft sichern wollen, pochen die Arbeitgeber auf Zurückhaltung, um den Standort nicht weiter zu gefährden.

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Die Produktivität sei in den letzten Jahren rückläufig gewesen, trotzdem seien die Löhne teils über die Inflationsrate hinaus gestiegen, so Stephan Zöchling, Geschäftsführer des steirischen Autozulieferers Remus: „Wir haben in der Metallindustrie über 28 Prozent Lohnsteigerungen gehabt in den letzten Jahren.“ Das sei für den Standort nicht mehr tragbar.

KV-Abschlüsse , Lohnerhöhung und maßgebliche Inflation seit 2018

- © APA

Österreich verliert preisliche Wettbewerbsfähigkeit: Löhne steigen schneller als Produktivität

„Wer Wettbewerbsfähigkeit sichern will, muss die Energiekosten senken“, betont Momentum-Chefökonom Oliver Picek. Eine Zurückhaltung bei den Löhnen lehnt er klar ab: „Lohnzurückhaltung ist keine Lösung, sie würde die Nachfrage zusätzlich schwächen und die Rezession verschärfen.“

Anders sieht das Jan Kluge, Ökonom bei Agenda Austria. Auf der Plattform „X“ wies er darauf hin: „In Österreich sind die Löhne in den letzten Jahren deutlich stärker gestiegen als im Euroraum, doch die Produktivität stagniert seit Jahren.“ Laut der sogenannten Benya-Formel sollten Löhne nur in dem Ausmaß steigen, in dem auch Inflation und Produktivität zunehmen – letzteres sei „quasi nicht vorhanden“. Während der Tariflohnindex im Euroraum seit 2020 um 17,2 Prozent gestiegen sei, habe er in Österreich ein Plus von 28 Prozent verzeichnet.

Auch Wifo-Ökonom Benjamin Bittschi bestätigte in der „ZiB 1“, dass die Löhne in Österreich im Vergleich zu westeuropäischen Handelspartnern überdurchschnittlich stark gestiegen seien: „Von dem her haben wir im Bereich der preislichen Wettbewerbsfähigkeit, also bezogen auf die Löhne, doch gegenüber diesen Handelspartnern verloren.“

Streit um Inflationsursachen: Löhne als Stabilitätsfaktor oder Risiko?

Christine Mayrhuber, ebenfalls Ökonomin beim Wifo, verwies jedoch auf die positiven Effekte des österreichischen Lohnverhandlungssystems. In der ORF-Sendung „Das Gespräch“ erklärte sie, dass dieses System nicht nur zur Wohlstandsentwicklung beigetragen, sondern auch die Beschäftigung erhöht und die Arbeitslosigkeit gesenkt habe. Die These, dass hohe Löhne die Inflation angeheizt hätten, relativierte sie: „Wir haben in Österreich ein System, wo die Lohnrunde immer die vergangene Inflation berücksichtigt, das heißt, die Löhne gehen der Inflation nach.“

Roman Hebenstreit, Vorsitzender der Gewerkschaft vida, kritisierte in einer TV-Diskussion die wirtschaftspolitische Vergangenheit: „Wir sind in einer veritablen Krise gelandet aufgrund des Versagens der vergangenen Regierung, die Inflation entsprechend zu bekämpfen.“ Für einen Aufschwung sei die Stärkung der Kaufkraft entscheidend, denn mehr als 50 Prozent der Nachfrage kämen aus dem Konsum. Der Beitrag der öffentlichen Hand liege bei rund 25 Prozent, jener der Unternehmensinvestitionen bei 20 Prozent, und nur etwa 5 Prozent entfielen auf den Exportüberschuss. Hebenstreit betonte: „Die Löhne seien sicher kein Inflationstreiber.“

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