KTM Sanierung : KTM-Comeback: Neue X-Bow-Eigentümer und volle Produktion in Mattighofen

Der KTM X-Bow nun unter belgischer Führung

Neues Kapitel für den KTM X-Bow: Unter der Führung der belgischen Unternehmerfamilie De Mevius soll der österreichische Supersportwagen künftig weiter ausgebaut und international positioniert werden.

- © KTM

Neue Eigentümer für den X-Bow

Der X-Bow, seit 2008 in Graz produzierter Sportwagen von KTM, bekommt neue Eigentümer. Wartung und Präsentation erfolgen weiterhin in Thalheim bei Wels, doch nach der Sanierung des Motorradherstellers im Mai hat KTM-Chef Gottfried Neumeister den Ausstieg aus dem vierrädrigen Geschäft angekündigt. Nun steht fest: Die KTM Sportcar GmbH in Mattighofen wird von einer internationalen Investorengruppe übernommen.

Die Verträge sind unterzeichnet, die behördlichen Genehmigungen laufen. Angeführt wird die Käufergruppe, wie die Oberösterreichischen Nachrichten berichten, von der belgischen Unternehmerfamilie De Mevius – Mitgründer des weltgrößten Brauereikonzerns AB Inbev. Frederic und Gregoire de Mevius gehören der neunten Generation an: Frederic gründete die Investmentgesellschaften Verlinvest und Planet First Partners, Gregoire war erfolgreicher Rallyefahrer. Motorsport liegt der Familie im Blut – auch die nächste Generation ist aktiv.

KTM bestätigt: „Die Familie De Mevius ist federführend in den Gesprächen. Der Prozess läuft planmäßig. De Mevius hat die relevanten Investoren sorgfältig ausgewählt und die Investorengruppe entsprechend zusammengestellt.“ Namen weiterer Investoren werden nicht genannt; dem Vernehmen nach stammen sie aus der Motorsport- und Unternehmer-Szene im In- und Ausland.

Zum Kaufpreis gibt es keine offiziellen Angaben, Branchenkreise sprechen von rund zehn Millionen Euro. Die KTM Sportcar GmbH beschäftigt 30 Mitarbeiter, fertigt und verkauft etwa 100 straßenzugelassene Fahrzeuge pro Jahr. Das Topmodell X-Bow GT-XR mit 500 PS kostete bei seiner Markteinführung vor drei Jahren knapp 300.000 Euro netto. Geleitet wird das Unternehmen seit 2014 von Michael Wölfling, seit 2025 ergänzt durch Rene Forstner.

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Zurück auf der Linie: Ende Juli nahm KTM nach monatelangem Stillstand die Produktion in Mattighofen und Munderfing wieder im Vollbetrieb auf – Startsignal für den Neustart des Traditionsherstellers.

- © KTM

Vollbetrieb nach Produktionsstopp

Parallel dazu hat KTM nach einer mehrmonatigen Pause Ende Juli die Motorradfertigung in den Werken Mattighofen und Munderfing (Bezirk Braunau) wieder aufgenommen. Rund 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in den regulären Betrieb zurückgekehrt, die Personalsuche läuft auf Hochtouren.

Die Wiederaufnahme markiert das Ende einer turbulenten Phase: Nur wenige Wochen nach den Insolvenzanträgen der KTM AG, KTM Components GmbH und der KTM Forschungs- und Entwicklungs GmbH im Jahr 2024 war die Motorradproduktion für drei Monate gestoppt worden. Nach erfolgreicher Sanierung folgte ein weiterer Stillstand – ausgelöst durch Lieferengpässe. Während der 90-tägigen Verfahrensdauer durften keine neuen Verpflichtungen eingegangen werden, was zu einem Mangel an Bauteilen führte. Erst nach Behebung dieser Probleme konnten die Werke wieder hochgefahren werden.

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Lieferketten stabil – Absatz über Erwartungen

Mittlerweile sind die Lieferketten wieder vollständig reaktiviert. Der Lagerabverkauf verlief besser als prognostiziert. Für das erste Halbjahr 2025 zieht CEO Neumeister eine positive Zwischenbilanz: Mit weltweit 100.391 an Endkund:innen verkauften Motorrädern sieht er KTM „wieder auf Erfolgskurs“. Zusätzlich gingen 50.286 Fahrzeuge an Händler und Importeure.

„Ein besonderer Dank gilt unseren Mitarbeitenden, die mit großem Einsatz, Flexibilität und Zusammenhalt wesentlich dazu beigetragen haben, dass dieser Neustart möglich ist“, so Neumeister. „Ihr Engagement in einer der herausforderndsten Phasen war und ist ein zentraler Erfolgsfaktor für die weitere Entwicklung des Unternehmens.“

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KTM zieht Halbjahresbilanz – stabile Nachfrage und neue Wachstumsimpulse

Parallel kündigte das Unternehmen neue Stellen in Mattighofen und internationalen Niederlassungen an. Zudem starten mehrere Strukturprojekte: Ein „Dealer Excellence Center“ soll das Händlernetz stärken, ein 15-köpfiger Kundenbeirat („Orange Board“) die direkte Verbindung zur Kundschaft sichern.

CEO Gottfried Neumeister setzt seit Amtsantritt auf Kontinuität statt Schnellschüsse: Er konsolidiert Strukturen in Vertrieb, Kundenbindung und Produktion, ersetzt vage Ankündigungen durch belastbare Zwischenberichte und arbeitet den im Sanierungsverfahren vereinbarten Maßnahmenplan Schritt für Schritt ab.

KTM startet Joboffensive – Personalaufbau nach Krisenabbau

Die im Juli 2025 vorgestellten Pläne markieren einen klaren Kurswechsel in der Personalpolitik der KTM AG. Nach drastischen Einschnitten in der Krise 2024 – rund 500 gestrichene Stellen in Mattighofen sowie ein erneuter Abbau von etwa 300 Vollzeitjobs zu Jahresbeginn – setzt CEO Gottfried Neumeister nun auf gezielten Aufbau statt Kürzungen.

Mit der stabilisierten Produktion und der Rückkehr zum Normalbetrieb sollen neue Arbeitsplätze entstehen – sowohl in den Stammwerken als auch in internationalen Niederlassungen. Schwerpunkte sind die Sicherung von Kernkompetenzen, die Rückgewinnung erfahrener Fachkräfte und zusätzliche Kapazitäten im Kundenservice sowie im Händlernetz.

Der Schritt folgt auf den erfolgreichen Abschluss des gerichtlichen Sanierungsverfahrens und eine Finanzspritze von 800 Millionen Euro durch Großaktionär Bajaj. Neumeisters Botschaft ist klar: Statt kurzfristigem Sparkurs setzt KTM auf eine langfristige, strukturelle Erholung – und verbindet Stabilität mit Wachstum.

Führungswechsel an der KTM-Spitze: Nach dem Rückzug von Stefan Pierer übernahm Gottfried Neumeister Anfang 2025 die Führung – und leitete den Neustart des Unternehmens ein.

- © Tschann E./KTM

Zurück im Vollzeit-Normalbetrieb

In allen Produktionsbereichen arbeitet KTM wieder im Vollzeitbetrieb – Tagschicht, fünf Tage pro Woche. Die seit 1. Mai geltende Betriebsvereinbarung mit Gehaltseinbußen endete planmäßig mit Ablauf des Juli. Eine Sommerpause ist nicht vorgesehen; die Fertigung soll ohne Unterbrechung bis zur regulären Weihnachtspause weiterlaufen.

„Der Wiederanlauf ist ein wichtiger Schritt – organisatorisch, aber auch emotional“, betont Jakob Kohlmayer, Senior Vice President Production. „Unsere Teams haben in den vergangenen Monaten Außergewöhnliches geleistet. Es ist erfreulich, dass wir nun wieder in voller Breite und mit einer hochmotivierten Mannschaft produzieren können – mit klarem Fokus auf hohe Qualität.“

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Fokus auf neue Modellgenerationen

Aktuell liegt der Produktionsschwerpunkt auf der Offroad-Serie, insbesondere auf den neuen Modellen der Kategorien MX und Enduro Competition. Parallel startet die Fertigung der neuen LC4-Plattform – darunter die KTM 690 ENDURO R, die KTM 690 SMC R sowie die Husqvarna 701 Enduro und 701 Supermoto.

Video: Mythos Mattighofen – Aufbruch in eine neue Ära

Mit dem 28. Juli, dem Datum des Vollbetriebsstarts, beginnt für KTM eine neue Etappe. Finanzielle Stabilität ist hergestellt, sämtliche Gläubiger sind ausbezahlt. Dennoch stellt sich die Frage, wie viel vom legendären „Mythos Mattighofen“ unter der neuen Unternehmensstruktur und der Beteiligung aus Indien erhalten bleibt.

Die jüngsten personellen und organisatorischen Veränderungen zeigen: Der Neustart ist nicht nur wirtschaftliche Erholung, sondern auch ein tiefgreifender struktureller Wandel. KTM steht damit an der Schwelle zu einer neuen Ära – mit frischem Kapital, klarer Produktstrategie und dem Anspruch, im globalen Wettbewerb wieder ganz vorne mitzufahren.