E-Auto-Krise bei Magna : Ineos stoppt Entwicklung des Elektro-Geländewagens bei Magna: 300 Arbeitsplätze in Gefahr

Die Entwicklung des Ineos Fusilier bei Magna in Graz wird gestoppt.

Die Entwicklung des Ineos Fusilier bei Magna in Graz wird gestoppt.

- © Ineos

Der britische Autohersteller Ineos hat beschlossen, die Entwicklung des geplanten Elektro-Geländewagens im Grazer Magna-Werk einzustellen und die Produktion des Fusilier, die ebenfalls in Graz stattfinden sollte, abzusagen. Dies berichtete die "Kleine Zeitung" online am Dienstag. Magna International bestätigte, dass Ineos entschieden habe, das Auftragsfertigungsprojekt in Graz zu stoppen. Man respektiere diese Entscheidung, gab jedoch keine weiteren Details bekannt. Bereits die Insolvenz des US-Herstellers Fisker hatte das Grazer Werk stark getroffen.

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Laut "Kleine Zeitung" informierte Lynn Calder, Vorstandschefin der Ineos-Autosparte, persönlich die Magna-Spitze in Graz über die Entscheidung des Konzerns. In Graz waren knapp 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seit zwei Jahren an der Entwicklung beteiligt, die nun um ihre Arbeitsplätze bangen müssen. Die geplante Produktion von bis zu 30.000 Fahrzeugen pro Jahr hätte etwa 2.000 Arbeitsplätze gesichert. Neben dem Stopp der Entwicklung des Elektro-Geländewagens wurde auch die Produktion der dritten Modellreihe abgesagt, die ab 2027 bei Magna hätte beginnen sollen.

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E-Auto-Krise als Grund für Entwicklungs-Stopp

Der Chef von Magna Steyr, Roland Prettner, bestätigte der Zeitung auf Anfrage die Entscheidung: „Wir sind von Ineos über ihre Entscheidung informiert, respektieren diese und besprechen mit dem Kunden die erforderlichen nächsten Schritte.“ Bei Magna Steyr arbeite man nun "aktiv mit bestehenden und potenziellen neuen Kunden an mehreren Projekten".

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Der Rückzug wurde durch den Business-Case, die Prognosen und die zweifelhafte Rentabilität bedingt, die zuletzt gegen den Bau des elektrischen Ineos gesprochen hatten. Die Flaute auf dem Elektroauto-Markt habe ebenfalls zur Entscheidung beigetragen. Der Fusillier, als Einstiegsmodell von Ineos gedacht und erst vor wenigen Wochen in London präsentiert, werde laut der Zeitung vorerst auf Eis gelegt. Offenbar wolle man sich vorerst auf den globalen Absatz der Modelle Grenadier und Quartermaster konzentrieren, um die Marke am Markt zu stärken.

Von Magna International hieß es auf Anfrage: "Trotz dieses Rückschlags sind wir aktiv mit bestehenden und potenziellen Kunden im Gespräch, um neue Geschäftsmöglichkeiten zu verfolgen. Als einer der größten Auftragsfertiger haben wir Vertrauen in unsere Fähigkeiten und Expertise und sind optimistisch, neue Projekte zu sichern."

Junge Auto-Marke aus London

In einer Unternehmensmitteilung im Januar erklärte Ineos, dass die Entwicklung des Elektro-Geländewagens in Zusammenarbeit mit Magna voranschreite und das Fahrzeug im Werk in Graz produziert werden solle. Ein Sprecher von Magna bestätigte damals auf Anfrage, dass der "Fusilier" in Graz in Kooperation mit Ineos entwickelt werde. Die angeblich geplante Produktion von 30.000 bis 50.000 Stück ab 2027 wurde jedoch schon zu Beginn des Jahres als "Spekulation" bezeichnet und wurde von Magna nicht bestätigt. Eine Anfrage bei Ineos blieb unbeantwortet.

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Ineos ist eine junge Automarke aus London, bekannt durch den Geländewagen "Grenadier". Gründer Jim Ratcliffe, dem auch mehrere Fußballklubs und ein Drittel des Mercedes-Formel-1-Rennstalls gehören, präsentierte am Freitag in London die dritte Modellreihe von Ineos: Der "Fusilier" soll eine erstklassige Geländetauglichkeit bieten, ohne auf Straßenkomfort zu verzichten, und sowohl emissionsfreie als auch emissionsarme Antriebsoptionen ermöglichen.

Bei der Vorstellung durch Ratcliffe wurde klargestellt, dass neben dem rein batterieelektrischen Antrieb (BEV) auch ein emissionsarmer Antrieb mit elektrischem Range-Extender entwickelt wird. Diese Option beinhaltet einen kleinen Benzinmotor, der einen Generator antreibt, um die Batterie aufzuladen, wenn keine externe Lademöglichkeit vorhanden ist. Details zum alternativen Antrieb sowie der Zeitplan für die Markteinführung sollten im Herbst 2024 bekannt gegeben werden.

Laut der Mitteilung sollte Magna das Fahrzeug in Graz fertigen. Der neue Geländewagen basiert auf dem "Grenadier", ist jedoch etwas kürzer und niedriger. Er wird auf einer speziellen Skateboard-Plattform mit Stahlunterbau sowie Türen und Verkleidungsblechen aus Aluminium gebaut. „Im Rahmen des Entwicklungsprozesses wird der neue Ineos Fusilier einem rigorosen Testprogramm am Schöckl in Österreich unterzogen“, erklärte das Unternehmen weiter.

Ineos-Gründer Jim Ratcliffe
Ineos-Gründer Jim Ratcliffe - © Ineos Group
Systemproblem E-Auto: Zulieferer unter Druck Der schleppende Hochlauf der Elektromobilität bringt die Zulieferindustrie in Österreich und Deutschland zunehmend in Schwierigkeiten. Von großen System- und Modulzulieferern wie Bosch, Continental oder Mahle bis hin zu den kleinen, hochspezialisierten Komponenten- oder Teile-Lieferanten: Die deutlich geringeren Abrufzahlen der Markenhersteller führen zu Leerlauf, Umsatzrückgängen und bringen Amortisationspläne in Gefahr. Weil man zwischen OEMs und Zulieferern einfach die alten Rahmenverträge aus Verbrenner-Zeiten übernommen hat, als Abrufzahlen planbarer und drastisch Rahmenveränderungen nicht geregelt waren, ist derzeit in vielen Unternehmen unklar, wer auf den Millionenkosten sitzen bleibt.