Energiewende in der Industrie : Europäische Industrie fordert stärkere Unterstützung der EU für energieintensive Unternehmen

windrad neben kleinem haus

Die bestehende EU-Klimapolitik soll aus Sicht der Industrie durch einen Industriedeal und günstige Windenergie gestärkt werden.

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Mehrere bedeutende europäische Industrieverbände fordern von der EU verstärkte Unterstützungsmaßnahmen für energieintensive Unternehmen. Laut einer am Dienstag veröffentlichten Stellungnahme müsse die aktuelle EU-Klimapolitik aus Sicht der Industrie durch einen Industriedeal und kostengünstige Windenergie verbessert werden.

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Die Erklärung wird von den europäischen Verbänden der Chemieindustrie (Cefic), der Zementhersteller (Cembureau), der Stahlindustrie (Eurofer), der Windkraftunternehmen (WindEurope) und dem Verband Eurometaux, der Nichteisenmetallerzeuger und -recycler vereint, unterstützt.

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Windenergie deckt 20 Prozent des Stromverbrauchs in Europa

"Die Windenergie deckt bereits 20 Prozent des Stromverbrauchs in Europa und ist daher eine strategische Ressource für die europäische Industrie", so die Stellungnahme. Insbesondere die Stahlindustrie benötige große Mengen klimafreundlichen Stroms, um grünen Stahl zu produzieren. Cefic erklärte: "Die europäische Windbranche als Partner zu haben, wird ein entscheidendes Element für jede energieintensive Industrie sein."

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Weiterhin wird in der gemeinsamen Stellungnahme betont, dass eine energie- und stromintensive Industrie notwendig sei, um den massiven Ausbau der erneuerbaren Energien zu fördern. Ziel müsse es sein, Materialien und Ausrüstungen für die Energieinfrastruktur in Europa zu produzieren, wofür unter anderem der Zugang zu Rohstoffen erforderlich sei. "Die derzeitige Politik bietet noch keine Rahmenbedingungen, die Europa dabei helfen, diese Anforderungen zu erfüllen."

Um die EU-Ziele für erneuerbare Energien zu erreichen, muss die Windkraft in der Union erheblich ausgebaut werden. Laut EU-Kommission müssen die Kapazitäten mehr als verdoppelt werden: Bis 2030 sind über 500 Gigawatt installierte Leistung erforderlich. Ende 2023 waren laut WindEurope 221 Gigawatt installiert. Um den Ausbau der Windkraft zu beschleunigen, hat die Kommission im Oktober ein Windkraftpaket vorgestellt.

Dieses sieht unter anderem vor, die nationalen Genehmigungsverfahren stärker zu digitalisieren und finanzielle Hilfen für die Schulung von Behörden bereitzustellen. Derzeit dauert es europaweit mehrere Jahre von der Beantragung bis zum Bau von Windrädern. Bis 2030 sollen erneuerbare Energien 42,5 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs in der EU ausmachen.

Warum ist Windenergie kostengünstiger als andere Energieträger?

Ein wesentlicher Grund für die günstigen Kosten der Windenergie sind die enormen technologischen Fortschritte, die in den letzten Jahren erzielt wurden. Moderne Windturbinen sind effizienter, leistungsstärker und langlebiger als ihre Vorgängermodelle. Laut einer Studie der International Renewable Energy Agency (IRENA) sind die Kosten für Windenergie an Land zwischen 2010 und 2020 um 56 Prozent gesunken. Die durchschnittlichen Kosten für die Erzeugung von Windenergie an Land lagen 2020 bei etwa 39 US-Dollar pro Megawattstunde (MWh). In Deutschland betrugen die durchschnittlichen Stromgestehungskosten (Levelized Cost of Electricity, LCOE) für neue Onshore-Windkraftanlagen im Jahr 2020 etwa 45,3 Euro pro Megawattstunde (MWh). In Italien lagen diese Kosten bei etwa 46,3 Euro pro MWh und in Spanien sogar noch niedriger bei 31,7 Euro pro MWh​​​​.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Skaleneffekt. Die Windkraftindustrie hat sich zu einer globalen Branche entwickelt, die von massiven Produktionskapazitäten und einer effizienten Lieferkette profitiert. Große Produktionsvolumina führen zu niedrigeren Stückkosten für Turbinen und Komponenten. Dies zeigt sich auch in den globalen Installationszahlen: Allein im Jahr 2020 wurden weltweit Windkraftanlagen mit einer Gesamtkapazität von rund 93 Gigawatt (GW) neu installiert, was einem Zuwachs von 53 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht, so der Global Wind Energy Council (GWEC). Bis 2030 werden durchschnittlich 180 GW jährlicher Neuzugänge benötigt, um den globalen Temperaturanstieg auf unter 2 °C zu begrenzen und den Weg zu einem Netto-Null-Emissionsziel bis 2050 zu ebnen​​.

Im Vergleich zu fossilen Brennstoffen hat Windkraft den Vorteil niedriger Betriebskosten. Während Kohle- und Gaskraftwerke kontinuierlich Brennstoffe einkaufen müssen, um Energie zu erzeugen, benötigt eine Windkraftanlage nach der Installation keine weiteren Rohstoffkäufe. Die Betriebskosten beschränken sich hauptsächlich auf Wartung und Instandhaltung, die im Vergleich zu den Brennstoffkosten bei konventionellen Kraftwerken relativ gering sind. IRENA schätzt, dass die Betriebskosten für Windenergie an Land etwa 20 bis 30 Prozent der Gesamtkosten ausmachen.

Windkraft ist zu einem wichtigen Teil im Energiemix der Zukunft geworden. Denn Wind weht meist, wenn die Sonne nicht scheint und am stärksten im Winter, wenn auch Wasserkraftwerke weniger Strom produzieren. In der EU sind deshalb 2023 so viele Windkraftanlagen neu gebaut worden wie noch nie zuvor. Und die Auftragsbücher der großen Windanlagen- und Turbinenbauer sind randvoll. Perfekte wirtschaftliche Rahmenbedingungen für Hersteller von Windanlagen, sollte man meinen. Doch fast alle europäischen Hersteller schreiben seit Jahren tiefrote Zahlen. Die zur deutschen Siemens-Gruppe gehörende spanische Gamesa, einer der größten Hersteller der Welt musste im Vorjahr sogar mit Staatsgarantien vor dem Untergang bewahrt werden. Warum verdient die Branche angesichts dieser nahezu perfekten Marktbedingungen eigentlich kein Geld?

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