E-Autos aus China : EU-Kommission verzichtet auf rückwirkende Anti-Dumping-Zölle für China-Elektroautos

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E-Auto-Produktion in einer Fabrik in China

- © Unique Vision - stock.adobe.com

Die von der EU geplanten Anti-Dumping-Zölle auf in China hergestellte Elektrofahrzeuge werden nicht rückwirkend gelten und erst nach einer endgültigen Entscheidung im Herbst in Kraft treten. Diese Ankündigung machte die EU-Kommission am Dienstag in Brüssel, nachdem eine rechtliche Überprüfung durchgeführt worden war. Eine rückwirkende Einführung der Zölle ab dem 7. März 2024, die zuvor im Gespräch war, wurde somit verworfen.

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Ein Vertreter der Kommission räumte ein, dass betroffene Automobilhersteller die verbleibende Zeit bis Herbst nutzen könnten, um möglichst viele Fahrzeuge zollfrei nach Europa zu exportieren. Dies sei jedoch ein zeitaufwändiger Prozess, und es sei möglich, dass die Maßnahmen bereits vor Ende Oktober von den EU-Staaten genehmigt würden.

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Höhe der Strafzölle wurde angepasst

Außerdem gab die EU-Kommission bekannt, dass die Höhe der geplanten Strafzölle geringfügig angepasst wurde. Tesla, der amerikanische Automobilhersteller, erhält einen gesonderten Zollsatz von 9 Prozent. "Mit den heute vorgestellten Anpassungen der geplanten Maßnahmen werden die Anmerkungen der betroffenen Parteien berücksichtigt," erklärte die Brüsseler Behörde in einer Pressemitteilung.

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Die Strafzölle werden in Abhängigkeit von der Höhe der Subventionen, die die jeweiligen Autohersteller erhalten, berechnet: Für BYD wurde der Zollsatz auf 17,0 Prozent festgelegt (zuvor waren 17,4 Prozent angekündigt worden), für Geely (Volvo-Pkw; Anm.) auf 19,3 Prozent (davor 19,9 Prozent) und für den staatlichen chinesischen Volkswagen-Partner SAIC auf 36,3 Prozent (zuvor 37,6 Prozent). Andere Hersteller, die mit der EU bei der Untersuchung kooperiert haben, sollen einem durchschnittlichen Zollsatz von 21,3 Prozent (statt zuvor 20,8 Prozent) unterliegen. Für Hersteller, die nicht kooperiert haben, wird ein Zollsatz von 36,3 Prozent (vorher 37,6 Prozent) festgesetzt.

Zölle würden für fünf Jahre gelten

Tesla hatte bei der EU-Kommission eine spezielle Berechnung angefordert, die die Subventionen berücksichtigt, die der US-Hersteller in China erhält. Laut der Nachrichtenagentur Reuters fertigt Tesla sein Model 3 kostengünstig in China und exportiert es nach Europa. Ein eventueller Strafzoll würde jedoch nur auf in China hergestellte Modelle angewendet.

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Die EU-Kommission hatte bereits zuvor argumentiert, dass Peking den Herstellern von Elektroautos unfaire Subventionen gewähre und damit den Wettbewerb verzerren würde. Mögliche Strafzölle würden zusätzlich zu den bereits bestehenden 10-Prozent-Importzöllen auf Elektrofahrzeuge erhoben werden. Bevor die Zölle jedoch in Kraft treten können, müssen die EU-Mitgliedstaaten darüber abstimmen. Dabei ist eine qualifizierte Mehrheit erforderlich, wobei mindestens 55 Prozent der Länder, die zusammen mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren, gegen die Zölle stimmen müssen, damit sie blockiert werden können. Andernfalls könnten die Zölle in Kraft treten, was voraussichtlich bis spätestens Ende Oktober geschehen wird, und sie würden zunächst für einen Zeitraum von fünf Jahren gelten.

Europas Auto-Industrie lehnt Zölle ab

Die europäische Autoindustrie steht den Strafzöllen auf chinesische E-Autos größtenteils skeptisch gegenüber. Besonders die deutschen Autobauer wie BMW, Mercedes und Volkswagen zeigen sich besorgt, da sie stark auf den chinesischen Markt angewiesen sind und Vergeltungsmaßnahmen aus Peking befürchten. Führungskräfte dieser Unternehmen warnten vor möglichen Zöllen auf chinesische Fahrzeuge, die den Handel belasten könnten. BMW-Chef Oliver Zipse kommentierte die Zollankündigung der EU-Kommission mit den Worten: „Die Entscheidung für zusätzliche Importzölle sei der falsche Weg. Die EU-Kommission schadet damit europäischen Unternehmen und europäischen Interessen.“ Protektionismus berge die Gefahr, eine Spirale von Zöllen und Gegenmaßnahmen auszulösen.

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Nach Einschätzungen von HSBC erwirtschaften die deutschen Automobilhersteller 20 bis 23 Prozent ihrer globalen Gewinne in China. Zudem werden viele Fahrzeuge, die in die EU importiert werden, von europäischen Herstellern in China produziert. Obwohl China die EU wegen der Anti-Subventionsuntersuchung kritisierte und zur Zusammenarbeit aufrief, bleibt offen, wie Peking letztlich reagieren wird.

Laut einer Umfrage unter chinesischen Elektroautoherstellern nimmt das Interesse am europäischen Markt ab. Vier von fünf Befragten gaben in einer Erhebung der chinesischen Handelskammer, durchgeführt im April und Mai, an, dass ihr Vertrauen durch die Zolluntersuchung der EU-Kommission erheblich gelitten habe. Fast drei Viertel berichteten sogar von rückläufigen Geschäften aufgrund dieser Untersuchung. Trotz dieser Herausforderungen betrachten die meisten Unternehmen Europa weiterhin als strategisch wichtigen Markt und planen, in den nächsten fünf Jahren Produktionsstätten in der Region zu errichten.

BMW-Chef Oliver Zipse
BMW-Chef Oliver Zipse - © BMW

Laut dem europäischen Statistikamt exportierte die EU im Jahr 2023 Autos im Wert von 19,4 Milliarden Euro nach China, wobei besonders profitträchtige Verbrennermodelle mit großen Motoren im Fokus standen. Allein seit Jahresbeginn wurden Fahrzeuge mit einem Hubraum von über 2,5 Litern im Wert von 1,2 Milliarden Dollar aus Deutschland nach China exportiert, wie chinesische Einfuhrdaten zeigen. Die Importe von Fahrzeugen aus China beliefen sich 2023 auf insgesamt 9,7 Milliarden Euro. Für die deutschen Automobilhersteller bleibt China der wichtigste Einzelmarkt, auf den etwa ein Drittel ihres Umsatzes entfällt.

Das renommierte Wall Street Journal brachte es zuletzt in recht einfachen Worten auf den Punkt: China produziert zu viel. Und das beginnt, andere Industrienationen jetzt ernsthaft Sorge zu bereiten. Auch wenn die chinesische Überproduktion seit vielen Jahren immer wieder für Turbulenzen sorgte - oft zitiert wird da etwa die Solarindustrie, die Deutschland entwickelte und die völlig von China übernommen wurde – noch nie haben so viele Branchen zugleich über chinesische Dumpingpraktiken geklagt. Das hat einen Grund: Die Chinesische Volkswirtschaft steckt in einer Konjunkturkrise. Auch wenn die offiziellen Zahlen für 2023 ein Wirtschaftswachstum von rund 5 Prozent ausweisen – tatsächlich dürfte die Wirtschaft in China im Vorjahr nur um rund 1,5 bis drei Prozent gewachsen sein, wie Ökonomen aus einer Vielzahl von Indikatoren errechnen. Hinzu kommt, dass das Geschäftsmodell der chinesischen Volkswirtschaft, das in den vergangenen fünfzehn Jahren für massives Wachstum gesorgt hat, sein Ende erreicht hat: China sucht nach einem neuen Wachstumspfad. Und der dürfte, so die Befürchtungen, im noch stärkeren Export liegen.