DHL Versand USA : DHL-Testlauf: Überraschende Wende beim USA-Versand für Geschäftskunden

Schkeuditz, Germany - 29th May, 2022 - Many courier van against cargo planes parked on Leipzig Halle airport terminal apron for loading distribution. DHL air mail express fast logistic hub terminal.

Der Logistikkonzern DHL erprobt derzeit die Wiederaufnahme des Warenversands in die Vereinigten Staaten für Geschäftskunden.

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Der Bonner Logistikkonzern DHL erprobt derzeit die Wiederaufnahme des Warenversands in die Vereinigten Staaten für Geschäftskunden. Wie das Handelsblatt berichtet, wurden bereits erste Sendungen verschickt. „Erste Testsendungen sind bereits verschickt worden“, bestätigte ein Unternehmenssprecher auf Anfrage. „Wir sind zuversichtlich, dass wir den Warenversand für Geschäftskunden zeitnah wieder anbieten können.“

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Vor rund zwei Wochen hatte DHL den Versand in die USA stark eingeschränkt. Seitdem ist es Geschäftskunden nicht mehr möglich, über die Deutsche Post oder DHL Pakete beziehungsweise die sogenannte Warenpost International in die Vereinigten Staaten zu versenden. Privatkunden dürfen nur noch Pakete verschicken, sofern sie als Geschenk deklariert sind und einen Warenwert von unter 100 Dollar (etwa 85 Euro) nicht überschreiten. Hochwertigere Produkte werden aktuell ausschließlich über den kostenintensiveren Expressversand akzeptiert.

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Trump-Verordnung kippt Zollfreigrenze: Neue Gebühren treffen EU-Sendungen hart

Auslöser für die Einschränkungen ist eine Verordnung von US-Präsident Donald Trump. Ende August hob er die bisher geltende Zollfreigrenze für geringwertige Sendungen auf. Bis dahin galt die sogenannte De-minimis-Regel, nach der Einfuhren unter einem Wert von 800 Dollar zollfrei waren.

Die neue Regelung sieht nun vor, dass auch auf geringwertige Importe länderspezifische Zölle erhoben werden – bei Sendungen aus der EU mindestens 15 Prozent. Alternativ können Versender für einen Übergangszeitraum von sechs Monaten eine Pauschale zwischen 80 und 200 Dollar entrichten.

US-Präsident Donald Trump hob Ende August die bisher geltende Zollfreigrenze für geringwertige Sendungen auf

- © Jeffrey Phelps / AP / picturedesk.com

Zoll-Schock weltweit: Versandvolumen bricht ein – Postdienste ringen um Lösungen

Für internationale Post- und Paketdienstleister bedeutet die Neuregelung einen erheblichen Mehraufwand. Laut Post Europ ist bislang unklar geblieben, wie genau die Zollerhebung erfolgen und welche Daten übermittelt werden müssen. Die US-Behörden verlangen, dass die Versender die Abgaben entweder selbst berechnen oder Dritte damit beauftragen.

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Dem Weltpostverein zufolge haben bereits 88 Postunternehmen weltweit einige oder alle USA-Dienste vorübergehend eingestellt. Am Tag des Inkrafttretens der neuen Regelung sank das Sendungsvolumen um 81 Prozent im Vergleich zur Vorwoche. DHL betont, man arbeite an Anpassungen: „Die notwendigen Prozess- und Produktanpassungen verlaufen bisher vielversprechend“, so der Unternehmenssprecher. Der kommerzielle Versand über DHL Express sei weiterhin uneingeschränkt möglich.

Auch der Weltpostverein hat ein Tool entwickelt, das seit kurzem verfügbar ist. Es ermöglicht die automatische Berechnung und Abführung der Zölle. Generaldirektor Masahiko Metoki erklärte gegenüber dem Handelsblatt, man wolle damit sicherstellen, „dass die Post wieder in die Vereinigten Staaten transportiert wird“.

Zoll-Offensive scheitert vorerst: Schmuggel-Vorwurf und Milliardenziel verfehlt

Offiziell will die US-Regierung mit der Maßnahme den Schmuggel von Drogen und gefälschten Produkten eindämmen. Laut der Zoll- und Grenzschutzbehörde CBP entfielen im Geschäftsjahr 2024 rund 98 Prozent der beschlagnahmten Betäubungsmittel auf De-minimis-Sendungen. Gleichzeitig verspricht sich die Regierung deutliche Mehreinnahmen. Jährlich sollen mindestens zehn Milliarden Dollar durch die Zölle generiert werden.

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Bislang jedoch bleibt der erwartete Geldsegen aus. Aufgrund der Versandstopps fehlen den Behörden schlichtweg die Sendungen, auf die Zölle erhoben werden könnten. Peter Navarro, Trumps wirtschaftspolitischer Berater, äußerte scharfe Kritik an der Branche: Die Postunternehmen müssten sich „endlich zusammenreißen, wenn es darum geht, die Nutzung internationaler Postsendungen für Schmuggel- und Zollhinterziehungszwecke zu kontrollieren“.

CBP-Kommissarin Susan Thomas zeigte ebenfalls wenig Verständnis: Internationale Versanddienstleister hätten „klare Zeitpläne, detaillierte Anleitungen und mehrere Optionen zur Einhaltung“ erhalten. Die Umsetzung sei lange geplant gewesen, man sei voll vorbereitet.

Logistik im Ausnahmezustand: Milliarden-Sendungen bringen Behörden und Dienstleister an die Grenze

Branchenvertreter widersprechen. Viele technische Details seien erst kurz vor Inkrafttreten bekannt geworden, so Post Europ. Die notwendige Zeit zur Vorbereitung sei „extrem kurz“ gewesen, auch zentrale Prozesse wie Datenübermittlung und Zollberechnung seien nicht klar geregelt worden.

Der US-Lieferkettenexperte Robert Handfield sieht die US-Behörden strukturell überfordert. „Angesichts der Menge an Paketen mit einem Wert von unter 800 Dollar“ sei eine effektive Kontrolle kaum möglich. Der Professor vom Poole College of Management sagte dem Handelsblatt: „Das sind schließlich Milliarden von Paketen.“

Tatsächlich wurden im vergangenen Jahr laut offiziellen Angaben mehr als 1,3 Milliarden solcher Sendungen in die USA importiert – rund vier Millionen täglich, etwa zehnmal so viele wie 2015. Der bürokratische Mehraufwand überfordere Postdienstleister weltweit. Viele weigerten sich, den damit verbundenen „Papierkram“ zu übernehmen, so Handfield.

Kostenexplosion trifft Verbraucher: Kleine Händler fürchten Insolvenzwelle

Für Konsumenten steigen die Preise deutlich. Laut Berechnungen des Logistikunternehmens Flavorcloud würden etwa Baumwollslipper aus China (30 Dollar) um 51 Prozent teurer, ein japanisches Küchenmesser (240 Dollar) um 24 Prozent. „Die Abschaffung der De-minimis-Regelung hat verheerende Auswirkungen auf kleine Unternehmen sowohl außerhalb als auch innerhalb der USA“, warnt Handfield. Viele Firmen seien auf den Versand kleiner Pakete angewiesen. „Ich gehe davon aus, dass dies zu einer Welle von Insolvenzen führen wird.“

Ein Beispiel: Der britische Textilhändler Wool Warehouse hat die Lieferungen in die USA ausgesetzt. Zwar hoffe man auf eine baldige Wiederaufnahme, doch es sei fraglich, „dass viele Menschen bereit sein werden, eine zusätzliche Gebühr von 50 Prozent zu zahlen“, so das Unternehmen gegenüber dem Handelsblatt.