Defence BR ICS Military : BR ICS Military: Auf Schiene für die NATO
Zentimetergenaue Verladung von gepanzerten Fahrzeugen der US-Streitkräfte durch den auf Bahnlogistik spezialisierten Full Service Provider BR ICS Military.
- © BR ICS MilitaryAm Standort Wien-Schwechat, in unmittelbarer Nähe zum internationalen Flughafen, sitzt die Zentrale eines Unternehmens, das für zahlreiche militärische Verlegungen in Europa verantwortlich zeichnet: BR ICS Military. Der Spezialist für militärische Schienenlogistik agiert als Full-Service-Dienstleister für internationale Armeen, allen voran die US-Streitkräfte, zunehmend aber auch für europäische Partnerarmeen. „Wir verstehen uns als Militärlogistik-Dienstleister auf der Eisenbahn“, erklärt Dominik Braun, einer der beiden CEOs und Vertreter der zweiten Generation.
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Das Kerngeschäft besteht nicht im Transport selbst, sondern in der gesamten logistischen Ergänzungsleistung, die notwendig ist, um militärische Bahntransporte abzuwickeln. "Von der Planung über die Verladung bis zur Sicherung“, so Braun.
Schnittstelle Militär und Eisenbahn
Die Aufgaben von BR ICS Military beginnen in der Regel lange vor dem eigentlichen Transport. Die Armeen übermitteln Listen der Fahrzeuge und Gerätschaften, die verlegt werden sollen. Anhand dieser Daten planen die Logistiker den Einsatz der passenden Waggons, erstellen Ladepläne und koordinieren die Beladung vor Ort. „Wir wissen durch die Fahrzeugtypen genau, welche Art von Waggon benötigt wird und welche Ladungssicherungsmittel zum Einsatz kommen müssen“, sagt CEO Armin Rechberger. „Unsere Leute sind speziell dafür geschult – viele kommen selbst aus dem Militär oder aus der Eisenbahn.“ Bei einer typischen Operation werden 40 bis 50 Fahrzeuge pro Zug verladen. Für jedes davon sind mehrere Sicherungspunkte notwendig. „Da kommen schnell 200 bis 300 Spanngurte zusammen“, so Rechberger. Man stelle dafür sowohl die Mannschaft als auch das komplette Sicherungsmaterial.
Neutralität zwingt zur Internationalität.
Das Management von BR ICS Military sitzt in Österreich – doch operative Aktivitäten finden ausschließlich im Ausland statt. Der Grund dafür liegt in der österreichischen Neutralität. Rechberger erläutert: Fremde Armeen dürfen in Österreich keine logistischen Handlungen setzen, sprich: "Sie dürfen nur durchfahren, aber nicht be- oder entladen werden". Das gilt selbst für befreundete NATO-Streitkräfte. Daher habe man von Anfang an Tochterfirmen in NATO-Ländern gegründet, "um dort operieren zu können“, so Rechberger.
Heute betreibt BR ICS Military eigene Gesellschaften in Deutschland, Polen, Rumänien und Luxemburg. Diese Struktur habe sich bewährt. „Unsere lokalen Mitarbeiter sprechen die Landessprachen, kennen die Vorschriften und arbeiten eng mit den nationalen Bahngesellschaften zusammen", sagt er. So könne das Unternehmen Projekte effizient abwickeln.
Ursprung in Krim-Krise
Die Wurzeln des Geschäftsmodells Defence reichen bis 2015 zurück. Ursprünglich bot BR ICS klassische Eisenbahndienstleistungen an. Der militärische Schwerpunkt entstand im Zuge geopolitischer Verschiebungen. „Als Russland die Krim annektierte, begannen die USA, ihre Präsenz in Europa wieder auszubauen“, sagt Dominik Braun. „Dabei traten massive logistische Herausforderungen auf. Firmengründer Johann Braun (heute mit Anna Elisabeth Rechberger 50-Prozent-Eigentümer des Unternehmens, Anm.) hat diese Lücke erkannt und das Geschäftsfeld entwickelt. Der erste militärische Auftrag folgte nach einem Treffen mit hochrangigen US-Militärs in Kaiserlautern 2017 – für die US-Armee. Die Amerikaner haben schnell gesehen, dass "wir nicht nur die Sicherung, sondern auch Planung und Durchführung auf hohem Niveau leisten können", sagt Braun.
Von da an hat sich das Geschäft kontinuierlich entwickelt. Heute ist BR ICS Military einer der zentralen logistischen Partner der US-Armee in Europa. Gleichzeitig nimmt die Zahl europäischer Auftraggeber zu. „Wir wurden zuletzt von der deutschen und der dänischen Armee beauftragt“, berichtet Armin Rechberger. „Auch mit den Niederländern und den Litauern stehen wir in engem Kontakt. Man erkennt zunehmend den Vorteil, dass Armeen sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren können, während spezialisierte Dienstleister die Logistik übernehmen“, sagt er. Diese Entwicklung folgt einer klaren Strategie: „Das amerikanische System des Outsourcings wird als Vorbild herangezogen“, sagt Rechberger. „Die Armee muss keine internen Ressourcen für Eisenbahn-Know-how oder Sicherungspersonal bereitstellen. Sie kann sich auf ihre militärische Kernkompetenz fokussieren – und wir übernehmen den Rest“, so der CEO.
Transporte an die Front
Die geopolitische Lage schlägt sich direkt in der Auftragslage nieder. „Was geladen ist – das unterliegt der Geheimhaltung –, aber die Zielrichtungen sprechen für sich“, sagt CEO Dominik Braun. Die Auftragslage ist stark schwankend. „Das Geschäft ist hochvolatil“, sagt Braun. Es könne passieren, dass innerhalb von 24 Stunden ein komplettes Team samt Material in ein anderes Land entsenden werden muss. Hinzu kommt: Die amerikanischen Streitkräfte nutzen eine Vielzahl europäischer Häfen für den An- und Abtransport ihres Materials. „Wir fahren regelmäßig über große deutsche Nordseehäfen, sagt Dominik Braun. „Aber auch niederländische und belgische Häfen werden genutzt – und gelegentlich Mittelmeerhäfen oder Zugänge über die Ostsee“. Die Wahl der Route obliegt dabei auch strategischem Kalkül. „Die Amerikaner testen bewusst verschiedene Häfen und Routen“, sagt Braun. „Sie wollen die Abläufe an unterschiedlichen Standorten trainieren, um im Ernstfall flexibel zu sein", sagt er.
Um Schwankungen auszugleichen, setzt das Unternehmen auf ein hybrides Personalmodell: „Wir haben einen festen Stamm an Mitarbeitern, den wir jederzeit mit einem Pool an temporären Kräften erweitern können“, erläutert Geschäftsführer Armin Rechberger. „Das sind keine Leiharbeiter im klassischen Sinn, sondern ausgebildete Spezialisten, die auf Abruf für uns tätig werden“, sagt er. Aktuell könne man „problemlos bis zu 60 Einsätze - also Be- oder Entladungen eines Zuges - tMonat“ abwickeln.
Technische Expertise
Die logistische Komplexität liegt im Detail. Jeder Zug, jede Strecke und jedes Fahrzeug hat eigene Anforderungen. "Ein Kampfpanzer wiegt rund 70 Tonnen“, erklärt Rechberger. „Dafür braucht es spezielle Flachwaggons, die diese Last tragen können. Panzer werden über Rampen aufgefahren, präzise positioniert und mit Metallkeilen sowie Spanngurten gesichert. Unsere Mitarbeiter prüfen zentimetergenau, ob die Balance stimmt.“ Grundsätzlich lassen sich nahezu alle landgestützten Systeme per Bahn verlegen. „Wir fahren vom Kampfpanzer über Lastkraftwagen bis hin zu kompletten Raketen- oder Radarsystemen alles, was Räder oder Ketten hat“, erklärt Armin Rechberger.
Nachhaltigkeit
In der Militärlogistik ist Vertraulichkeit ein zentraler Wert. „Selbstverständlich unterliegen unsere Transporte der Geheimhaltung“, betont Armin Rechberger. „Weder Standorte noch Zeitpunkte oder Fahrzeugkennungen dürfen identifizierbar sein. Das gilt auch für Fotos und ganz besonders für Social Media“, sagt er. Bewusste Sabotage habe man bislang nicht erlebt. „Natürlich gibt es Länder, in denen Untergrundorganisationen aktiv sind“, sagt Braun. „Aber wir hatten noch nie gezielte Vorfälle gegen uns“, sagt er. Neben Sicherheit sprechen auch ökonomische und ökologische Argumente für den Bahntransport. „20 Züge ersetzen bis zu 2.000 Lkw“, rechnet Rechberger vor. Die Schiene sei beim Tonnenkilometer unschlagbar effizient. Auch in puncto Umweltfreundlichkeit sieht sich das Unternehmen gut aufgestellt. „Unsere Züge bewegen bis zu 3.000 Tonnen nahezu emissionsfrei durch Europa“, sagt Braun. Ein weiterer Vorteil liegt in der Verwaltung. „Für einen Schienentransport braucht man eine einzige Genehmigung“, erklärt er. Auf der Straße wären für denselben Umfang unzählige Genehmigungen erforderlich.
DIESER ARTIKEL ENTSTAND IN KOOPERATION MIT BR ICS MILITARY.