Aus- und Weiterbildung Österreich 2025 : Industrie braucht Talente: Warum Niederösterreichs Lehrlingsausbildung ein Erfolgsmodell ist

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Die duale Ausbildung ist in der Industrie fest verankert und verbindet schulisches Wissen mit praktischer Arbeit im Betrieb 

- © Georg Pomaßl

Die Industrie ist das wirtschaftliche Rückgrat Niederösterreichs. Rund 1000 Unternehmen sichern ein Drittel der gesamten Wirtschaftsleistung im Bundesland. Hinter der Innovationskraft und Stabilität der Industrie steht ein starkes Ausbildungswesen. Die Lehrlingsausbildung ist für viele Betriebe nicht nur ein strategischer Erfolgsfaktor – sie ist gelebte Zukunftssicherung. Wer sich heute für eine Lehre in der Industrie entscheidet, profitiert von besten Chancen, modernsten Technologien und einem breiten Angebot an beruflichen Perspektiven.

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Fachkräfte von morgen: 2700 Lehrlinge in der Industrie aktiv

Aktuell absolvieren etwa 2700 junge Menschen ihre Lehre in rund 230 niederösterreichischen Industriebetrieben. Sie verteilen sich auf nahezu 100 verschiedene Lehrberufe – vom Zerspanungstechniker über Kunststoffformgeber bis hin zum Mechatroniker. Fast 18 Prozent aller Lehrlinge in Niederösterreich arbeiten damit in einem industriellen Umfeld – Tendenz steigend. Auch der Frauenanteil entwickelt sich positiv, aber mit weiterem Potenzial nach oben: 12 Prozent der Industrie-Lehrlinge sind mittlerweile weiblich.

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Diese Zahlen belegen: Die duale Ausbildung ist in der Industrie fest verankert. Sie verbindet schulisches Wissen mit praktischer Arbeit im Betrieb – ein Modell, das in Europa vielfach als Vorbild gilt. Die Unternehmen in Niederösterreich investieren gezielt in diesen Bereich: in moderne Lehrwerkstätten, digitalisierte Ausbildungsinhalte und individuelle Förderung.

Aktuell absolvieren etwa 2700 junge Menschen ihre Lehre in rund 230 niederösterreichischen Industriebetrieben.

- © Georg Pomassl

Lehrlingswettbewerb 2025: Bühne für technisches Talent

Ein starkes Zeichen setzte auch der Lehrlingswettbewerb 2025, der an mehreren Standorten in Niederösterreich stattfand. In acht Kategorien – von Metalltechnik über Elektrotechnik bis zur Prozesstechnik – zeigten junge Fachkräfte ihr Können unter realitätsnahen Bedingungen. Gefordert waren Präzision, Fachwissen, Teamarbeit und Zeitmanagement.

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In der Sonderkategorie „Industrie 4.0“ arbeiteten 24 Lehrlinge in Teams an der Entwicklung und Automatisierung einer Produktionslinie zur Abfüllung von Reis. Die Aufgaben reichten vom CNC-Fräsen über Robotik bis zur elektropneumatischen Steuerung. Besonders beeindruckend: Ein autonomes Transportfahrzeug bewegte die gefüllten Behälter selbstständig durch die Anlage. Ein Beispiel dafür, wie nah Ausbildung und industrielle Realität heute bereits beieinanderliegen.

Lehrlingswettbewerb 2025

Veranstalter:
Wirtschaftskammer Niederösterreich – Sparte Industrie

Teilnehmer:innen:
107 Lehrlinge aus 29 Industrieunternehmen in Niederösterreich

Lehrberufe im Fokus:
Metalltechnik, Elektrotechnik, Prozesstechnik, Kunststofftechnik, Mechatronik u. v. m.

Wettbewerbskategorien:

  • Metalltechnik (4 Module)
  • Elektrotechnik
  • Prozesstechnik
  • Mechatronik
  • Kunststofftechnik
  • Sonderkategorie: Industrie 4.0 (Teamwettbewerb)

Ziele des Wettbewerbs:

  • Sichtbarmachung der Qualität technischer Lehrausbildung
  • Förderung praktischer Kompetenzen und Eigenverantwortung
  • Begeisterung junger Menschen für Industrie und Technik
  • Vorbereitung auf die Arbeitswelt der Zukunft durch Aufgaben mit Fokus auf Digitalisierung, Automatisierung und Nachhaltigkeit
  • Stärkung der Identifikation mit dem eigenen Beruf und dem Ausbildungsbetrieb

Besondere Herausforderung 2025:
In der Sonderkategorie Industrie 4.0 entwickelten Lehrlingsteams eine automatisierte Reisabfüllanlage – inklusive Robotersteuerung, Sensorik und fahrerlosem Transportsystem.

Ausbildung als strategischer Schlüssel für Unternehmen

Was die Lehrlingsausbildung für Unternehmen bedeutet, zeigen die Aussagen der Ausbildungsleiter führender Betriebe. Für Christian Lapačka, Ausbildungsleiter bei TE Connectivity, ist die Ausbildung ein zentrales Element der Personalentwicklung: „Es gibt bei uns nicht nur klassische Lehrwege. Wir fördern auch Lehre mit Matura, Lehre mit Studium oder den Quereinstieg nach der Matura.“

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Ähnlich sieht das Wilfried Braun von Eaton Industries, der seit über 20 Jahren in der Lehrlingsausbildung tätig ist: „Die Praxis steht bei uns im Vordergrund. Neben Schulnoten zählen handwerkliche Fähigkeiten und technisches Verständnis. Mit Talente-Checks und Schnuppertagen erkennen wir das Potenzial früh.“

Einigkeit herrscht auch bei der Vermittlung von Zukunftskompetenzen wie Nachhaltigkeit oder Digitalisierung. So setzt etwa TE Connectivity auf Recycling-Systeme in der Werkstatt, getrennte Materialverwertung und Weitergabe nicht mehr benötigter Projektteile an karitative Einrichtungen. Nachhaltiges Denken wird nicht nur gelehrt, sondern aktiv gelebt.

Fast 18 Prozent aller Lehrlinge in Niederösterreich arbeiten in einem industriellen Umfeld 

- © Georg Pomassl

Junge Stimmen: „Jeder Tag ist anders – und das ist gut so“

Auch die Lehrlinge selbst zeigen sich motiviert und begeistert vom industriellen Arbeitsumfeld. Emily Willmann, Zerspanungstechnikerin im 3. Lehrjahr bei Welser Profile, schätzt das handwerkliche Arbeiten ebenso wie die Genauigkeit ihres Berufs. Melanie Gretz, Werkzeugbautechnikerin und Kunststoffformgeberin bei Eaton Industries, hebt die Abwechslung hervor: „Ich arbeite an verschiedenen Maschinen und bin nie allein – das gefällt mir am meisten.“

Andere betonen die Kombination aus Praxis und Zukunftschancen. So beschreibt Vanessa Haunold, Mechatronikerin bei TE Connectivity, ihre Ausbildung als „solide Grundlage für die Zukunft“, die Theorie und Praxis ideal verbindet. Für Cornelia Mayer, Maschinenbautechnikerin bei Welser Profile, war die Berufswahl eine bewusste Entscheidung: „Ich habe gesehen, was mein Vater gemacht hat – und heute weiß ich, dass ich das genauso gut kann.“

Recruiting mit System: Schnuppertage, Talente-Check und Du-Kultur

Die Industrie in Niederösterreich geht neue Wege, um junge Menschen für technische Berufe zu gewinnen. Neben klassischen Informationsformaten wie „Tag der offenen Tür“ oder Schulkooperationen setzen viele Betriebe auf niederschwellige Einstiegsmöglichkeiten. Bei Welser Profile etwa gehört der Schnuppertag schon ab der Hauptschule zum Standard. Ausbilder Stefan Buxhofer betont die persönliche Ansprache: „Wir begegnen den Jugendlichen auf Augenhöhe, pflegen eine Du-Kultur und nehmen uns Zeit für Vorbereitung und Entwicklung.“

Der Auswahlprozess umfasst häufig neben Bewerbungsgesprächen auch praktische Tests, sogenannte Talente-Checks, bei denen motorische Fähigkeiten, räumliches Vorstellungsvermögen und technisches Grundverständnis im Vordergrund stehen. Der Vorteil: Auch Jugendliche mit schulischen Schwächen bekommen eine faire Chance.

Robotik, Sensorik, Automatisierung: Die moderne Produktion ist längst digital vernetzt – und auch die Lehrlingsausbildung zieht nach. 

- © Georg Pomassl

Industrie 4.0: Digitalisierung beginnt in der Lehre

Die moderne Produktion ist längst digital vernetzt – und auch die Lehrlingsausbildung zieht nach. Themen wie Robotik, Sensorik, Automatisierung und digitale Steuerungssysteme sind fixer Bestandteil der Ausbildungscurricula. Besonders sichtbar wird das beim Wettbewerb Industrie 4.0: Dort entwickelten Lehrlingsteams automatisierte Systeme, programmierten Roboter und setzten moderne Sensorik zur Prozessüberwachung ein.

Solche Projekte machen deutlich: Die Industrie ist kreativ, modern und zukunftsweisend. Wer heute eine Lehre beginnt, arbeitet mit Technik am Puls der Zeit – und gestaltet aktiv mit.

Baumit GmbH: Erfolgsbeispiele aus der Lehrlingsausbildung

Auszeichnung & Erfolge beim Wettbewerb 2025

Gleich fünf erste Plätze bei den Einzelkategorien und Vize‑Meister im Teambewerb Industrie 4.0: Die Baumit-Lehrlinge dominierten beim Wettbewerb eindrucksvoll. 

Ausbildungsleiter Karl Postl: „Unsere Lehrlinge haben heuer regelrecht abgeräumt. So viele Spitzenplätze in einem Jahr sind schon außergewöhnlich.“ 

Geschäftsführer Manfred Tisch ergänzt: „Unsere Lehrlinge sind technisch top ausgebildet, denken vernetzt und bringen sich mit vollem Einsatz ein. Solche Talente braucht die Zukunft.“

Ausbildungskonzept & Angebot
Baumit betreibt eine moderne Lehrwerkstätte in Wopfing, in der jährlich ca. 30–35 Lehrlinge ausgebildet werden – in Berufen wie Metalltechniker:in, Elektrotechniker:in, Mechatroniker:in, Prozesstechniker:in und seit kurzem auch Industriekauffrau/-mann. 

3 Fragen an den Ausbildungsleiter bei Baumit, Karl Postl

INDUSTRIEMAGAZIN: Baumit zählt seit Jahren zu den erfolgreichsten Betrieben beim Lehrlingswettbewerb. Was ist aus Ihrer Sicht das Erfolgsrezept für eine starke und nachhaltige Lehrlingsausbildung im industriellen Umfeld?

Karl Postl: Die Teilnahme an Lehrlingswettbewerben ist bei Baumit im Ausbildungsplan fest verankert. Allein das Mitmachen ist schon eine optimale Vorbereitung auf die Lehrabschlussprüfung. Man lernt dadurch den Umgang mit Zeitdruck. Ich persönlich bin ein Wettkämpfer durch und durch. Ich liebe den Vergleich mit anderen Ausbildungsbetrieben. Der Mehrwert für mich ist dabei: Je besser die Konkurrenz, desto besser wird man auch selbst. Jeder Beruf benötigt eine spezielle Vorbereitung zusätzlich zum „normalen“ Ausbildungsalltag. Es ist mir bewusst, dass wir dadurch mehr Zeit investieren als andere Betriebe aber der Erfolg gibt uns ja recht.

INDUSTRIEMAGAZIN: Wie erleben Sie den Lehrlingswettbewerb 2025 in Hinblick auf Motivation, Weiterentwicklung und Teamgeist Ihrer Lehrlinge? Welche Wirkung hat so ein Wettbewerbserfolg auf die jungen Fachkräfte – aber auch auf das Unternehmen?

Karl Postl: Gerade beim Teambewerb Industrie 4.0 ist die Vorbereitung besonders intensiv. Technisches Wissen allein reicht nicht aus – entscheidend ist, dass die Lehrlinge Verantwortung übernehmen und das Team als Einheit funktioniert.

Für mich als Ausbilder ist es motivierend, wenn der Wettbewerbsfunke beim Training auf die Lehrlinge überspringt. In dieser Phase lernen wir uns noch besser kennen. Der Erfolg ist letztlich ein Gradmesser für die Qualität unserer Ausbildung – und zugleich ein wichtiger Werbefaktor für den Betrieb.

Eine zentrale Rolle spielt auch der Zeitfaktor: Wer im Wettbewerb in kurzer Zeit Spitzenleistungen bringen will, muss sich bestimmte Fertigkeiten im Vorfeld antrainieren. Genau diese Fähigkeiten sind später im Arbeitsalltag von großem Nutzen – etwa bei Wartungen oder Störungen, wo es darauf ankommt, Stillstandszeiten in der Produktion möglichst gering zu halten.

INDUSTRIEMAGAZIN: Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels: Wie gelingt es Baumit, junge Menschen für eine Ausbildung in der Industrie zu begeistern – und langfristig im Unternehmen zu halten?

Karl Postl: Rund 85 Prozent jener Lehrlinge, die wir in den vergangenen 20 Jahren in unserer Lehrwerkstätte ausgebildet haben, sind heute noch bei Baumit beschäftigt – viele davon bereits in Führungspositionen. Aktuell absolviert etwa ein Drittel unserer Lehrlinge die Lehre mit Matura. Der begleitende Matura-Kurs findet ebenfalls bei uns in der Lehrwerkstätte statt und steht auch Lehrlingen und Betrieben aus dem gesamten Piestingtal offen.

Wir erleben, dass Eltern ihre Kinder gerne in unsere Obhut geben – ein klares Zeichen dafür, dass wir bei der Ausbildung junger Menschen vieles richtig machen. Das ist auch ein wesentlicher Grund, warum wir beim Thema Facharbeitermangel keine Probleme haben.

Unsere Lehrwerkstätte ist ein staatlich ausgezeichneter Ausbildungsbetrieb. Erst im Vorjahr wurden wir mit dem Amazone Award, heuer mit dem WK Top-Ausbilderpreis geehrt.

Besonders stolz sind wir auf unseren jährlichen Tag der offenen Lehrwerkstätte: Eltern, Kinder, Großeltern und auch viele ehemalige Baumit-Mitarbeiter im Ruhestand besuchen uns, um die Ausbildung zu erleben, über die inzwischen auch in den Medien viel berichtet wird.

Baumit-Ausbilder Klaus Postl (Mitte)

- © Baumit/WKNÖ