Industriekongress 2025 : Palfinger und das Defence-Geschäft: "In den Ausschreibungen geht es um Eins oder Null"

Palfinger-Ladekrantechnologie: "Viel mehr Aktivitäten als noch vor einigen Jahren"
- © seen by streb (Willi Streb)Palfinger rüstet Bergefahrzeuge des Österreichischen Bundesheers mit Ladekranen aus und liefert ganz aktuell Slipway-Systeme für die singapurische Marine - eine Technologie, die das sichere Aussetzen und Wiedereinholen von Booten auf See möglich macht. Unter fünf Prozent des Konzernumsatzes - einen zweistelligen Millionenbetrag - erwirtschaftet der Technologie- und Kranhersteller derzeit mit der Verteidigungsgüterindustrie. Es wird aller Voraussicht nicht dabei bleiben: Seit dem Einmarsch russischer Truppen in der Ukraine 2022 und auch aufgrund anderer Projekte wird Palfinger im Defense-Bereich "überproportional" wachsen, erzählt Gerhard Sturm, Senior Vice President Global Sales & Service.
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"Die Ausschreibungen sind alles entscheidend - es geht um Null oder Eins", sagt Klaus Schreiber, Vice President Sales & Service Marine and Special Solutions, der die Zuspitzung bewusst wählt. Denn geht ein Kunde in diesem Segment verloren, "ist dieser mitunter auf Jahrzehnte verloren". Er verantwortet seit April 2024 den Marine & Defense-Bereich des Unternehmens. Sein Vorgesetzter ist Gerhard Sturm. Folgerichtig kennen die Herren die Usancen der Rüstungsindustrie, zusammen haben sie schon Aufträge zu See und Land verbuchen können.
Palfinger hat jedoch einiges in die Waagschale zu werfen. "Wir servicieren auch selbst, was dem Kunden Sicherheiten und uns zusätzliches Geschäftsvolumen bringt", sagt Gerhard Sturm. Der Aufbau eines 150 Milliarden Euro schweren EU-Rüstungsfonds lässt jetzt hoffen: Inhaltlich könnte dieser in infrastrukturelle Bereiche wie die Brückeninstandsetzung oder den Flughafenbetrieb hineinwirken. "Bereiche, wo wir mit unseren bewährten zivilen Standardlösungen gut aufgestellt sind", sagt Sturm.

Palfinger-CEO Andreas Klauser am Industriekongress 2025
Der 15. Industriekongress 2025 steht unter dem Motto "Navigating the future in an era of collapsing certainty" und findet vom 2. bis 3. Juli 2025 im IMLAUER Hotel Schloss Pichlarn statt. In Zeiten geopolitischer Umwälzungen, fragiler Lieferketten und wachsender wirtschaftlicher Unsicherheit werden zentrale Themen wie die Transformation von Just-In-Time zu Just-In-Case, die Balance zwischen Versorgungssicherheit und Nachhaltigkeit sowie strategische Optionen für Führungskräfte diskutiert.
Hochkarätige Referenten wie Andreas Klauser (CEO der PALFINGER AG), Georg Knill (Präsident der Industriellenvereinigung) und der Politikwissenschaftler Herfried Münkler werden ihre Perspektiven teilen.
Die Agenda umfasst Vorträge, Podiumsdiskussionen und Deep-Dive-Sessions zu den Herausforderungen und Chancen der europäischen Industrie. Zudem bieten Networking-Aktivitäten wie ein gemeinsames Abendessen mit musikalischer Begleitung und Freizeitangebote wie Golf und Testfahrten mit dem Mobilitätspartner BYD Gelegenheit zum Austausch.

Wie aber managt das Unternehmen Kapazitäten? Nicht erst seit der Weigerung der USA, in der Ukraine im selben Ausmaß Verteidigungsaufgaben zu übernehmen wie bisher, ist Palfinger noch enger auf Tuchfühlung zu Systemhäusern, etwa Fahrzeugintegratoren oder Werften aus dem militärischen Bereich gegangen. "Es gibt einfach viel mehr Aktivitäten heute als noch vor einigen Jahren", sagt Klaus Schreiber. Trumps Politik lasse vermuten, dass noch mehr Defense-Geschäft komme. Dezidierte Produktionsstandorte für Defense-Produkte gebe es in der Palfinger-Welt nicht.
Ein militärischer Ladekran sei vom Stahlbau und der Zylinderfertigung her ident aufgebaut zu seinem zivilen Pendant - und könne je nach Auslieferungsort an verschiedenen Standorten gefertigt werden. "Wir shiften je nach unseren Bedarfen global", sagt Gerhard Sturm. Insbesondere Steuerungstechnik und Lackierung seien größere Differenzierungsmerkmale. Letztere erfolgt beispielsweise in Österreich und Frankreich domizilierten Speziallackieranlagen.
Ansonsten gilt, was auch bei anderen militärischen Zulieferern gilt: Das Defense-Geschäft "sei Dank des Vor- und Nachlaufs sehr gut planbar in der Exekution", sagt Klaus Schreiber. Und anders als vielleicht Marktbegleiter praktiziere man auf hohem Niveau vertikale Integration. "Nachfrageschwankungen in der Bauwirtschaft lassen sich durch Defence-Aufträge glätten - und umgekehrt", sagt Schreiber.

Ebenfalls wichtig: Im Hintergrund derartiger Defense-Aufträge die Organisation in ihren Tiefenstrukturen wirken zu lassen. Anders gesagt: Es brauche Spezialisten, die sich beispielsweise auf Exportkontrollbestimmungen verstehen. "Als Leitbetrieb können wir uns kein Exportvergehen leisten", sagt Sturm.
