Fraunhofer Austria IV Fabrik : 15 Jahre Fabrik-Award: So wollen Unternehmen auch morgen noch erfolgreich produzieren

15 Jahre Fabrikkonferenz

15 Jahre Fabrik-Wettbewerb: Lehren aus einer Dekade industrieller Transformation

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Die Jubiläumsausgabe des europaweit härtesten Produktionswettbewerbs "Fabrik" - Veranstalter waren Fraunhofer Austria, die Industriellenvereinigung und WEKA Industrie Medien - stand ganz im Zeichen der Transformation der industriellen Produktion. Unter dem Titel „15 Jahre Fabrik. Erfolgreich produzieren in Österreich! Heute und morgen“ diskutierten Vertreterinnen und Vertreter führender Unternehmen - von Engel über Kostwein bis Maplan - über die Zukunft der Produktion, über Daten als Wertschöpfungsfaktor und über Europas Rolle im globalen Innovationswettlauf. Eingeleitet wurde der Tag von Wilfried Sihn, Fraunhofer Austria, Beatrice Schmidt, WEKA Industrie Medien, Sebastian Schlund sowie Lukas Lingitz (Moderation), beide Fraunhofer Austria.

Zu Beginn skizzierte Christoph Schneider, Senior Counsellor für Wirtschaftspolitik in der Industriellenvereinigung, die aktuelle Lage der Industrie: Die konjunkturelle Stimmung in Österreich liege deutlich unter dem Euroraum-Durchschnitt, die Bruttowertschöpfung habe zwei von drei Krisenjahren in den 2020ern erlebt – 2023 und 2024. Während die Exporte in die USA ab Mai 2025 um 14,4 Prozent eingebrochen seien, bleibe auch die Arbeitsproduktivität mit einem Plus von nur 2,4 Prozent seit 2010 hinter dem europäischen Durchschnitt zurück. Steigende Insolvenzen und ein Beschäftigungswachstum im öffentlichen Sektor bei gleichzeitigem Rückgang in der Industrie seien Problemherde.

Christoph Schneider, Senior Counsellor für Wirtschaftspolitik in der Industriellenvereinigung, skizzierte die aktuelle Lage der Industrie.

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Smart Factory: Vision, Beteiligung, Geschwindigkeit

Vor diesem Hintergrund widmete sich die Diskussion den Erfolgsfaktoren moderner Produktionsunternehmen. Lukas Lingitz von Fraunhofer Austria stellte die praxisnahe Frage: „Was wäre, wenn Sie Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens mit 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wären und heute nun eine Smart Factory aufbauen wollten?“ Ludwig Scheiflinger, Director Productivity Management & Logistics bei Infineon Technologies Austria, betonte die Bedeutung einer klaren Vision und eines schrittweisen Vorgehens: „Die Bandbreite ist riesengroß. Es braucht eine klare Vorstellung davon, wie ich zum Ziel komme, woher ich das Wissen hole und wie ich die Organisation mitnehme“, sagt er. Viele KI-Anwendungen seien bereits am Markt verfügbar – entscheidend sei jedoch, die Mitarbeitenden in den Veränderungsprozess einzubinden. „Man sollte Freigeister etablieren – einzelne Keimzellen, die mit Pilotanwendungen Smartifizierung testen, ausloten und schließlich in die Breite bringen“, so Schleifinger.

von links: Wilfried Sihn, Fraunhofer Austria, Beatrice Schmidt, WEKA Industrie Medien, Sebastian Schlund, Lukas Lingitz (Moderation) sowie Nikolaus Kremslehner, alle drei Fraunhofer Austria. 

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Iris Leitgeb, Head of Operation & Business Excellence beim Elektronikfertiger Flex, sagte, dass Digitalisierung und Lean Management untrennbar zusammengehören: „Lean ist mein Steckenpferd. Es geht darum, Potenziale zu erkennen – und das funktioniert nur gemeinsam mit den handelnden Personen. Viele Ängste, etwa vor Bedeutungsverlust, muss man ernst nehmen“, sagt sie. Für ihren Kollegen Manuel Krammer, Department Manager Factory Integration bei Flex Althofen, steht der praktische Zugang im Vordergrund: „Man muss schnell ins Tun kommen – grundsätzlich kann man dabei nicht scheitern“, sagte er. 
Wie sich der Nutzen konkret zeigt, illustrierte Scheiflinger anhand eines Projekts bei Infineon: „Wir haben 1.000 unterschiedliche Maschinen – und die Herausforderung für die Mitarbeiter ist enorm. Wenn ein Ersatzteil defekt ist, stellt sich die Frage: Habe ich es auf Lager? Oder liegt es an einem anderen Standort? Muss ich es zukaufen? Wir ermöglichen den Mitarbeitern nun, das Teil zu fotografieren – und KI hilft bei der Recherche. Das schafft echten Nutzen“, sagt er.

15 Jahre Fabrikkonferenz: Ausblick und Best Practises hautnah aus der Industrie

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Datenqualität als Wettbewerbsfaktor

Daten gelten als entscheidend in modernen Produktionen, doch es hapert mitunter an der Qualität. „Daten sind oft vorhanden, aber die Qualität stimmt nicht immer“, so Lingitz. Wie gelingt es also, Daten als Wertschöpfung zu begreifen? Krammer sieht den Einstieg in eine saubere Datenbasis als erste, aber entscheidende Hürde: „Bei der Datenanalyse ist der erste Schritt entscheidend – zu wissen, was man eigentlich braucht. Wenn das klar ist, hat man hintenraus weniger Arbeit". Scheiflinger verwies auf die besondere Bedeutung in der Halbleiterfertigung: „Wir haben 1.200 Einzelprozessschritte – das heißt, grundsätzlich 1.200 Möglichkeiten, etwas falsch zu machen. Entsprechend sind wir darauf getrimmt, auf Datenqualität zu achten", sagt er. Sie verschaffe Geschwindigkeit beim Kunden und damit einen Wettbewerbsvorteil. "Daten sichern unser Überleben – das ist Ansporn genug. Aber wir werden nicht alle Stammdaten harmonisieren können“, weiß er auch.

Iris Leitgeb, Head of Operation & Business Excellence beim Elektronikfertiger Flex und Manuel Krammer, Department Manager Factory Integration Flex Althofen: "Digitalisierung und Lean Management gehören untrennbar zusammen"

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Europas Innovationsrolle unter Druck

Lingitz richtete den Blick auch auf die globale Perspektive: Die großen Innovationen finden in den USA und Asien statt – welche Rolle spielt die EU in diesem Kontext? Iris Leitgeb forderte klare politische Rahmenbedingungen, um Forschung und Ausbildung zu stärken: „Wir brauchen einen Rahmen – und auch für Praktika, damit Talente frühzeitig eingebunden werden“, sagt er. Krammer: „Die traurige Wahrheit ist: Bei KI und Automatisierung sind uns die Asiaten voraus. Wir haben die letzten Jahre verschlafen. Die österreichische Industrie werde ohne externe Unterstützung und ohne politische Maßnahmen demnach "nicht auskommen“, glaubt er. 

Ludwig Scheiflinger, Director Productivity Management & Logistics bei Infineon Technologies Austria, betonte die Bedeutung einer klaren Vision und eines schrittweisen Vorgehens bei Technologien wie KI: „Die Bandbreite ist riesengroß"

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Scheiflinger plädierte für mehr Eigeninitiative, aber auch für weniger Regulierung: „Wir mussten unsere Zukunft immer selbst gestalten und dürfen uns nicht ausruhen. Bei Infineon gelingt uns das mit Energiesparchips, mit denen wir weltweit mitspielen. Entscheidend ist, konsequent zu entbürokratisieren – nur so bleiben wir wettbewerbsfähig“, sagt er.