Kann KI Führung? : Mein Chef der Roboter

Barbara Stöttinger, Dekanin der WU Executive Academy

Barbara Stöttinger, Dekanin der WU Executive Academy: "In der Interaktion miteinander sind wir Maschinen voraus"

- © Barbara Stöttinger

Mit der KI war es ein bisschen so wie mit dem ersten Schnee im Winter: Wir wussten schon lange, dass er irgendwann kommen wird, aber wenn dann die ersten Flocken vom Himmel fallen, sind trotzdem alle überrascht. Unbestritten ist, dass künstliche Intelligenz unsere Gesellschaft so tiefengreifend verändern wird wie die Elektrizität oder die Erfindung des Internets. Kinderleicht in der Anwendung ist sie nun auch im Alltag angekommen: Macht Protokolle, erstellt Videos und schreibt Hausaufgaben. KI kann Führungskräfte gezielt unterstützen. Zum Beispiel durch die Auswertung großer Datenmengen für die strukturierte Entscheidungsvorbereitung. Dass so etwas oder andere repetitive Aufgaben leicht von Algorithmen und Maschinen übernommen werden können, leuchtet ein. Aber wie sieht es mit komplexeren Aufgaben in der Führungsarbeit aus?

Wir haben uns die wichtigsten Management Aufgaben angesehen und analysiert, wo KI bestmöglich eingesetzt werden kann und wo ureigene menschliche Fähigkeiten wie Einfühlungsvermögen weiterhin von Bedeutung sind.

Entscheidungen treffen und umsetzen

Auch wenn KI ein großartiges Tool ist, um Daten innerhalb kurzer Zeit auszuwerten, die strategischen Entscheidungen, die dann anhand dieser Auswertungen getroffen werden, können nur Menschen treffen. Denn nur sie haben im Idealfall einen moralischen Kompass, Werte, Visionen und Überzeugungen, an denen sie sich orientieren können.

Kommunikation

Mitarbeitende kündigen, getroffene Entscheidungen mitteilen, Kritik üben – vermutlich würde so manche Führungskraft diese Dinge gerne auslagern. Kommuniziert werden diese allerdings nach wie vor am besten von Mensch zu Mensch. Überall dort, wo es um Vertrauen, Motivation und Wertschätzung geht, werden Menschen unersetzlich bleiben.

Zwischenmenschliches

In der HR unterstützen Maschinen schon seit längerem bei der Vorauswahl im Bewerbungsprozess. Ob die „Chemie“ passt, können aber in diesem Bereich ebenfalls nur Menschen entscheiden. Wir Menschen sind sehr komplexe Wesen, aber in der Interaktion miteinander sind wir Maschinen um Jahrhunderte voraus. Unsere emotionale Intelligenz hilft uns idealerweise Gefühle zu zeigen, soziale Signale zu interpretieren, Beziehungen aufzubauen und uns durch subtile soziale Dynamiken zu navigieren.

Bauchgefühl und Intuition

Der Teufel steckt bekanntlich im Detail, kann jedoch oftmals entscheidend sein. Menschen mit Fingerspitzengefühl und langjähriger Berufserfahrung, entdecken solch verborgene Details meist auf einen Blick und ziehen daraus dann auch noch die richtigen Schlüsse. Von solchen Routiniers profitieren wir, ob in der Schule, der Wirtschaftsprüfung oder der Autowerkstätte.

Menschliche Führung in der digitalen Ära


Konzentrieren wir uns als Menschen also auf all das, was Maschinen eben nicht können. Furcht vor der KI bringt uns in keinem Fall weiter. Denn eine Innovation rückgängig zu machen, hat ohnehin noch nie funktioniert. Es geht nun um den bestmöglichen Einsatz von künstlicher Intelligenz und die Gestaltung nach unseren Wünschen.

Besonders für Europa spielt der zukünftige Einsatz von KI eine große Rolle. Durch einen differenzierten Zugang könnten wir uns hier von den USA und China abheben. Weder durch die „alles-oder-nichts“-Mentalität, noch durch die völlige Überwachung, sondern durch den Menschen im Mittelpunkt: für eine Technologie, die uns dient, und nicht umgekehrt. Dieser europäische Ansatz wird oft als Digitaler Humanismus oder Corporate Digital Responsibility bezeichnet. Unser Ziel ist es, neue Technologien zu nutzen und gleichzeitig unseren Werten treu zu bleiben. Und genaue hierbei spielen menschliche Führungskräfte eine zentrale Rolle.

Barbara Stöttinger, Dekanin der WU Executive Academy