KTM Sanierung : Nach KTM-Pleite: Millionen-Schulden bei Pierer E-Commerce – Gläubiger stimmen Sanierung zu

KTM-Hauptquartier: Vom Sanierungsplan bis zur Produktionspause – hier laufen die Fäden der Restrukturierung zusammen.
- © KTMDie Insolvenz der KTM AG hat ein weiteres Opfer gefordert – und diesmal trifft es die digitale Vertriebseinheit aus dem eigenen Konzernhaus. Die Pierer E-Commerce GmbH, zuständig für den Online-Vertrieb und die digitale Vermarktung der Produkte rund um KTM, ist pleite. 25 Mitarbeiter, rund 45 Gläubiger und ein Schuldenberg von knapp vier Millionen Euro stehen zur Sanierung an. Jetzt wurde am Landesgericht Ried im Innkreis ein Sanierungsplan beschlossen – die Gläubiger akzeptierten eine Quote von 20 Prozent, zahlbar bis zum 10. Juli.
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Der digitale Arm von KTM – mit in den Abgrund gerissen
Die 2001 gegründete Pierer E-Commerce GmbH war zu 96 Prozent für KTM tätig – als Generalunternehmer für den Onlinehandel und die digitale Sichtbarkeit der Motorradmarke. Mit dem Absturz der KTM AG verlor die E-Commerce-Tochter nicht nur ihren wichtigsten Auftraggeber – sondern auch nahezu ihre gesamte Geschäftsgrundlage.
Das Sanierungsverfahren wurde bereits im Januar eröffnet, ohne Eigenverwaltung – die Verbindlichkeiten summieren sich auf rund vier Millionen Euro, betroffen sind Gläubiger aus unterschiedlichsten Branchen: IT-Dienstleister, Logistikpartner, Marketingagenturen – und natürlich Mitarbeiter, von denen viele in der Region Innviertel ansässig sind.
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20-Prozent-Quote als letzte Rettung
Die am Mittwoch beschlossene Lösung: Ein Sanierungsplan, der eine Barquote von 20 Prozent vorsieht. Diese muss bis zum 10. Juli beim Insolvenzverwalter erlegt werden. Die Ausschüttung an die Gläubiger erfolgt dann gemäß den insolvenzrechtlichen Vorschriften. Für viele Gläubiger bedeutet das: Ein erheblicher Verlust – aber immerhin Planungssicherheit.
Ob die Pierer E-Commerce GmbH in dieser Form weitergeführt oder mittelfristig restrukturiert wird, ist offen. Klar ist: Die Abhängigkeit von einem einzigen Auftraggeber war hoch – zu hoch für ein Unternehmen, das als eigenständiges Unternehmen agieren will.
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Wie es weitergeht
Die Sanierung ist beschlossen – doch die eigentliche Bewährungsprobe steht noch bevor. Bei der Pierer-Gruppe beginnt nun der Neustart: Die monatelange Hängepartie für die Gläubiger der KTM AG ist beendet. Wie Sanierungsverwalter Peter Vogl bestätigte, wurden bis Montag sämtliche Forderungen erfüllt. Rund 1.300 Überweisungen waren nötig, um die vereinbarte 30-Prozent-Quote an Banken und Lieferanten auszuzahlen – insgesamt 525 Millionen Euro.
Trotz dieser finanziellen Einigung steht die Produktion in den KTM-Werken in Mattighofen und Munderfing weiterhin still. Ein Wiederanlauf ist derzeit für den 28. Juli vorgesehen. Bis dahin greifen Übergangsregelungen: Die rund 3.800 Beschäftigten erhalten seit Mai Gehalt auf Basis einer 30-Stunden-Woche, vereinbart per Betriebsvereinbarung. Mit dem Produktionsstart Ende Juli ist eine Rückkehr in den Vollzeitbetrieb geplant.
Auch wenn die juristische Phase der Sanierung abgeschlossen ist, bleiben operative Unsicherheiten bestehen. Ob die geplanten Produktionszahlen erreicht werden können, ist offen – zumal sich die Marktbedingungen nicht grundlegend verbessert haben.
Ein Hoffnungsschimmer: Die Lagerbestände bei Pierer Mobility schrumpfen schneller als erwartet. Das wurde zuletzt auf der Hauptversammlung des Unternehmens betont – ein Hinweis darauf, dass der Markt wieder anspringen könnte. Ob dieser Impuls für eine nachhaltige Erholung reicht, bleibt abzuwarten.
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Video: Was bleibt vom Industrie-Imperium des Stefan Pierer?
Stefan Pierer hat sich vollständig aus KTM und Pierer Mobility zurückgezogen – doch sein industrielles Vermächtnis bleibt bestehen. Über die Pierer Industrie AG und die Pierer Digital Holding hält er weiterhin Beteiligungen an einer Vielzahl von Unternehmen: vom Motorsport über Luftfahrt und Elektronik bis hin zu Feuerwehrtechnik und Künstlicher Intelligenz.
INDUSTRIEMAGAZIN-News wirft einen Blick auf das verbliebene Firmengeflecht – und zeigt, warum Stefan Pierer trotz Rückzug weiterhin eine prägende Figur in Österreichs Industrie bleibt.