Automatisierung : Wie intelligente Roboter Wertschöpfung nach Österreich zurückbringen

Greifarm von Roboter oder Cobot schüttelt Hände mit Mensch
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Keine Frage, Ungarn ist für Neubacher-Betriebsleiter Alexander Pflaum immer noch eine gute Adresse. Drei moderne Fertigungswerke betreibt der auf Schweiß- und CNC-Bearbeitungsdienstleistungen spezialisierte Trauner Betrieb im Nachbarland - "die hochqualifizierten Schweißer dort leisten hervorragende Arbeit", schildert Pflaum. Aber auch der Trauner Standort des Dienstleisters, der unter anderem Maschinenbauer wie Engel, Salvagnini oder Maschinenfabrik Laska beliefert, ist nicht zu verachten: Der millionenschwere Ausbau in Traun soll neben einem neuen ERP-System auch Ergänzungen im ohnehin schon stattlichen Maschinenpark bringen. Das Familienunternehmen investiert auch kräftig in Automatsierungstechnik: Intelligente, flexibel einsetzbare Robotersysteme, zuletzt auch preislich immer attraktiver, waren genau die Lösungen, nach denen der Betrieb, der am heimischen Standort künftig noch viel stärker Partner zur Fertigung ganzer Baugruppen bis hin zur Verkabelung sein will - suchte: In Ungarn betreibe man fortan klassischen Stahlbau. In Traun hingegen "wollen wir für unsere Kunden zusätzlichen Added-value schaffen", sagt Pflaum.

Billigoasen trockengelegt

Der Osten hat an Strahlkraft eingebüßt: Die anziehenden Personalkosten rechtfertigen immer seltener eine Verlagerung von Fertigungskapazitäten in die einstigen Billigoasen. Investiert wird wieder dort, wo es sich rechnet - und die Kleinserie zu preislichen Konditionen der Massenfertigung hergestellt werden kann: Mit flexibler Automatisierungstechnik sind selbst Losgröße-1-Vorhaben in die Tat umzusetzen. "Und das zu preislichen Konditionen, die vor ein paar Jahren nocht undenkbar waren", ist der Branche der schleichende Preisverfall bei Industrierobotik nicht entgangen. Im Trauner Neubacher-Werk haben sich nicht nur Konzepte wie die intelligente Zweimaschinenbedienung etabliert, per Rotationsplattform arbeitet ein Schweißroboter neuerdings auch parallel Aufträge ab. Jobs sollen dadurch nicht verloren gehen, es sollen sogar welche entstehen. Auch den Schleifprozess stellen die Oberösterreicher mit einer sensitiven Roboterlösung gerade auf neue Beine, wollen so hochqualitative Produkte wettbewerbsfähiger anbieten und dadurch zum nachhaltigen Ausbau und Wachstum des Standorts beitragen. "Die Investitionslust im Lande scheint wieder geweckt", registriert Franz Staberhofer, Leiter Logistikum Steyr, anziehende Nachfrage nach Lösungen zur betrieblichen Effizienzsteigerung. Bringt der Roboter nach Jahren des Verlagerns auf ausländische Werkbänke die Wertschöpfung zurück?

Von Neuland zu Commodity

In der Diktion der Roboterhersteller klingt es verdächtig danach: Die Robotik wird - getriggert durch die neuen Kosten- und Lohnverhältnisse auf den Auslandsmärkten - in Europa an Bedeutung zulegen. Noch steckt sie freilich erst in den Anfängen: Zwar brüstet sich der Weltrobotikverband mit saftigen jährlichen Steigerungsraten und Automobil-, Zuliefer- und Prozessindustrie fragen Neugerät seit Jahren in hoher Stückzahl nach. So auch der Druckgusspezialist TCG Unitech. Über 70 Millionen Euro investierten die Oberösterreicher die vergangenen Jahre in neue Maschinen, Anlagen, Gebäude und ein neues Werk in Rohr im Kremstal zur Teileentwicklung und -fertigung für Automobilisten wie BMW. Das Werk irgendwo in Osteuropa hochzuziehen, war für Geschäftsführer Peter Wienerroither nach eigener Aussage keine Option. "Natürlich gibt es immer noch den Kostenvorteil", sagt er. Druckguss sei aber nicht gleich Druckguss. Die heimischen TCG-Standorte stünden für höchste Prozessexzellenz zu besten Kosten - Automatisierungstechnik am neuesten Stand - etwa in Form robotisierter Druckgusszellen - sei neben Mitarbeiter-Know-how ein entscheidender Faktor. "Roboter sind heute kein Neuland mehr, sondern Commodity", fasst Manfred Gloser, Geschäftsführer ABB Robotics Österreich, zusammen. Auch heuer steuere man seiner Aussage nach im Segement Robotik auf einen Absatzrekord zu - "ein Topjahr", so Gloser. Magere Jahre drohen auch zukünftig nicht: Kollaborative Lösungen würden "der Renner der nächsten zehn Jahre", ist Gloser überzeugt. Und gerade im Mittelstand - hier gibt es beim Durchdringungsgrad von Automatisierungstechnik Luft nach oben - ist der Kuchen längst noch nicht aufgeteilt. Das zieht weitere Anbieter an. Der italienische Roboterbauer Comau will in den nächsten Monaten seinen Handlungsspielraum in Deutschland und Österreich mit einer neuen Niederlassung in München erweitern. Für Gerhard Michlbauer, Robotikspezialist am Wifi Oberösterreich, rückt damit eine weitere Partnerschaft im Schulungsbereich näher. Den Preiskampf heizt das nur weiter an: Die Finanzierung von Standardgerät wird für Betriebe leichter zu stemmen.

Neue Funktionalitäten

Zugleich steigt der Funktionsumfang moderner Technologien, wie auch Helmut Schwarzl, Chef des Pottenbrunner Geberit-Werks, beobachtet. 2017 wird der Werksausbau der Niederösterreicher abgeschlossen sein, der Produktionsstandort soll in seinen Prozessen "flexibler und zugleich bewegungsloser werden", gibt Schwarzl zu Protokoll. Kräftig investiert hat zuletzt auch der Glasbearbeitungsmaschinenhersteller Lisec. Am Standort Hausmening etwa investierte man fast fünf Millionen Euro in die Erneuerung der Glasverarbeitungsfabrik. Nicht ausschließen will Othmar Sailer, Geschäftsführer des Glasmaschinenherstellers Lisec, Produktionstätigkeiten mit hoher Wiederholbarkeit künftig zu automatisieren. Nicht im Fokus: Das ungarische Oroszlány, wo das Unternehmen mit der Übernahme von Glastronic unlängst das Ticket für den Eintritt ins Gebrauchtmaschinengeschäft löste - sondern Seitenstetten. Derzeit aber automatisiert das Unternehmen am liebsten noch sein eigenes Produkt: Lisec-Linien zur Isolierglasbearbeitung sind neuerdings von einer Einzelperson bedienbar - "auch wir leisten damit unseren Beitrag zur Automatisierung", so Sailer.