Mirko Kovats : Der Stehaufmann

Industriemagazin Logo
© Industriemagazin

Er kann es nicht lassen. Während im Sommer 2014 seine A-Tec-Gläubiger juristisch und medial Breitseite um Breitseite auf ihn und sein Lebenswerk abfeuerten, übernahm Mirko Kovats klammheimlich den finnischen Kupferrohrhersteller Cupori Oy. Die Querelen mit Insolvenzverwalter, Finanzmarktaufsicht und Aktionärsvertretern konnten den gestrandeten Unternehmer nicht davon abhalten, im Vorbeigehen ein 170-Mann-Unternehmen mit 100 Millionen Euro Umsatz zu übernehmen. Cupori ist nach eigener Einschätzung „der führende Hersteller von Kupferrohren in der Hausinstallation in den nordischen Ländern“. Mit an Bord bei dem finnischen Geschäft sind alte Wegbegleiter: Robert Stibich gibt den operativ aktiven Branchenfachmann. Er war lange Jahre Geschäftsführer der einstigen A-Tec-Tochter Montanwerke Brixlegg und firmiert heute als CEO von Cupori Oy. Und mit Wolfgang Gröger sitzt – neben Mirko Kovats und Robert Stibich – ein langjähriger Vorstand der beiden Kovats-Stiftungen M.U.S.T und TOSE in der Eigentümergesellschaft Cupori Limited.

Deftiger Zukauf

Der nächste Schritt folgte im Spätherbst. Am 20. November unterschrieb Mirko Kovats den Übernahmevertrag für zwei französische Standorte des italienischen Kupferkonzerns KME. 60 Prozent der Anteile wanderten zu Cupori, die Italiener behielten den Rest. Eigentlich hatte KME bereits die Schließung der beiden Produktionen in Fromelennes (Ardennen) und Niederbruck (Elsass) beschlossen, als Cupori Oy in Person von Mirko Kovats auf den Plan trat: Der umstrittene Unternehmer zahlte für seine Anteile sechs Millionen Euro und übernahm 214 von 260 Mitarbeitern. Die zwei französischen Tochterunternehmen waren zuvor direkte Mitbewerber im Kupferrohrgeschäft, verfügen aber über einen strategischen Vorteil: Die Kupfergießerei in Fromelennes bedeutet für die Austro-Finnen eine Verlängerung der Wertschöpfungskette, die bisher im Unternehmensverbund gefehlt hatte. Cupori macht sich damit laut französischer Medienberichte zu „einem der führenden Unternehmen am europäischen Kupferrohrmarkt.“ Glaubt man den Kommentatoren, wird sich der Umsatz von Cupori Oy durch den Frankreich-Deal verfünffachen.

Die Beteiligung in letzter Minute brachte Mirko Kovats zudem Lob von ungeahnter Seite: Französische Gewerkschafter zeigten sich ob seines Einstieges äußerst erleichtert – trotz der „reputation controversée de Mirko Kowats“ (sic!) wie es in der Tageszeitung „Le Parisien“ hieß. Kovats ist durch zwei französische A-Tec-Insolvenzen auch im Land des Camemberts ein Begriff.

Leidenschaft für Kupfer

Mirko Kovats frönt mit dem Cupori-Engagement seinem Enthusiasmus für Rohstoffe – im Besonderen für das Halbedelmetall Kupfer. 2004 übernahm er über A-Tec Industries den Aufbereiter Brixlegg, scheiterte 2007 beim Kauf des serbischen Produzenten RTB Bor und zog 2008 beim Übernahmekampf um den belgischen Verarbeiter Cumerio den Kürzeren. Bei allen gelungenen und gescheiterten Transaktionen ging es stets um Kupfer – eines Rohstoffes, der Investoren seit geraumer Zeit schlecht schlafen lässt. Mirko Kovats ist hier offensichtlich aus anderem Holz geschnitzt.

Mussten für die Tonne der Legierung Anfang 2011 noch über 10.000 Dollar bezahlt werden, oszillieren die Preise derzeit rund um die 4.380-Dollar-Marke – ein Rückgang um mehr als 50 Prozent. Der Absturz des Metallpreises schlägt sich in allen Bereichen der Wertschöpfung nieder – auch im Kupferrohrbereich, der Kernkompetenz von Cupori Oy. Wie schwierig das Geschäft mit dem Metall geworden ist, wird am niedrigen Verkaufspreis von sechs Millionen Euro sichtbar, den KME für 60 Prozent seiner französischen Standorte aufgerufen hatte. Deinvestition, wie es im Beraterdeutsch heißt, war den Italienern wichtiger als eine bilanzkonforme Ablöse. Das Kupfergeschäft ist derzeit fast so problembehaftet wie das Ölbusiness. Und es ginge nicht um Mirko Kovats, wenn er unbeirrt nicht auch hier engagiert bliebe: Er betreibt gemeinsam mit dem Kanzlersohn und ausgebildeten Erdölingenieur Jan Klima die K&K Oil and Gas GmbH, einem auf Ölfeldtechnik spezialisierten Unternehmen.

Alles muss raus

Häme ist zu billig, um den Kupfereinstieg von Kovats zu analysieren. Mirko Kovats macht etwas, was in Börsenkreisen antizyklisch genannt wird: Er kauft, wenn die Ware wohlfeil ist. Voraussetzung für diese bewährte Investitionsstrategie ist ein langer finanzieller Atem – vor allem, wenn es die Produktionskosten einer 350-Mitarbeiter-Gruppe zu stemmen gilt, deren Geschäfte in einem bewegten Umfeld zu Hause sind. Glaubt man Kovats Angaben gegenüber dem Insolvenzverwalter Matthias Schmidt, dann ist er nach der A-Tec-Pleite „fast mittellos“. Aber da es um Mirko Kovats geht, sind die Worte nicht unbedingt auf die Goldwaage zu legen. Denn der Mann hatte zum Insolvenzzeitpunkt umfassendes Immobilienvermögen in seinen beiden Stiftungen M:U:S:T und Tose geparkt – unerreichbar für den Insolvenzverwalter. Nach dem Verlust seiner industriellen Investitionen ist der Entrepreneur dabei, seinen Privatbesitz nach und nach zu versilbern. Nach Verkäufen von Zinshäusern in Wien und einem Hotel am Semmering 2013 und 2014 macht Kovats im Vorjahr Kasse: Im Sommer veräußerte er mit dem Artis Hotel am Wiener Rennweg das Juwel seiner Hotel-Investitionen und legte „für insgesamt weit über zehn Millionen Euro“ das Schlosshotel Krumbach in der Buckligen Welt drauf, auf das laut „Wirtschaftsblatt“ zwei Millionen Euro des Paketpreises entfielen. Ebenfalls im Sommer fand der Airo Tower in Wien Oberlaa einen Abnehmer. Die Käufer zahlten dafür netto 10,75 Millionen Euro. Das angejahrte Hotel unweit des Favoritner Verteilerkreises ist Firmensitz der verbleibenden Kovats-Gruppe, die in den oberen Etagen eingemietet ist. Ab Mai, wenn die Verkaufsverträge greifen, werden sich die Firmenadressen aber ändern.

Wer zahlt?

Bleibt die Frage, wie Mirko Kovats seine Kupfer-Offensive des Vorjahres finanziert. Die aus den Immobilienverkäufen des Vorjahres lukrierten 21 Mio. Euro flossen zu einem „guten Teil an die finanzierenden Banken“ zurück, wie es ein involvierter Immobilienexperte formulierte. Angaben über das verbleibende Kapital fehlen. Zudem zählte es stets zur Strategie von Mirko Kovats, seine Geschäftsideen mit so geringem Einsatz an Eigenmitteln zu finanzieren wie möglich. Knappe Liquidität war stets ein Markenzeichen von Kovats Unternehmen. Wie schnell der heute 67-jährige „Querdenker“ (Eigendefinition auf einem Buchtitel) nach dem A-Tec-Desaster wieder an fremdes Geld kommt, erscheint für befragte Banker unbestimmt – zumal der Kupfersektor als Investitionsziel wenig belastbar erscheint. Ob die finanziellen Möglichkeiten von Mirko Kovats schon ausreichen, um Cupori aus dem Preistief der Branche zu hieven, wird von Kreditschützern und ehemaligen Gläubigern bezweifelt. Aber klar ist auch: Mirko Kovats ist ein Stehaufmännchen.

Zur Person

Mirko Kovats, 67, hat eine schillernde Karriere hinter sich. Als Sohn ungarischer Einwanderer in Wien geboren, studierte er Handelswissenschaften und betätigte sich in den 80er-Jahren als Maschinenhändler in den ehemaligen Ostblockstaaten. In den 1990er-Jahren beteiligte sich Kovats an mehreren Diskotheken (unter anderem dem damals legendären Wiener Club U4). Wenig erfolgreich verliefen danach die Sanierung der Ersten Österreichischen Zahnradfabrik sowie der Wiener Brückenbau und Eisenkonstruktions A.G. Ende der 1990er-Jahre begann Kovats, seinen Konzern A-Tec Industries aufzubauen. Kern des Konzerns waren der Werkzeugmaschinenhersteller Emco sowie der Motorenhersteller ATB Austria Antriebstechnik und die Kupferhütte Montanwerke Brixlegg. Deren Insolvenz 2010 gilt als drittgrößte Pleite der Zweiten Republik.