Steuertipp Neue Märkte : Steuerfallen bei Expansion in neue Märkte: Warum Planung entscheidet

Staaten wie China, Indien oder Brasilien setzen verstärkt auf Quellensteuern. Dabei werden Steuern direkt von lokalen Geschäftspartnern einbehalten – unabhängig davon, ob eine lokale Tochtergesellschaft oder Betriebsstätte besteht.
- © vege - FotoliaNeue Märkte bergen Wachstumschancen – aber auch möglicherweise teure Steuerfallen: Doppelbesteuerung, Quellensteuern oder falsch gewählte Strukturen. Steuern sind damit nicht nur „Nebensache“, sondern ein zentraler Planungsfaktor, der jede strategische Entscheidung prägt. Dieser Beitrag skizziert die größten Risiken und warum rechtzeitige Steuerplanung, gerade bei der Erschließung neuer Märkte, unverzichtbar ist.
1. Ansässigkeit: Wo wird Ihr Unternehmen besteuert?
Im internationalen Steuerrecht zählt der Ort der „Ansässigkeit“. In der Regel besteuert der Staat, in dem ein Unternehmen seinen Sitz oder seine Geschäftsleitung hat – und zwar das weltweite Einkommen. Für Industrieunternehmen bedeutet das: Selbst, wenn die Expansion im Ausland läuft, bleibt der Heimatstaat (sog. „Ansässigkeitsstaat“) im Spiel.
2. Auch Marktstaaten greifen zu
Viele Länder fördern Investitionen und bieten initiale Steueranreize, aber häufig nicht ohne Gegenleistung. Neben Arbeitsplätzen erwarten Marktstaaten nachhaltige Beiträge zum Steueraufkommen. Das führt zu konkurrierenden Besteuerungsansprüchen von Ansässigkeitsstaat und Marktstaat – und bewirkt damit die Gefahr der Doppelbesteuerung. Zwar hat Österreich über 90 Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) abgeschlossen, doch auch diese garantieren keine Entlastung von Doppelbesteuerung.
3. Niederlassung oder Tochtergesellschaft?
Die Wahl von Rechtsform und Struktur der Tätigkeit im Ausland ist eine Weichenstellung mit Folgen für Steuern, Haftung und Investitionsförderung. Relevante Faktoren sind:
- Art und Dimension der Geschäftstätigkeit
- gewünschte Haftungsabschirmung
- Anreize im Marktstaat
- lokales Steuerrecht und DBA-Regelungen
Eine voreilige Gründung von Gesellschaften im Ausland ist jedenfalls riskant: Auch Auslandsgesellschaften können in Österreich steuerpflichtig werden, etwa wenn sie von Österreich aus geleitet werden. Wird ohne lokale Gesellschaft expandiert, stellt sich die Frage, ob im Marktstaat eine steuerliche Betriebsstätte begründet wurde.
4. Besteuerung ohne Präsenz – geht das?
Ja. Staaten wie China, Indien oder Brasilien setzen verstärkt auf Quellensteuern. Dabei werden Steuern direkt von lokalen Geschäftspartnern einbehalten – unabhängig davon, ob eine lokale Tochtergesellschaft oder Betriebsstätte besteht. Da eine Quellensteuer idR auf den Bruttobetrag erhoben wird, kann sie die tatsächliche Marge drastisch übersteigen. Wenn etwa in Indien eine 10 %ige Steuer auf eine technische Dienstleistung im Wert von 1.000 erhoben wird, und die Marge nur 5 % vom Umsatz beträgt, ist die Steuerbelastung doppelt so hoch wie der Gewinn. Wer solche ausländischen Quellensteuern nicht bei der Projektkalkulation einpreist, läuft Gefahr, Verluste zu erzielen.
5. Auswahl der richtigen Muttergesellschaft
Die Frage, welche Konzerngesellschaft sich im (neuen) Ausland engagiert, sollte unter anderem einer steuerlichen Analyse unterzogen werden. Günstige DBA können Vorteile bei Quellensteuern (Dividenden, Zinsen, Lizenzgebühren) verschaffen, steuerliche Regelungen wie Beteiligungsertrags-, Veräußerungsgewinnbefreiung, Gruppenbesteuerungsregime, die Möglichkeit steuerlich wirksamer Beteiligungsabschreibungen etc sollten jedenfalls analysiert werden.
Fazit: Steuerfallen vermeiden, Chancen sichern
Expansion erfordert Weitblick – steuerlich ebenso wie strategisch. Einmal ausgelöste Rechtswirkungen lassen sich kaum rückgängig machen. Wer steuerliche Risiken ignoriert, zahlt im Zweifel doppelt – und verliert Wettbewerbsvorteile. Jeder Schritt der Expansion will daher gut geplant sein und sollte steuerlich auf solidem Fundament stehen!
Mag. Dr. Valentin Bendlinger, MSc LL.M. (NYU), ICON Wirtschaftstreuhand, Linz/Wien.