Öl und Gas aus Russland : OMV-Chef Stern: "Nicht länger abhängig von den Lieferungen durch Gazprom"

Alfred Stern OMV Borealis

OMV-Chef Alfred Stern

- © APA/HANS KLAUS TECHT

Um sich aus dem Gas-Liefervertrag mit Russland zu lösen, betont die OMV die exakte Einhaltung des Vertrags durch den russischen Gazprom-Konzern. "Lieferort ist die slowakisch-österreichische Grenze", erklärte OMV-Chef Stern. Sollte die Ukraine den Gas-Transitvertrag mit Russland nicht verlängern, könnte Gazprom den Vertrag ab Jahresende nicht erfüllen. Stern erklärte zur APA, dass die OMV nicht mehr auf russisches Gas angewiesen sei.

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"Wir haben jetzt über zwei Jahre daran gearbeitet, unsere Quellen für Gas und die Transportwege so zu diversifizieren, dass wir nicht länger abhängig sind von diesen Lieferungen durch Gazprom", sagte Stern. "Wir können alle unsere Vertragskunden beliefern, auch wenn das russische Gas nicht kommt. Wir haben von der OMV-Seite damit diese Abhängigkeit nicht mehr." Zusätzlich wolle die OMV das russische Gas gar nicht mehr. "Wir haben als OMV die Abnahmemengen von Gazprom gegenüber vor dem Ukraine-Krieg signifikant reduziert."

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- © Industriemagazin

Mehrere Verfahren vor Schiedsgerichten

Die Kommunikation zwischen der OMV und Gazprom erfolgt derzeit vorwiegend über Anwälte, mehrere Verfahren laufen vor Schiedsgerichten. "Wir haben seit Anfang 2023, seit über eineinhalb Jahren, eine dezidierte Rechtsstrategie, die dazu dient, die Rechte der OMV zu wahren", so Stern. In der zweiten Jahreshälfte werde man mehr dazu sagen können. "Man wird sicher nicht alle Schiedsurteile durchsetzen können, aber es wird durchaus die Möglichkeit geben, verschiedene Teile davon umzusetzen", meint der OMV-Chef. "Wichtig ist, dass man sich zumindest die Rechtstitel sichert und dass man nicht im rechtsfreien Raum Entscheidungen trifft." Die OMV verhalte sich stets rechtskonform und halte die Sanktionsbestimmungen ein – Pipeline-Gas sei nach wie vor nicht von Sanktionen umfasst.

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Mit den aktuell präsentierten Ergebnissen für das zweite Quartal zeigte sich Stern zufrieden. "Wir haben ein Clean CCS Operating Result (bereinigtes Betriebsergebnis, korrigiert um Bewertungseffekte, Anm.) von 1,2 Mrd. Euro erzielt, das liegt 4 Prozent über dem gleichen Quartal des Vorjahres." Der operative Cashflow von 1,2 Mrd. Euro liegt um ungefähr 950 Millionen über dem gleichen Quartal des letzten Jahres. Der Gewinn je Aktie nach CCS betrug 1,51 Euro und liegt damit um 5 Prozent über dem Vorjahresquartal. Im zweiten Quartal schüttete die OMV eine reguläre Dividende und eine Sonderdividende aus. Mit über 12 Prozent Dividendenrendite "heben wir uns auch im Markt ab", sagte Stern.

Chemigeschäft läuft besser als im Vorjahr

Besonders das Chemiegeschäft lief besser als im gleichen Quartal des Vorjahres. Der Betriebsgewinn im Chemiebereich verbesserte sich um über 100 Mio. Euro. Einerseits verkaufte man um über 10 Prozent mehr, andererseits halfen auch höhere Referenzmargen. Auch die Joint Ventures, insbesondere Borouge, trugen höhere Gewinnbeiträge bei.

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Die OMV erzielte im zweiten Quartal einen den Aktionären zuzurechnenden Periodenüberschuss von 378 Mio. Euro, nach 380 Mio. Euro im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Im Halbjahr stieg dieser Überschuss um 10 Prozent auf 846 Mio. Euro. Das CCS Operative Ergebnis vor Sondereffekten (bereinigt um Lagerhaltungseffekte) stieg um 4 Prozent auf 1,23 Mrd. Euro. Der Konzernumsatz sank im zweiten Quartal vor allem wegen gesunkener Erdgaspreise um 4 Prozent auf 8,6 Mrd. Euro, im Halbjahr betrug der Rückgang 16 Prozent auf 16,8 Mrd. Euro.

Die Kapazitätsauslastung der Raffinerien sei gestiegen. Im Vorjahr gab es im gleichen Quartal einen Turnaround (geplante wartungsbedingte Produktionsunterbrechung, Anm.) bei der rumänischen Raffinerie Petrobrazi. "Ungefähr die Hälfte unseres Resultates im ersten Halbjahr kommt aus dem Retail-Geschäft, die Tankstellen haben sehr gut performt, sowohl im Fuel- als auch im Non-Fuel-Bereich."

Keine Neuigkeiten zu Borealis und Borouge

Das Ergebnis im Energiebereich fiel schlechter aus, besonders aufgrund regulatorischer Änderungen in Rumänien. Im zweiten Quartal musste man Übergewinnsteuern zahlen, zudem gab es regulierte Gaspreise in Rumänien. Dieser Preisdeckel wurde im April aufgehoben, aber der Marktpreis liegt nun ohnehin unter diesem Deckel. Zusätzlich sei es in Rumänien nicht möglich, die CO2-Preise weiterzugeben.

Für das Gesamtjahr rechnet die OMV mit einem durchschnittlich realisierten Erdgaspreis von rund 25 Euro je Megawattstunde (MWh) und einem durchschnittlichen Brent-Preis von 85 Dollar pro Fass.

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Es gibt weiterhin keine neuen Nachrichten zu den Verhandlungen über ein Joint Venture der OMV-Chemietochter Borealis mit Borouge in Abu Dhabi. Dass der Borouge-Eigentümer und OMV-Großaktionär ADNOC (Abu Dhabi National Oil Company) parallel auch Übernahmeverhandlungen mit dem deutschen Kunststoffkonzern Covestro führt, beunruhigt Stern nicht. Covestro mache etwas völlig anderes: "Die machen keine Polyolefine, die machen Polyurethane, Polycarbonat, andere Kunststoffe. Das hat mit dem nichts zu tun, was die Borealis macht." Es gebe keinen Wettbewerb, auf den Anlagen von Borealis und Covestro könne man nicht die gleichen Produkte herstellen.

Neptune Deep in Rumänien in der Umsetzung

Ein neues Geschäftsmodell der OMV ist die Speicherung von CO2. Im Juni erhielt die OMV Norge in einem Dreier-Konsortium mit Vår Energi (40 Prozent) und Lime Petroleum (30 Prozent) vom norwegischen Energieministerium eine zweite CO2-Speicherlizenz. In einem älteren Projekt in Norwegen werden in den nächsten Monaten Explorationsaktivitäten beginnen. Das erste Projekt soll etwa 2029 in Betrieb gehen, das neue Projekt kurz nach 2030.

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Beim Gasprojekt Neptun Deep im rumänischen Schwarzen Meer befindet man sich in der Umsetzung. "Wir haben mittlerweile 90 Prozent der Umsetzungsverträge vergeben." Man gehe weiterhin davon aus, 2025 mit den Bohrungen zu beginnen und Anfang 2027 in Betrieb zu gehen. "Das ist Europas größtes Offshore-Projekt und wird Rumänien zum größten Gasproduzenten in der EU machen und zur Energieunabhängigkeit der EU beitragen." Die Produktion dort werde sehr geringe CO2-Emissionen haben und viel umweltverträglicher als LNG sein. Im Juni übernahm die OMV auch von Total Energies alle Anteile am Öl- und Gasfeld Khan Asparuh im bulgarischen Schwarzen Meer. "Wir werden uns dort, wie es in der Öl- und Gasindustrie üblich ist, einen starken Partner suchen."

OMV-Plattform in Rumänien
OMV-Plattform in Rumänien - © OMV