Übernahme von Lenzing-Anteilen : B&C-Gruppe gibt Mehrheit an Lenzing ab: Suzano kauft 15 Prozent

Wolfgang Hofer B&C Gruppe

Wolfgang Hofer, Mitglied des Vorstandes der B&C-Gruppe

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Die B&C-Gruppe und Suzano haben heute bekannt gegeben, dass sie eine langfristige Partnerschaft eingehen, die die Mehrheitsbeteiligung von B&C an Lenzing betrifft. Suzano ist der weltweit größte Hersteller von Zellstoff. Zum Produkt-Portfolio von Suzano gehören Taschentücher und Toilettenpapier, Bücher, Druck- und Schreibpapier, Windeln, Hygieneartikel für Frauen, Verpackungen, Textilien sowie eine Reihe innovativer Anwendungen, die Produkte aus fossilen Brennstoffen ersetzen. Die börsennotierte Suzano ist mit einem umgerechneten Umsatz von über 7 Mrd. Euro der weltgrößte Zellstoffproduzent und gilt mit einem bereinigten operativen Gewinn (EBITDA) von 3,4 Mrd. Euro als höchstprofitabel. Suzano bewirtschaftet in Brasilien Plantagenholz auf einer Fläche von rund 26.000 Quadratkilometern.

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Gemäß dieser Vereinbarung wird Suzano einen Anteil von 15 Prozent an Lenzing von B&C übernehmen. Suzano soll zwei Aufsitzratssitze im fünfzehnköpfigen Lenzing-Aufsichtsrat erhalten. Zusammen werden B&C und Suzano ein langfristiges Aktionärs-Syndikat bilden, das nach Abschluss der Transaktion insgesamt 52,25 Prozent an Lenzing halten wird. Der Syndikatsvertrag läuft sieben Jahre und kann dann verlängert werden. B&C wird dann 37,25 Prozent an Lenzing besitzen und die Kontrolle innerhalb des Syndikats behalten. Der Kaufpreis beträgt 39,70 Euro pro Aktie, was einem Gesamtbetrag von 230 Millionen Euro entspricht.

Die Lenzing-Aktie schoss nach Bekanntgabe des Suzano-Einstiegs am Mittwoch um bis zu 14 Prozent auf 36,70 Euro nach oben, die Marktkapitalisierung belief sich auf 1,4 Mrd. Euro. Über 40 Prozent der Aktien befinden sich in Streubesitz, Goldman Sachs hält sieben Prozent. Die Suzano-Marktkapitalisierung betrug zuletzt 11 Mrd. Euro.

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Lenzing wieder profitabel machen

Suzano erhält zudem die Möglichkeit, ihren Anteil an Lenzing bis Ende 2028 um weitere 15 Prozent zu erhöhen und diese von B&C zu erwerben. Trotz dieser Option wird B&C als langfristiger Hauptaktionär von Lenzing bestehen bleiben. Suzano, der weltgrößte Zellstoffproduzent mit Hauptsitz in Brasilien, hat einen Jahresumsatz von über sieben Milliarden Euro. Das Unternehmen feiert dieses Jahr sein 100-jähriges Bestehen.

Suzano hatte laut B&C-Aufsichtsratschef Wolfgang Hofer bereits seit Jahren Interesse an einer Beteiligung an Lenzing. Seit letztem Jahr fanden Gespräche statt, die in den letzten Monaten konkreter wurden. „Wir haben immer davon geträumt, einer der Anteilseigner von Lenzing zu sein“, erklärte Suzano-Chef Walter Schalka am Mittwoch bei einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz in Wien. Man sei in der Lage, einen "wertvollen Beitrag zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Lenzing-Geschäftsmodells zu leisten". Sollte Suzano seinen Anteil an Lenzing in den nächsten Jahren von 15 auf 30 Prozent erhöhen, müsste der brasilianische Konzern ein Pflichtangebot an alle Aktionäre abgeben. "Es ist nicht unser Ziel, die Mehrheit zu übernehmen", betonte der Suzano-CEO.

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Die Partnerschaft zwischen B&C und Suzano zielt darauf ab, Lenzing wieder in die Gewinnzone zu befördern und Umsatz und Ergebnis zu steigern sowie die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern. Wolfgang Hofer, Aufsichtsratsvorsitzender der B&C-Gruppe, erklärt: „Wir sehen diese Partnerschaft als Win-win-win-Situation für alle Beteiligten. Mit Suzano hat die B&C einen finanzstarken Hauptaktionär für Lenzing gewonnen, der über umfangreiche Expertise und Reputation auf den internationalen Finanzmärkten verfügt. Suzano als größter Zellstoffproduzent der Welt rückt durch diese Transaktion näher an neue Märkte. Für Lenzing bedeutet dies ein Bekenntnis beider Partner, die Position von Lenzing als globaler Marktführer bei nachhaltigen Zellulosefasern weiter auszubauen.“

Walter Schalka, CEO von Suzano, betont: „Lenzing ist ein weltweit führender Anbieter von nachhaltigen Premium-Zellulosefasern für die Textil- und Vliesstoffindustrie. Mit ihrer etablierten Technologie, Produktpalette und technischem Know-how sehen wir großes Potenzial für weiteres Wachstum. Suzano ist überzeugt, basierend auf unseren Kernkompetenzen im Bereich Zellstoff und Kostenexzellenz gemeinsam mit B&C einen wertvollen Beitrag zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Lenzing-Geschäftsmodells leisten zu können. Die Beteiligung an Lenzing entspricht unserer Investitionsstrategie, unsere internationale Präsenz zu diversifizieren, neue Wachstumsmärkte für unsere Produkte zu erschließen und uns näher an den Endverbraucher zu bringen.“

Walter Schalka, CEO von Suzano
Walter Schalka, CEO von Suzano - © Suzano

Lenzing-Standort langfristig gesichert

Im Rahmen der Partnerschaft wurde auch eine langfristige Sicherung des Standorts Lenzing vereinbart, um den Hauptsitz und das Werk in Lenzing sowie wesentliche Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten vor Ort zu gewährleisten. Ebenso bleibt die Notierung der Lenzing AG an der Wiener Börse bestehen. Die Transaktion steht noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung der jeweils zuständigen Aufsichtsbehörden.

Das Lenzing-Management begrüßte in einer schriftlichen Stellungnahme die angestrebte Transaktion. "Lenzing und Suzano sind zwei Unternehmen, die sich in den vergangenen Jahren als relevante Player auf dem internationalen Zellstoffmarkt kennen und schätzen gelernt haben", sagte Lenzing-Chef Stephan Sielaff. Auf Basis der Suzano-Kernkompetenzen im Bereich Zellstoffproduktion und Operational Excellence könne der brasilianische Konzern "einen wertvollen Beitrag zur erfolgreichen Umsetzung" der Lenzing-Strategie leisten. "Für uns ist die Konstellation von den nun zwei starken Kernaktionären B&C Gruppe und Suzano S/A jedenfalls ein Gewinn", so der Lenzing-CEO.

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Die B&C-Gruppe hatte bereits Mitte April bekannt gegeben, dass sie strategische Partner für ihre Kernbeteiligungen an Lenzing, Semperit und AMAG sucht. Dabei würde sie auch eine Reduzierung ihrer Anteile unter die 50-Prozent-Schwelle in Kauf nehmen. Damals wurde betont, dass alle drei Unternehmen, insbesondere AMAG und Lenzing, vor Investitionen stehen, die nicht immer aus eigenen Mitteln finanziert werden können. Ab 2000 erwarb die Beteiligungsholding der Privatstiftung eine Reihe wesentlicher bankgeschäftsfremder Industrie-Beteiligungen der beiden Stifterinnen.

Der börsennotierte Faserhersteller Lenzing kämpft weiterhin mit den Herausforderungen des wirtschaftlichen Umfelds und musste zu Beginn des Jahres eine Abschreibung von fast einer halben Milliarde Euro vornehmen. Wie das Unternehmen mitteilte, ergab die jährliche Überprüfung der Werthaltigkeit von Vermögenswerten gemäß den internationalen Rechnungslegungsvorschriften (IFRS) einen Abwertungsbedarf von bis zu 480 Millionen Euro für das Geschäftsjahr 2023. Gründe für diese außerplanmäßigen Abschreibungen sind die anhaltenden Unsicherheiten im wirtschaftlichen Umfeld, die nach wie vor hohen Kosten für Rohstoffe und Energie sowie die durch das veränderte Zinsumfeld gestiegenen Diskontierungssätze.

Anfang 2022 lag der Aktienkurs von Lenzing noch bei 110 Euro. Seitdem ist der Kurs des Faserherstellers aufgrund des schwächelnden Textilmarkts, erheblicher Millionenverluste und Abschreibungen stark eingebrochen. B&C-Aufsichtsratschef Wolfgang Hofer verteidigte das Timing des Anteilsverkaufs gegenüber Journalisten. "Der Zeitpunkt richtet sich nach den Interessen von Lenzing, nicht nach denen der B&C." Mit Suzano habe man "einen finanzstarken Kernaktionär für Lenzing gewonnen, der umfangreiche Expertise und eine hohe Reputation auf den internationalen Finanzmärkten mitbringt". Hofer verwies auf erfolgreiche österreichische Unternehmen mit ausländischen Partnern, wie KTM mit indischen Miteigentümern und Red Bull mit einem Mehrheitseigentümer aus Thailand. "Ähnliches schwebt uns mit Lenzing und Suzano vor." Dank der umfangreichen Rohstoffreserven des neuen brasilianischen Partners könne Lenzing besser gegen die starke Konkurrenz aus Indien und China bestehen, so der B&C-Aufsichtsratschef.

Der oberösterreichische Faserhersteller Lenzing hat eine bedeutende Kapitalaufnahme von 400 Millionen Euro angekündigt, um seine finanzielle Position zu stärken und die Unternehmensstrategie weiter voranzutreiben. Bestehende Aktionäre erhalten das Angebot, für jeweils 11 Aktien fünf neue Anteilsscheine zu beziehen. Lenzingchef Stefan Silau sieht in diesem Schritt eine wichtige Maßnahme, um die aktuellen Herausforderungen des Unternehmens zu bewältigen.