Das Internet der Dinge ist längst mehr als ein Trend. Es wird zur Grundlage industrieller Transformation. Laut der aktuellen Studie Industrial IoT 2025, an der unter anderen auch der österreichische Mobilfunkanbieter A1 beteiligt war, setzen bereits 53 Prozent der Unternehmen im DACH-Raum IIoT-Lösungen produktiv ein. Grundlage der Studie sind 315 Interviews mit IT-Entscheidern aus Industrieunternehmen. Die Zahlen zeigen: IIoT ist in der Mitte der industriellen Praxis angekommen – allerdings oft noch in frühen Entwicklungsphasen.
Am häufigsten kommen IIoT-Anwendungen in der Automatisierung und Steuerung von Produktionsprozessen zum Einsatz. Weitere Anwendungsfelder sind das Supply Chain Management, die Logistik sowie das Energie- und Ressourcenmanagement. Die Erwartungen der Unternehmen sind klar: Effizienzsteigerung steht ganz oben auf der Agenda. Neue Geschäftsmodelle spielen bislang eine eher untergeordnete Rolle. Im Fokus stehen laut Studie vor allem Produktivitätssteigerungen (44 Prozent), die Reduzierung von Betriebskosten (41 Prozent), Monitoring und Einsparungen bei Energiekosten (35 Prozent), optimierte Wartungszeitfenster (30 Prozent) sowie Predictive Maintenance (23 Prozent).
Neue Intelligenz auf dem Shopfloor.
Die Vorteile sprechen sich herum, die Nutzungszahlen für IIoT wachsen weiter. In Summe plant laut Studie etwa 40 Prozent aller Unternehmen, die bisher IIoT noch nicht einsetzen, kurz- oder mittelfristig den Einstieg, gerade mal 2 Prozent haben sich gegen die Nutzung entschieden. Die Gründe hierfür sind fehlende Relevanz oder zu hohe Kosten.
Für das Wachstum der Nutzerzahlen sind neben den offensichtlichen Vorteilen auch mehrere technologische Entwicklungen verantwortlich. Die wichtigste ist wohl die rasante Weiterentwicklung der Künstlichen Intelligenz. Sie gilt als Schlüsselfaktor für den effektiven Einsatz von IIoT. Beide Technologien scheinen wie füreinander geschaffen: Laut Industrial IoT 2025 kombinieren 58 Prozent der befragten Unternehmen IIoT mit Künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen. Dieses Zusammenspiel – oft als „AIoT“ bezeichnet – eröffnet neue Möglichkeiten, etwa bei der Prozessoptimierung, Qualitätskontrolle oder vorausschauenden Wartung (Predictive Maintenance)
Ein Vorzeigeprojekt in diesem Zusammenhang ist die „Factory of the Future“ des Flugzeugbauers Airbus. In der sicherheitskritischen Fertigung, bei der jeder Handgriff sitzen muss, kommen dort intelligente Werkzeuge wie Schraubenzieher oder Bohrer zum Einsatz, die ihre millimetergenaue Position und Nutzungsdaten laufend an zentrale Systeme übermitteln. Ein Computer prüft daraufhin automatisch, ob jeder Arbeitsschritt korrekt ausgeführt wurde. Die nötige Technologie stammt unter anderem von Bosch. „Nicht jedes Tool ist permanent mit einem zentralen Backend verbunden“, erklärt Sebastien Boria, Model Integrated Computing Architect bei Airbus und einer der führenden Köpfe hinter dem Projekt. „Aber Tools können sich miteinander verbinden, um Informationen und Anweisungen auszutauschen. Das löst viele Probleme, etwa wenn Sie in einem Flugzeug arbeiten, indem kein drahtloses Netzwerk verfügbar ist.“
Ein weiteres Beispiel für den kombinierten Einsatz von IIot und KI findet sich bei der BMW Group. Der deutsche Auto-Hersteller hat hierzu eigens eine KI-Plattform namens AIQX (Artificial Intelligence Quality Next) entwickelt. Diese Plattform nutzt IIoT-Geräte wie Kameras und Sensorik, um Qualitätsprozesse am Fließband zu automatisieren. Eine KI analysiert die aufgezeichneten Daten in Echtzeit und sendet über Smart Devices sofortiges Feedback an die Mitarbeiter an der Produktionslinie.
Edge Computing als Schlüssel zur Industrie der Zukunft.
Aber: Der Einsatz von IIoT erzeugt auch eine riesige Datenflut, deren Verarbeitung an einer zentralen Stelle kaum noch möglich wäre. Unternehmen setzen deshalb zunehmend auf Edge Computing. Edge-Devices (Gateways) verarbeiten die Daten direkt dort, wo sie entstehen – also bei den IIoT-Geräten, in unmittelbarer Nähe zu Maschinen, Robotern oder Kameras. Die lokale Verarbeitung sorgt zudem dafür, dass nur relevante oder bereits aggregierte Daten weitergeleitet werden. Das bietet eine höhere Datensicherheit bei der Übertragung, spart Bandbreite, senkt Kosten und entlastet zentrale IT-Strukturen. Entscheidungen lassen sich praktisch in Echtzeit treffen, was insbesondere für sicherheits- und prozesskritische Anwendungen von großer Bedeutung ist.
Auch das sogenannte Chiplet-Packaging leistet einen wesentlichen Beitrag zur Weiterentwicklung von Edge-Computing-Systemen und damit auch für IIoT. Im Gegensatz zum herkömmlichen monolithischen Designansatz, bei dem sämtliche Funktionseinheiten auf einem einzigen Siliziumdie integriert sind, setzt das Chiplet-Packaging auf eine modulare Aufteilung. Die Funktionalitäten werden auf separate, spezialisierte Subkomponenten – sogenannte Chiplets – verteilt. Jedes Chiplet übernimmt dabei eine definierte Teilfunktion und ist so konzipiert, dass es sich standardisiert und verlustarm mit anderen Chiplets kombinieren lässt. Diese Technologie ermöglicht eine drastische Reduktion der Latenzen und Signalpfadlängen, und ist damit die Grundlage für die Entwicklung von hochleistungsfähigen und zugleich energieeffizienten KI-Funktionen.
IIoT über die Fabrikgrenzen hinaus.
Der Einsatz von IIoT-Systemen ist aber nicht nur auf nur einen Standort beschränkt. Produktionslinien, Lager, Maschinen und mobile Assets lassen sich per Funk über viele Kilometer hinweg miteinander vernetzen – selbst in Regionen ohne stabile Strom- oder Netzversorgung. Möglich machen das sogenannte Low-Power Wide Area Networks (LPWAN), eine Klasse besonders stromsparender Funktechnologien, die speziell für IoT-Anwendungen entwickelt wurden. Sie ermöglichen die Übertragung kleiner Datenmengen über große Distanzen – energieeffizient, kostengünstig und zuverlässig.
Ein weit verbreiteter Standard ist LoRaWAN. Die Technologie ermöglicht sichere Verbindungen über mehrere Kilometer, auch im urbanen Raum. Durch asynchrone Kommunikation und adaptive Datenraten (ADR) lässt sich der Energieverbrauch auf Geräteebene individuell optimieren. Industrieunternehmen profitieren nicht nur von einer breiten Auswahl an Endgeräten, sondern auch von der Möglichkeit, eigene Netzwerke aufzubauen – unabhängig von Mobilfunkbetreibern. Eingesetzt wird LoRaWAN vor allem im Asset Tracking, in der Zustandsüberwachung und in der Lieferkettenlogistik.
Mobilfunk trifft IoT.
Alternativ oder ergänzend kommen mobilfunkbasierte Technologien wie NB-IoT (Narrowband IoT) und LTE-M (LTE Cat-M1) zum Einsatz. Beide arbeiten in lizenzierten Frequenzbändern der Mobilfunkanbieter und sind daher besser gegen Interferenzen geschützt als viele LPWAN-Lösungen im unlizenzierten Spektrum. NB-IoT punktet mit besonders niedrigem Stromverbrauch und guter Gebäudedurchdringung – ideal für statische Sensoren und Anwendungen mit minimalem Datenaufkommen. LTE-M bietet hingegen mehr Bandbreite und unterstützt Funktionen wie Handover zwischen Funkzellen sowie Voice over LTE. Es wird vor allem für mobile Tracker, Flottenmanagement und Geräte mit erhöhtem Kommunikationsbedarf eingesetzt. NB-IoT- und LTE-M-Netze basieren auf 4G (LTE), sind jedoch auch Teil des 5G-Standards für Massive Machine Type Communications (mMTC) und damit zukunftssicher. In der Praxis kommt laut Industrial IoT 2025 in fast der Hälfte der Fälle ein Hybrides Modell bestehend aus 5G-Diensten und WLAN zum Einsatz. Auf LPWAN vertrauen nur 13,2 Prozent der Unternehmen.
Parallel dazu entwickelt sich auch die Verwaltung der Low-Power-Maschinennetze weiter, vor allem durch die nuSIM, die integrierte SIM (iSIM) speziell für das Internet of Things. Bei der nuSIM werden die Funktionen der SIM-Karte direkt in den Kommunikationschip integriert. Die Geräte lassen sich ohne physische SIM-Karte konfigurieren, updaten und verwalten. Mit einer solchen SIM sind zudem besonderes kompakte Geräte mit langer Batterielaufzeit möglich.