Rheinmetall baut größte Munitionsfabrik Europas – und greift nach Drohnen, Satelliten und Schiffen

Vor anderthalb Jahren setzte Rheinmetall in Unterlüß, zwischen Hamburg und Hannover, den Spatenstich. Jetzt laufen dort die ersten Granaten vom Band – in der künftig größten Munitionsfabrik Europas. 350.000 Artilleriegeschosse pro Jahr sollen hier bald produziert werden. Fast doppelt so viele wie ursprünglich geplant. Der Grund: Seit Russlands Angriff auf die Ukraine ist die Nachfrage nach Munition nahezu grenzenlos.

Rekordaufträge für Waffen und Munition

Die Division Weapons and Ammunition ist heute die Goldgrube des Düsseldorfer Konzerns. Ihr Auftragsbestand hat sich in zwei Jahren verdoppelt – von 5,7 auf 11,6 Milliarden Euro. Schon im letzten Quartal entfiel die Hälfte aller neuen Bestellungen auf diese Sparte.

Produziert wird längst nicht nur in Niedersachsen: Rheinmetall betreibt Standorte in ganz Deutschland, in Österreich und in den Niederlanden. Eine neue Fabrik entsteht in Bulgarien, weitere Projekte in Ungarn und Italien sind in Planung.

Zivilgeschäft auf dem Rückzug

Parallel zieht sich Rheinmetall aus dem Automobilgeschäft zurück. Die Autozuliefer-Sparte mit 24 Werken weltweit wird verkauft – Gespräche mit Finanzinvestoren laufen bereits. Einzelne Standorte werden komplett umgerüstet: In Berlinentstehen heute Munitionskomponenten statt Autoteile, in Neuss sollen bald Panzerteile, Flugabwehrsysteme und sogar Satellitentechnik gefertigt werden.

Panzer, Haubitzen – und ein Auftragsberg

Mit Fahrzeugen wie dem Lynx, der Panzerhaubitze 2000 oder der Wiesel-Familie erwirtschaftet Rheinmetall Milliarden. Der Auftragsbestand liegt bei 63 Milliarden Euro – dem 15-fachen der aktuellen Produktionskapazität. Durch Zukäufe in den USA und Rumänien sowie ein Joint Venture in Italien wird die internationale Präsenz massiv ausgebaut. Zielmarke: 20 Milliarden Euro Umsatz bis 2027.

Drohnen, Laser, Satelliten

Auch technologisch breitet sich Rheinmetall aus. Zu den neuen Geschäftsfeldern gehören:

das mobile Flugabwehrsystem Skyranger 30

das stationäre Hochenergie-Lasernetz Skynex

die Fertigung von SAR-Satelliten nach der Übernahme des finnischen Herstellers ICEYE

Drohnen-Programme wie Barracuda und Fury, entwickelt mit dem US-Partner Anduril

Einstieg in die Produktion von Feststoff-Raketentriebwerken

 

Einstieg in die Marine?

Zuletzt kamen Berichte auf, dass Rheinmetall den Marineschiffbauer Naval Vessels Lürssen (NVL) übernehmen könnte. Mit einem Umsatz von rund einer Milliarde Euro gehört NVL zu den größten deutschen Werften. Ein Deal würde Rheinmetall nicht nur Zugang zum Schiffbau verschaffen – er könnte auch die zersplitterte deutsche Marineindustriekonsolidieren.

Vom Spatenstich zum Rüstungsgiganten

Was mit einem Spatenstich in Unterlüß begann, ist längst ein Symbol für die neue Dimension von Rheinmetall. Aus einem Autozulieferer ist ein globaler Rüstungsgigant geworden – mit Panzern, Munition, Drohnen, Satelliten und vielleicht bald auch Kriegsschiffen.