Der Motoren-Pakt: Warum BMW bald Herzspender für Mercedes werden könnte
Wenn Konkurrenten gemeinsame Motoren bauen
Es sind wohl diese Tage im Jahr 2024 gewesen, als Mercedes-Chef Ola Källenius in einem Hintergrundgespräch mit der Stuttgarter Zeitung gleich zwei bittere Wahrheiten schlucken musste: Erstens – die Schwaben brauchen mittelfristig weit mehr Benziner, als ihre Elektro-Buchhalter eingeplant hatten. Zweitens – selbst mit mehr Verbrennern schrumpft der Markt schneller, als die Controller es jemals durchrechnen können.
Die Frage, die seither wie ein Kaugummi im Management klebt: Wie lassen sich steigende Entwicklungs- und Produktionskosten rechtfertigen, wenn die Lebenszeit des Produkts zugleich rapide abnimmt?
Källenius’ Antwort war ebenso unorthodox wie brisant: Er griff zum Telefonhörer – und rief ausgerechnet beim Erzfeind in München an. Sein Vorschlag: Mercedes und BMW könnten sich künftig gegenseitig mit Motoren und Getrieben beliefern.
Aus Rivalität wird Zweckgemeinschaft
Noch schweigen beide Konzerne offiziell. Doch nach Informationen aus Unternehmenskreisen könnte Mercedes schon ab 2027 BMW-Vierzylinder verbauen. Technisch kein Hexenwerk, sagen Insider. Ein paar Schnittstellen, ein paar Anpassungen – fertig.
So unwahrscheinlich eine Allianz im Herzen des Premium-Automobilbaus klingen mag: Sie passt zur neuen Realität. Mercedes kooperiert längst mit Geely in China, wo die 1,5-Liter-Motoren des CLA vom Band rollen. Warum also nicht auch mit dem Nachbarn? BMWs Aggregate aus dem Werk im österreichischen Steyr gelten als effizient, stark – und vor allem hybridfähig.
Der Pragmatismus siegt
Der eigentliche Treiber aber ist die Krise der Branche. Elektroautos verkaufen sich schleppender als erwartet, der einst radikale Strom-Kurs von Mercedes wankt. Plötzlich sind konkurrenzfähige Verbrenner wieder Gold wert – nur hat man sie in Stuttgart zu lange vernachlässigt.
BMW hingegen hielt unbeirrt an der „Zweigleisigkeit“ fest. Teurer, ja. Aber heute zahlt sich der Spagat aus: Motorenwerke sind so umgerüstet, dass Verbrenner und Stromer vom gleichen Band laufen. Für Steyr bedeutet das: Arbeitsplätze, Zukunft, Stabilität. Rund die Hälfte aller BMW-Motoren weltweit hat dort ihr Herz.
Amerika als Schlüssel
Noch entscheidender könnte die Allianz in den USA werden. Dort produzieren beide Premium-Hersteller bereits Hunderttausende SUVs – doch ohne eigenen Motorenbau vor Ort. Die Triebwerke müssen teuer aus Europa verschifft werden. Eine gemeinsame Fertigung in Amerika wäre nicht nur ein Befreiungsschlag gegen Zölle, sondern auch eine klare Standortpolitik.
Zweiter Anlauf, zweite Chance
Eine Entscheidung wird in den kommenden zwei Monaten erwartet. Scheitert das Projekt, wäre es nicht das erste Mal. Schon 2009 wollten BMW und Mercedes bei Getrieben und Hybrid-Komponenten gemeinsame Wege gehen. Wochenlange Verhandlungen zwischen Dieter Zetsche und Norbert Reithofer endeten damals in einem Fiasko: zu viel Ingenieursstolz, zu wenig Kompromiss.
Diesmal aber ist der Druck größer. Und die Rivalität kleiner, als es den Mythos beider Marken glauben lässt. Vielleicht schreibt die deutsche Autoindustrie in wenigen Wochen ein Kapitel, das jahrzehntelang undenkbar war: Mercedes mit BMW-Motoren.