Trump Zölle Mexiko Kanada : Trumps Zollhammer: "Aufträge über Nacht abgezogen"

Trumps Zölle setzen Österreichs produzierende Unternehmen unter Druck.
- © KI-generiert mit Dall-E ; Alex Brandon AP picturedesk.com; beigestelltAktive Mitgliedschaft erforderlich
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Trumps Zölle setzen Österreichs produzierende Unternehmen unter Druck.
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Noch studiert Helmut Kaufmann keine Zolltarifnummern. Schlichtweg, weil es dafür viel zu früh ist. Doch Donald Trumps Zollpolitik wirft seine Schatten voraus. "Wir haben jetzt eine sehr, sehr unsichere Marktnachfrage mit allen möglichen Störfeuern aus denr USA", sagt der Amag-Vorstandschef. Ab 12. März gelten 25 Prozente Zölle auf alle Stahl- und Aluminiumimporte in die USA - ohne Ausnahmen für EU-Länder.
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Zudem sind soeben die - zuvor für einen Monat ausgesetzten - Zölle gegen Kanada und Mexiko von 25 Prozent in Kraft getreten - was für den Aluminiumhersteller mit Sitz in Ranshofen eine doppelt bittere Pille sein könnte: Sollten kumulierte Zölle möglich sein, könnten zweimal 25 Prozent schlagend werden. Denn die Amag hält 20 Prozent an der Aluminerie Alouette Inc in Québec. Fast vollständig findet der auf Amag entfallende Anteil des Outputs an Primäraluminium in den USA seinen Absatz. Es gelte also nun, eine alte Amag-Stärke - flexibles Handeln - auszuspielen. So habe man für Primäraluminium keine langfristigen Verträge mit Kunden in den USA abgeschlossen, sagt Kaufmann. Wenn es wirtschaftlich sinnvoll sei, könne die Amag auch von Kanada nach Europa liefern.
Hinzu kommt: "Die USA können es nicht selbst", so Kaufmann. Die Amerikaner haben bei einem Bedarf von etwa fünf Millionen Tonnen Primärametall eine Eigenproduktion von weniger als einer Million Tonnen - sie müssen also mehrheitlich importieren, was Zölle zum Boomerang für die US-Wirtschaft machen könnte. Die Verflechtungen sind freilich nicht von der Hand zu weisen. Von 425.000 Tonnen Aluminium, die Amag 2024 absetzte, gingen 155.000 Tonnen in die USA. Rund 30.000 Tonnen davon entfallen auf Walzprodukte, die von Ranshofen aus in die USA geliefert wurden.

Nachrichten am laufenden Band
Dass der neue US-Präsident so schnell ständig neue Nachrichten produziert, überrascht Bernd Rübig, Geschäftsführer der auf den Bau von Wärmebehandlungsanlagen spezialisierten Welser RÜBIG Gruppe nicht. „Das war bei einem "Haken schlagenden" Donald Trump erwartbar“, sagt er. Gewissermaßen auch, dass Kunden aus dem Tier-1-Bereich jetzt angesichts einer drohenden Zollkulisse erstmal auf die Bremse steigen. "Die Phase ist massiv unsicher, Kunden warten mit ihren Investitionsentscheidungen zu", so der Unternehmer. Potenzielle Mehrkosten in der vorgelagerten Lieferkette – Wärmebehandlungsanlagen schlagen mit 700.000 bis weit über eine Million Euro zu Buche - würden herkömmliche Bauteilpreiskalkulationen bei Kunden "hinfällig machen", sagt er.
Auch wenn Anlagenbauer in der ersten Zollankündigungswelle jetzt erst einmal ungeschoren bleiben würden - Rübig hat erlebt, wie schnell es gehen kann, dass EU-Produkte aus den USA abgezogen werden. Als Folge Bidens Inflation Reduction Acts wurden "Aufträge über Nacht abgezogen, da die Abbruchkosten niedriger lagen als die gewährten Steuererleichterungen", erzählt er. Da lagen die Teile noch am Schiff, als längst der Produktionsstopp erfolgt war.

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Angespannt
Auch jetzt ist die Lage angespannt. "Wenn wir den US-amerikanischen Markt als Ganzes verlieren, würden mehrere Millionen Euro aus dem US-Wärmebehandlungsgeschäft entfallen", sagt Rübig. Darauf, dass Investitionsentscheidungen von US-Kunden nun vielleicht sogar schneller getroffen werden könnten, um Zölle zu umgehen, könne man hoffen, sich aber nicht verlassen. Die RÜBIG-Gruppe verfügt über ein Netz an Handelsvertretern, mit denen man in ständigem Austausch ist. Auch darüber, ob sich Ausnahmen von Zöllen für bestimmte Produktgruppen abzeichnen. Die local-content-Bestimmungen werden durchleuchtet. Es stellt sich ebenfalls die Frage, wie hoch die Fertigungstiefe in den USA sein muss, um die Zollthematik in den Griff zu bekommen. Bei Plasmanitrier- und Beschichtungsanlagen gibt es jedenfalls in Rübigs Wahrnehmung keinen vergleichbaren US-Mitbwerb.
Dass Kunden jetzt vermehrt mit der Forderung nach Kostenreduktionen bei Rübig anklopfen würden, sei "unabhängig von der Zollthematik Fakt". Die Oberösterreicher sind zudem gezwungen, neu zu bewerten, in den USA mit eigenem Produktionsstandort tätig zu werden. "Die Situation regt natürlich zum Nachdenken an", so Bernd Rübig. Alleine sich in den USA energietechnisch auf eigene Beine zu stellen, sei für ein Unternehmen dieser Größe - und energieintensiven Prozessen - jedoch ein "Riesenunterfangen".
Was das alles für die Produktion in Europa bedeutet? "Innereuropäische Verlagerungen von Arbeitsinhalten in der Automobilbranche aus Kostengründen sind Fakt", meint Rübig. So sind die Oberösterreicher bereits mit einem Wärmebehandlungsstandort in der Slowakei vertreten, die Errichtung einer Anlagenfertigung im Osten - womöglich Slowakei oder Polen - ist in Prüfung. Joint-Venture-Möglichkeiten im Baltikum sind für die Business Unit Schmiedetechnik angedacht. Als "alter Optimist" habe Bernd Rübig jedenfalls die Hoffnung, dass die EU Trump als Weckruf versteht. "Europa braucht eine solide Wirtschaftspolitik, wir können nicht länger der Spielball zwischen USA und China sein".
"Wir bleiben optimistisch"
Stefan Engleder, CEO Engel Austria, über Trumps Zollpolitik.
"Mit zehn Produktionsstandorten weltweit ist Engel flexibel aufgestellt, um auf handelspolitische Veränderungen reagieren zu können", sagt Engel-CEO Stefan Engleder. Die Einführung von Zöllen auf Importe aus Mexiko sei "für unser Werk in Querétaro sicherlich nicht optimal, aber wir bleiben optimistisch". Man könne eine gute Auslastung des Werks durch den lokalen mexikanischen Absatz sowie die Belieferung unserer Märkte in Latein- und Südamerika sicherstellen, sodass der direkte Einfluss der Schutzzölle begrenzt bleibt. "Zudem investieren wir langfristig in den Standort, um nahe bei unseren Kunden zu sein", sagt Engleder.
Sollte es zu Schutzzöllen für Europa kommen, seien sowohl der mexikanische als auch der koreanische Standort strategisch gut aufgestellt, um Lieferungen in die USA sicherzustellen. Generell seien klare und verlässliche Rahmenbedingungen essenziell für Investitionsentscheidungen. "Die jüngste Aussetzung der Zölle zeigt, wie dynamisch sich die Situation entwickelt – wir beobachten diese genau und passen unsere Strategie entsprechend an".

Neue Flexibilität
Der Waldviertler Automobilzulieferer Pollmann startet mit einer neuen Führung ins Jahr. Im Management verbleiben COO Robert Stubenberger und Miteigentümer Stefan Pollmann, verantwortlich für Vertrieb und Business Development. Neu an Bord ist Jörg Scheithauer. Er ist Interims-CFO und managte zuletzt langjährig die Finanzen bei TGW und Primetals. Christian Schreiberhuber, seit 2023 CEO und davor seit 2015 CFO, hat das Unternehmen im Dezember im besten Einvernehmen verlassen. Frische Impulse würden dem Unternehmen in einer Zeit, in der sich das Automobilzuliefergeschäft rasant verändert, sehr guttun, sagt Stefan Pollmann. Sich in punkto Kostendrucks und Flexibilität strategisch neu aufzustellen sei "eine Frage der Notwendigkeit", sagt Pollmann.
Ein erster Schritt: Das Effizienzsteigerungsprogramm "Simply:Pollmann". Es soll Ineffizienzen und Komplexität aus dem Unternehmen holen. Es ist ganz oben aufgehängt bei der Geschäftsführung und dem Lenkungsausschuss der Eigentümerfamilie. Motto: "Keine heiligen Kühe, keine Tabus". Pollmann bleibt im Bild seines Großvaters Ernst, einen begeisterten Heißluftballonfahrer. "Es hängt jetzt einiger Ballast am Korb. Den müssen wir identifizieren, um an Flughöhe zu gewinnen", sagt er. Wichtig: Es gehe "nicht primär um Cost Cutting bei den Mitarbeitern, also personelle Einschnitte, sondern der Optimierung der Geschäftsprozesse".
Punkte, die Interims-CFO Scheithauer - das Unternehmen sei auf der Suche nach einer Permanentbesetzung des Postens - ganz objektiv ansprechen könne und bei denen er "seine Seniorität und sein Netzwerk" einbringe. Was plant man im Detail: An seinen drei Kernmärkten Europa, China und USA will das Unternehmen festhalten. Die Weiterentwicklung von Produkten sei dagegen ein wesentlicher Faktor der Veränderung. So will man das etwas aus der Zeit gefallene Geschäftsmodell der klassischen Serienproduktion, für fünf bis sieben Jahre voraus planbare Volumina zu produzieren, die dann verlässlich abgerufen werden, durch "kommerziell mutigere Ansätze im Angebotsprozess" ablösen. Modularität und Agilität sind Stichworte in einer an Disruptionen reichen Zeit. Vorstellbar: Kürzere Etappen der Zusammenarbeit, etwa auf zwei Jahre angelegt. "Ein Modul Zwei und ein Modul Drei könnten dann bei Interesse des Kunden realisiert werden", sagt Pollmann.

"Zölle nicht ganz egal"
Ein weiterer Hebelpunkt: Sich noch breiter aufzustellen. "Wir wollen uns in Zeiten von Überkapazitäten nicht auf künftiges Marktwachstum verlassen, sondern an der Durchdringung der gesamten Zulieferwelt mit Pollmann-Produkten arbeiten", sagt Stefan Pollmann. Das Waldviertler Unternehmen sei da in Summe noch ein relativ "kleiner Fisch im Teich". Einige OEM bediene man aktuell nur rudimentär. Dieses Potenzial wolle man "anbohren" - mit Erfolg, wie eine Auftragsnominierung im Februar, die sich im Herbst angebahnt hatte, zeige. Rund 40 bis 50 Prozent der Neunominierungen betreffen den E-Mobilitätsbereich, auch der Türschlossbereich sei immer noch stark. "Und der Verbrennerbereich ist nicht zum Erliegen gekommen", sagt Pollmann.
Wie aber blickt Stefan Pollmann, der den Aufbau des mexikanischen Pollmann-Werks leitete, auf Trumps Zollpolitik? Am Standort in San Miguel de Allende sei der "Ramp Up" quasi vollzogen, ein Peak Volume für erste Anlaufprodukte - es handelt sich unter anderem um einen Auftrag des deutschen Schließsystemherstellers Kiekert über die Fertigung von jährlich 1,4 Millionen Türschlossgehäusen für die Premiummarken deutscher OEMs - geschafft. Sollten Zölle gegen Mexiko in Höhe von 25 Prozent kommen, würde "der dadurch entstehende Kostendruck uns natürlich treffen", sagt Pollmann. Denn selbst wenn gemäß Incoterms das Zollrisiko derzeit hauptsächlich bei den Kunden liegen würde: "Ganz egal kann uns das nicht sein", sagt Pollmann. Kosten würden sich in der Lieferkette aufteilen. Von Kunden werde die Situation aktuell als Risiko eingestuft.
So sehr, dass bei der "Neuvergabe von Projekten vorsichtiger agiert" werde. Einerseits. Anderseits könne das Produktionswerk in Mexiko zusätzlich aufgeschlagene Kosten quasi absorbieren. "Mexiko kommt uns auch nach Einführung von Zöllen um einiges günstiger als eine lokale Produktion in den USA", sagt Pollmann. Vieles wird jedenfalls auch von den künftigen Local-Content-Anforderungen abhängen - also wo der Industrialisierungsstandard per Definition zu erfolgen hat. In ihrer bisherigen Ausgestaltung im Rahmen des Handelsabkommens USMCA böten diese mit ihrer 75-Prozent-Regel jedenfalls Möglichkeiten: "Wir erfüllen diese derzeit etwa auch dann, wenn wir für die Schiebedachproduktion Kinematiken von unserem chinesischen Werk in Kunshan nach USA einführen", sagt Pollmann. Der einfache Grund: Das dazugehörige Baugruppen-Sourcing in der US-Region sei von der Wertigkeit weit höher einzustufen. Eine Pollmann-Produktion auf US-Boden sei aus heutiger Sicht jedenfalls auszuschließen. Geplant jedoch schon für 2025 ist die Errichtung eines Engineering-, Sales und Service Centers in den USA.
Reziproke Zölle, die Europas Automobilbauer nun auch bei der Einfuhr in den USA treffen könnten, sieht Pollmann wenig feierlich. "Am Ende des Tages erzeugt das noch mehr Unsicherheit", sagt er. Das kostet noch einmal Nerven und Zeit. Nachsatz: "Das lähmt irgendwie schon". Wenngleich auch eine Periode Trump wieder vorübergehen werde", sagt dazu Stefan Pollmann.
Wenig gegangen
Die Härten des Automobilzuliefergeschäfts bekam der Grambacher Sondermaschinenbauer PIA Automation Austria zuletzt mit voller Wucht zu spüren. Große OEMs - auch deutscher Provenienz - fuhren die Investitionen in E-Mobilitätsprojekte zurück oder stoppten diese ganz. "Die zweite Hälfte 2024 war katastrophal, da ist nichts mehr gegangen", sagt Geschäftsführer Franz Reiter. Zuversicht sollte für 2025 zurückkehren. Nun sorgen neue Handelshemmnisse - viele davon erst kürzlich angekündigt, wie die Strafzölle gegen Mexiko und Kanada - für neue Unsicherheiten. Das steirische Unternehmen könnte besonders exponiert sein: Gerade erst hat man sein Nordamerikageschäft für 15 Prozent des Gesamtumsatzes gut restrukturiert und der kanadische Standort wurde neu aufgesetzt. "Von Toronto und auch der 2021 gegründeten mexikanischen Niederlassung in León, beliefern wir vorwiegend Kunden aus den USA in den Segmenten E-Mobility und Powertrain ", schildert Reiter. Im Werk in den USA - in Evansville domiziliert - endmontiert das Unternehmen bereits hochwertige Anlagen und wird diesen Standort weiter stärken.
Was Reiter verstimmt: Das vorherrschende Informationsdefizit über die etwaige Ausgestaltung von Zöllen. Trump schüre Unsicherheit. Werden bei Zöllen der Auftragswerk oder der Materialwert als Basis herangezogen? Und ist davon wiederum Material, das von USA nach Kanada geliefert werde, ausgenommen? "Das kann dir keiner explizit sagen", sagt Reiter. Rede man nur vom Material, würde der "große Elefant, der jetzt mit den Zollankündigungen im Raum steht, kleiner". Gängige Local-content-Bestimmungen waren jedenfalls noch nie ein Problem. "Die sind machbar, wenn vor Ort Maschinen hochgefahren und eingestellt werden", sagt er.

USA first?
Wie also reagieren aktuell die nordamerikanischen Kunden? Da gibt es jene, die keine Direktiven vorgeben würden und lieber erst einmal abwarten. Und dann gibt es jene - vornehmlich solche mit Headquarter in den USA - die der "USA first"-Philosophie anhängen und sich dies auch von Zulieferern ausbedingen würden. "Wenn Trump mit Zöllen Druck ausübt, bewirkt er schon etwas, weil unsere Kunden zu überlegen beginnen, ob sie nicht versuchen sollten Wertschöpfung nach USA zu bringen", sagt Reiter. Und wenn sich das von zehn Unternehmen fünf denken, sei das eben "spürbar". Wenngleich nach wie vor gilt: Selbst ein hoher Prozentsatz Einfuhrzoll gegen Kanada und Mexiko würden die viel höheren Personalkosten in den USA nicht ausgleichen. Reiter: "Selbst dann baue ich immer noch um einiges günstiger in Kanada oder Mexiko als in den USA". Derzeit prüft PIA Automation alle Möglichkeiten die Situation bestmöglich zu meistern, sei es durch Steigerung der Wertschöpfung in den USA oder durch Effizienzsteigerungen der Niederlassung in Nord Amerika.
Schritt nach Mexiko
2019 setzte der Elektronikdienstleister Melecs EWS einen folgenschweren Schritt nach Nordamerika. Die Burgenländer übernahmen 70 Prozent sowie die unternehmerische Führung an der Prettl Electronics Queretaro in Mexiko. Die deutsche Prettl-Gruppe blieb zunächst Minderheitsaktionär. Melecs gewann neue Kunden in den Business Units Weißware, Automotive und Industrie und kann heute, nach Gesamtinvestitionen von 25 Millionen Euro und der gänzlichen Übernahme, Fertigungskapazitäten für Kunden in Mexiko und Nordamerika vorweisen. Entsprechend wenig kann CEO Bernhard Pulferer Trumps Zollregime abgewinnen. Die Zölle, die jetzt eingeführt wurden, würden zu Unsicherheit und Unvorhersehbarkeit in den Märkten führen. Eine solche Gemengelage sei niemals gut, wenn man "gutes Geschäft machen will", sagt Pulferer.
Das nordamerikanische Geschäft - und damit das Mexiko-Werk mit 90 Millionen USD Jahresumsatz 2024 - ist für den Elektronikfertiger von enormer Bedeutung. 20 Prozent zum Gesamtumsatz des Unternehmens trägt dieses bei. Fast zur Gänze - nämlich 18 Prozent - wird dieser Umsatz "aus Mexiko heraus generiert", sagt Pulferer. Zölle gegen Mexiko in der Höhe von 25 Prozent, die nun für einen Monat ausgesetzt worden sind, bezeichnet er als "wenig spaßig".

Kaum kompensierbar
Gemäß Incoterms gebe es zwar nur sehr wenige Kunden, für die "die Verzollung in unsere Verantwortung fällt", sagt er. Doch das mache es nicht besser. Denn die Teuerung würde natürlich durchgereicht. "Ein Preisaufschlag in der Höhe von 25 Prozent wäre in unserem Geschäft schwer bis unmöglich zu kompensieren", sagt Pulferer. Konkret würde man sich dann mit Kunden zusammensetzen und Kunde für Kunde die Preiskonstellation und die Programme bewerten. Pulferer macht sich nichts vor: Da würde dann der normale Mechanismus des Marktes greifen. "Da würden hier und dort die Bedarfe zurückgehen und das würde uns nicht gefallen", sagt er. Doch auch wenn es in den USA jetzt womöglich rumpelig wird und "gut eingefahrene Wirtschaftskanäle beleidigt" seien: "Wir brauchen den Fertigungsstandort Mexiko, dieser ist alternativlos".
Mit einer gewissen Erleichterung hat der Melecs-EWS-Chef deshalb vernommen, dass die Mexiko-Zölle fürs erste einmal ausgesetzt sind. Er sei vorsichtig optimistisch, dass das Unternehmen auch weiterhin seine Stärken am Markt USA ausspielen werde können. Die in der ersten Ära Trump ausverhandelten USMCA-Verträge seien ein Grund dafür gewesen, warum die Wirtschaft in Mexiko floriert hat.
"Durchziehen"
Mitte Jänner eröffnete Henn Indo-Pacific in Chennai einen neuen Montagestandort. Ein kleines, feines Werk mit rd 2000 Quadratmetern Fläche für 30 bis 40 neue Mitarbeiter. Produziert sollen hier für die Region einschließlich Thailands, Südkoreas oder Japans automobile Verbindungstechnologien - Kunststoffkupplungen für Anwendungen der E-Mobilität - werden. Martin Ohnebergs Mannschaft eröffnete das Projekt vor wenigen Wochen feierlich. In einem ebenfalls neuen Technikzentrum in Pune wird gerade die Zahl der Entwickler in die Höhe geschraubt. Und auch in Mexiko will das Unternehmen Henn zum Ende des ersten Halbjahres 2025 mit einem Assemblingwerk vertreten sein, sagte Martin Ohneberg im Jänner.
Bleibt es angesichts von Trumps Einfuhrzöllen für Mexiko und Kanada dabei? "Das werden wir durchziehen", sagt Ohneberg dem INDUSTRIEMAGAZIN. Man halte den Kunden selbstverständlich Wort. Die nächsten zwei bis drei Jahre würden gesamtwirtschaftlich (insbesondere in (West)Europa) herausfordernd werden - das Wachstum wird im NAFTA Raum und Asien zu finden sein - eine Fertigung vor Ort wird daher erfolgsentscheidend. Der Export spielt zukünftig eine untergeordnete Rolle - die Bedeutung an Direktinvestitionen („Lokalisierung“) nimmt massiv zu. Und es gebe eben auch "die Zeit nach Trump", sagt Ohneberg.
Jenes New-Mobility-Produkt für einen mexikanischen Tier-1, um das es sich beim Mexiko-Deal dreht - konkret sind es Kühlwasserkupplungen, die final an einen nordamerikanischen OEM gehen - , wird Henn gewiss nicht in Europa produzieren, um es dann nach Amerika zu schicken, sagt der CEO. Das Werk mit 1.500 Quadratmetern Fläche, ist voll in der Umsetzung. Im ersten Schritt werden dort ca 20-30 Mitarbeiter beschäftigt sein. In Mexiko rechnet er sich kurz-, und mittelfristig größere Wachstumschancen als in Indien aus - soviel zum Stellenwert der Region.

Zollpolitik Gift
Die Kunden sind primär Tier 1 in Mexiko; daher sind wir in diesem Bereich unmittelbar von keinen Zöllen betroffen. Bei allfälligen Lieferungen aus Mexiko in die USA, stellt sich Ohneberg je Lieferkonditionen selbstverständlich auf Nachverhandlungen mit Kunden und Partnern in der Region ein. Dass Trump bei den Mexiko-Zöllen noch einen deutlicheren Rückzieher macht als er es mit dem Aufschub um einen Monat gerade getan hat, hofft Ohneberg trotzdem. "Am Ende schadet er allen", so der Henn -Chef. Er heize damit die Inflation in Amerika an und schade der US-Automobilwirtschaft, deren vorgelagerte Strukturen in Mexiko domiziliert seien. Dass auch Europa Strafzölle ausfassen könnte, ist für Ohneberg vorstellbar. Die Gemengelage mit ihren multiplen Krisen - geopolitische Unsicherheit, Transformation, Kostendruck, Lokalisierung, Zölle - "wird immer herausfordernder", sagt er. Für die Wirtschaft sei "Trumps Zollpolitik Gift", sagt er. Denn Unternehmen bräuchten Vorlaufzeit bzw Berechenbarkeit, um Maßnahmen zu setzen. "Am Ende des Tages sind darüber hinaus viele der Dinge nicht beeinflussbar bzw vorhersehbar", sagt Ohneberg.