Neue strategische Partnerschaft : Suzano übernimmt 15% an Lenzing: Neuer strategischer Partner für österreichischen Zellstoffkonzern

Lenzing

Die B&C Gruppe und der brasilianische Zellstoffkonzern Suzano haben im Juni den Einstieg von Suzano beim oberösterreichischen Zellstoffkonzern Lenzing vereinbart.

- © FRANZ NEUMAYR

Im Juni haben die B&C Gruppe und der brasilianische Zellstoffproduzent Suzano vereinbart, dass Suzano eine Beteiligung am oberösterreichischen Unternehmen Lenzing übernimmt. Konkret erwarb Suzano 15 Prozent der Lenzing-Aktien. Nachdem am 30. August alle relevanten Aufsichtsbehörden ihre Zustimmung gegeben haben, wurde die Beteiligung wirksam, wie die B&C Gruppe am Samstag mitteilte.

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Durch diese Transaktion reduzierte sich der Anteil der B&C Gruppe an Lenzing auf 37,25 Prozent, während Suzano nun 15 Prozent der Anteile hält. Gemeinsam bilden die beiden Unternehmen ein langfristiges Aktionärssyndikat, das zusammen 52,25 Prozent der Stimmrechte kontrolliert. Die Kontrolle innerhalb dieses Syndikats liegt bei der B&C Gruppe, die mit ihrem Anteil von 37,25 Prozent weiterhin maßgeblichen Einfluss ausübt. Der Kaufpreis pro Aktie lag bei 39,70 Euro, was einem Gesamtvolumen von 230 Millionen Euro entspricht. Suzano wird zukünftig mit zwei Mitgliedern im Aufsichtsrat der Lenzing vertreten sein.

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Hauptsitz wird in Lenzing verbleiben

Suzano hat bis Ende 2028 die Option, weitere 15 Prozent der Lenzing-Anteile von der B&C Gruppe zu erwerben. Ungeachtet dessen bleibt die B&C Gruppe langfristig der Hauptaktionär der Lenzing. Zudem wurde eine langfristige Standortsicherung vereinbart, die den Erhalt des Hauptsitzes und des Werks in Lenzing sowie wesentlicher Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten absichern soll. Lenzing bleibt weiterhin an der Wiener Börse gelistet.

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Suzano zeigte laut B&C-Aufsichtsratschef Wolfgang Hofer bereits seit mehreren Jahren Interesse an einer Beteiligung an Lenzing. Intensive Gespräche begannen im letzten Jahr und wurden in den letzten Monaten konkreter. „Wir haben immer davon geträumt, einer der Anteilseigner von Lenzing zu sein“, sagte Suzano-Chef Walter Schalka am Mittwoch bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz in Wien. Suzano sei bereit, einen "wertvollen Beitrag zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Lenzing-Geschäftsmodells zu leisten". Sollte Suzano seinen Anteil in den kommenden Jahren von 15 auf 30 Prozent erhöhen, müsste das Unternehmen ein Pflichtangebot an alle Aktionäre unterbreiten. "Es ist nicht unser Ziel, die Mehrheit zu übernehmen", betonte der Suzano-CEO.

Suzano, die in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen feiert, ist der weltgrößte Zellstoffproduzent mit einem Jahresumsatz von über 7 Milliarden Euro und hat ihren Hauptsitz in Brasilien.

Lenzing soll zurück in die Gewinnzone

Die Partnerschaft zwischen B&C und Suzano verfolgt das Ziel, Lenzing wieder in die Gewinnzone zu bringen, den Umsatz zu steigern und die internationale Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Wolfgang Hofer, Aufsichtsratsvorsitzender der B&C-Gruppe, beschreibt die Zusammenarbeit als „Win-win-win-Situation für alle Beteiligten.“ Er betont: „Mit Suzano hat die B&C einen finanzstarken Hauptaktionär für Lenzing gewonnen, der nicht nur über umfassende Expertise, sondern auch über eine starke Reputation auf den internationalen Finanzmärkten verfügt. Als weltgrößter Zellstoffproduzent öffnet sich Suzano durch diese Partnerschaft neue Marktzugänge. Für Lenzing bedeutet dies, dass beide Partner fest entschlossen sind, die Position des Unternehmens als globaler Marktführer im Bereich nachhaltiger Zellulosefasern weiter auszubauen.“

Walter Schalka, CEO von Suzano, unterstreicht: „Lenzing ist ein weltweit führender Anbieter von nachhaltigen Premium-Zellulosefasern für die Textil- und Vliesstoffindustrie. Mit ihrer etablierten Technologie, Produktpalette und technischem Know-how sehen wir großes Potenzial für weiteres Wachstum. Suzano ist überzeugt, basierend auf unseren Kernkompetenzen im Bereich Zellstoff und Kostenexzellenz gemeinsam mit B&C einen wertvollen Beitrag zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Lenzing-Geschäftsmodells leisten zu können.“ Er fügt hinzu, dass die Beteiligung an Lenzing perfekt in die Investitionsstrategie von Suzano passt, die darauf abzielt, die internationale Präsenz zu diversifizieren, neue Wachstumsmärkte zu erschließen und näher an den Endverbraucher zu rücken.

Walter Schalka, CEO von Suzano
Walter Schalka, CEO von Suzano - © Suzano

Lenzing weiterhin vor Herausforderungen

Der börsennotierte Faserhersteller Lenzing steht weiterhin vor erheblichen Herausforderungen im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld und musste zu Beginn des Jahres eine fast halbe Milliarde Euro abschreiben. Laut einer Mitteilung des Unternehmens ergab die jährliche Überprüfung der Werthaltigkeit von Vermögenswerten gemäß den internationalen Rechnungslegungsvorschriften (IFRS) einen Abwertungsbedarf von bis zu 480 Millionen Euro für das Geschäftsjahr 2023. Diese außerplanmäßigen Abschreibungen wurden durch anhaltende wirtschaftliche Unsicherheiten, weiterhin hohe Rohstoff- und Energiekosten sowie gestiegene Diskontierungssätze aufgrund des veränderten Zinsumfelds notwendig.

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Noch Anfang 2022 notierte der Aktienkurs von Lenzing bei 110 Euro. Seitdem ist der Kurs des Faserherstellers stark gefallen, bedingt durch den schwächelnden Textilmarkt, erhebliche Verluste in Millionenhöhe und weitere Abschreibungen. Wolfgang Hofer, Aufsichtsratschef der B&C-Gruppe, verteidigte gegenüber Journalisten das Timing des Anteilsverkaufs: „Der Zeitpunkt richtet sich nach den Interessen von Lenzing, nicht nach denen der B&C.“ Mit Suzano habe man „einen finanzstarken Kernaktionär für Lenzing gewonnen, der umfangreiche Expertise und eine hohe Reputation auf den internationalen Finanzmärkten mitbringt.“ Hofer verwies auf erfolgreiche österreichische Unternehmen mit ausländischen Partnern, wie KTM mit indischen Miteigentümern und Red Bull mit einem Mehrheitseigentümer aus Thailand. „Ähnliches schwebt uns mit Lenzing und Suzano vor.“ Dank der umfangreichen Rohstoffreserven des neuen brasilianischen Partners könne Lenzing künftig besser gegen die starke Konkurrenz aus Indien und China bestehen, so Hofer abschließend.