Automatisierung in Österreich : Österreichs größte Automatisierungsprojekte

Hubert Gerstmayer, Geschäftsführer GER4Tech: "Wir befinden uns derzeit, wenn wir es mit der Börse vergleichen, in einem Bärenmarkt.“
- © Peter Kollroß // kollrosz.comAktive Mitgliedschaft erforderlich
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Wo entstehen neue Automatisierungsprojekte? „Das ist eine gute Frage“, sagt Wolfgang Weidinger. Der Geschäftsführer vom Automatisierungsexperten Weidmüller in Österreich sieht weithin Sparstifte und gesteigertes Kostenbewusstsein. „Nächstes Jahr wird es eher seitwärts gehen. Wir werden ein Konjunkturpaktet brauchen.“ Ähnliches berichten derzeit viel Prozess- und Maschinenautomatisierer. „Wir befinden uns derzeit, wenn wir es mit der Börse vergleichen, in einem Bärenmarkt,“ sagt GER4Tech Geschäftsführer Hubert Gerstmayer. Der Automatisierungsexperte für die Metallindustrie sieht bei Investitionen „Zurückhaltung bis hin zum Angstsparen.“
Lagerabbau und Umsatzrückgäng bei Maschinenautomatisierung
Vor allem die Schlüsselbranche der deutschen Autohersteller schwächelt. Absatzrückgänge und Kostendruck wirken sich auf die gesamte Lieferkette aus.
Der Sektor der Maschinenautomatisierung leidet besonders stark unter der aktuellen Nachfrageschwäche, die hauptsächlich auf Lagerabbau, sprich: Investitionsstopps vieler Kunden zurückzuführen ist. DMG Mori, führender Anbieter von automatisierten Werkzeugmaschinen, verzeichnete in diesem Jahr einen Rückgang von 15-20 Prozent. Auch B&R, die Automatisierungstochter von ABB, meldete für 2024 einen Auftragsrückgang von rund 19 Prozent, was zu einem geplanten Abbau von 240 Arbeitsplätzen in Österreich führte. Diese Situation habe sich bislang nicht verbessert, bestätigt B&R.

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Stabilere Prozessautomatisierung
Im Gegensatz dazu zeigt die sich die Prozessautomatisierung stabiler und widerstandsfähiger. Infineon verzeichnet zwar auch Rückgänge in der Nachfrage aus der Automobilbranche, investiert aber in sein neues Werk in Dresden fünf Milliarden Euro, Dabei setzt man die Vision einer „one virtal fab“ um. Die Chipproduktion in Villach und Dresden werden dafür virtuell über Leitstände („Remote Operation Control Centers“) verbunden und können wechselseitig in die Produktion des jeweils anderen Standortes eingreifen. Auch Branchen wie Energie, Chemie und Lebensmittelindustrie investieren weiterhin in nachhaltige und digitale Lösungen. Besonders in Ländern wie Deutschland zeigt sich mitunter ein starkes Wachstum. ABB konnte dort in den Bereichen Elektrifizierung und digitale Transformation 2024 ein Umsatzplus von 33 Prozent erzielen.
Eine generelle Erholung ist jedoch noch nicht in Sicht. Licht am Ende des Tunnels sehen Automatisierer ab Mitte 2025. Wer kann, weicht derzeit aus auf andere Branchen, sagt Bernhard Vehyl Markt-Manager vom Werkezugmaschinenbauer Walter Österreich. „etwa in die Luftfahrt- oder Medizintechnik“, oder setzt auf Sicherheitsprojekte. Ein Beispiel ist die bald verpflichtende „Sicherheit der Netz- und Informationssysteme 2“-Richtlinie (NIS2), die Cyberrisiken adressiert. Der EU-weite Cyber Resilience Act, der NIS2 ergänzt, wird zudem verpflichtende Sicherheitsstandards für Hardware und Software vorgeben.

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„Biologisierung“ der Produktion
Festo sieht auch Chancen in völlig neuen Bereichen. „Dank fallender Kosten bei der Genomsequenzierung und der CRISPR-Technologie wird die maßgeschneiderte Produktion von Mikroorganismen möglich, die E-Fuels oder sogar Proteine herstellen können“, sagt Kriwet, CEO von Festo. „Zellen werden so die kleineste Fabriken der Zukunft sein. Die Biologisierung der Produktion liegt im Trend.“ Um die dafür notwendigen Bioreaktoren automatisiert zu betreiben, will Festo die notwendige Prozessautomatisierung mittels Pneumatik und Elektrik bereitstellt.
Invesitionsschwerpunkt Energiesektor
Investitionsschwerpunkt in der Prozessautomatisierung ist derzeit der Energiesektor. Das bestätigt Thomas Lutzky, Geschäftsführer von Phoenix Contact Österreich. „Die großen Themen sind Netzausbau, Smart Grid-Lösungen und Sektorkopplung.“ In der Konzernzentrale von Phönix Connect in Blomberg, Deutschland, demonstriert man bereits die Vision einer „all electricity society“.
Gebaut wurde am Standort der Konzernzentrale um 40 Millionen Euro auch eine Produktionshalle, die bereits viele Visionen davon umsetzt. Mit PV-Anlage am Dach wird mehr Energie produziert, als die 18500 m2 große Halle für 400 Mitarbeiter verbraucht. Wärme- und Kältespeicher verhelfen dem Standort zu nachhaltigem und effizienten Energieeinsatz und mit der Installation eines 600-Volt-Gleichstromnetzes werden zudem Umwandlungsverluste auf Wechselstrom vermieden. „Gleichstrom wird in Zukunft ein immer größeres Thema“, ist Lutzky überzeugt.
Flexibilisierung von Autowerken
Die Automobilbranche sieht ebenfalls eine elektrische Zukunft, auch wenn neue Investitionen in Deutschland auf sich warten lassen. Während der chinesische Autobauer BYD in Ungarn und in Österreich neue Werke für die E-Autos baut, zögern deutsche Hersteller. Die Flexibilisierung der Produktion, um in der Transformationsphase Verbrenner- und Elektrofahrzeuge gleichzeitig herstellen zu können, gilt dabei als entscheidend. BMW zeigt an seinem Standort in Dingolfing, nördlich von München, wie das funktionineren kann. Das Werk wude in den letzten Jahren zum flexibelsten Werk der Automotive-Industrie modernisiert.
Auf den Bändern können gleichzeitig verschiedene BMW-Serien mit Benzin-, Diesel- oder Elektroantrieb assembliert werden. Bunt durcheinandergewürfelt legt die Arbeitsvorbereitung dabei die Bänderbestückung nur für die nächste Tage im voraus fest. Die an den einzelnen Assemblierstationen Arbeitenden kriegen Unterschiede der Modelle zum Teil nur dadurch mit, dass man ihnen auf Displays andere Entnahmetöpfe für Schrauben und Einbaustellen für Bauteile einspielt. Möglich macht diese Flexibilität auch eine ausgefeilte Logistik, die Assemblierkomponenten mehr oder weniger „just in time“ in Zwischenlager gleich neben den Stationen anliefert. Bis zu 40 Prozent aller Fahrzeuge, die in Dingolfing produziert werden, sind bereits jetzt E-Autos. In Zukunft sollen es noch mehr werden.

„Predictive Maintance“
Seat, Mitglied in der VW-Gruppe, investiert in seinem Werk in Barcelona bereits massiv in Elektromobilität. Insgesamt werden dafür drei Milliarden Euro in die Hand genommen. Generell will man, so Markus Haupt, Vorstandsmitglied für Produktion und Logistik bei Seat, „weg vom Getriebebau und hin zur Produktion von elektrischen Komponenten.“ Gebaut wird etwa ein Batteriewerk für 1200 Einheiten pro Tag, das bereits von Anfang an mit Prozessautomatisierung mittels KI-unterstützter „predictive maintanance“ ausgerüstet ist.
Maschinenautomatisierung gegen Facharbeitermangel
Ein weiterer Trend in der Automatisierung ist die verstärkte Integration von Arbeitsschritten. „Wir haben Arbeitsschritte auf zu viele Einzelmaschinen aufgeteilt“, sagt Masahiko Mori, Präsident von DMG Mori. „In Zukunft sollen bis zu fünf Maschinen durch eine ersetzt werden.“ Das könnte auch dem Facharbeitermangel entgegenwirken, da weniger Operatoren notwendig sind. Dieser wird sich durch die Demografie – Babybommer gehen in Pension, die Geburtenraten sinken – in Zukunft noch verschärfen.
Inwieweit „Cobots“, also kollaborative Roboter, in Zukunkt weitere Maschinenoperatoren ersetzen werden, dazu sind die Meinungen geteilt.

Cobots: Hype oder Zukunft der Automatisierung?
KUKA, Spezialist für die Industrierobotik, sieht einen Trend zur klassischen Industrieroboterlösungen: „Der Hype um kollaborative Roboter ist in unserer Wahrnehmung und zumindest in Österreich vorbei“, sagt Reinhard Nagler, CEO von KUKA für Zentral- und Osteuropa. Für den sicheren Betrieb in kollaborativen Zellen sei deutlich mehr Aufwand in Planung und Umsetzung erforderlich. „Zudem fahren Cobots mit deutlich reduzierten Geschwindigkeiten – oft ein Ausschlusskriterium, wenn kurze Zykluszeiten und hohe Produktivität gefordert sind.“ Cobots wären daher ein Nischenprogramm – für diese hab KUKA auch den LBR iisy im Programm.
Hubert Gertsmayr, Geschäftsführer für GER4tech sieht das anders. Besonders für den Mittelstand mit kleineren Losgrößen wären Cobots eine interessant Alternative. „Da kommt es auch nicht so sehr auf geringe Taktfrequenzen an.“ Mit Cobots könnten auch kleinere Unternehmen (erstmals) mit „Geisterschichten“ experimentieren, meint Gerstmayr. „Produktionslinien könnte man so etwa am Wochenende oder in der Nacht ausschließlich mit Cobots laufen zu lassen.
Neues Cobot-Werk von Ger4tech in Karlovac
Studien zeigen zudem, dass den kollaborativen Robotern weiterhin überdurchschnittliche Zuwachsraten von 20 bis 30 Prozent jährlich vorausgesagt werden. Gerstmayr plant daher 2025 im kroatischen Karlovac eine neue Cobot-Produktionsstätte zu errichten. Dort sollen jährlich 1.000 Stück des neu entwickelten Modells „G4T4“ gefertigt werden.
Der Cobot ist mit mobiler Plattform ausgerüstet, die in einer Eurokiste 50 Kilogramm transportieren kann und verfügt über einen Roboterarm von Fanuc, der mit eine Reichweite von knapp 1,5 Meter mit bis zu 30 Kiliogramm schweren Werkstücken hantieren kann. Das Ger4-Tech Cobot-Werk in Kroatien soll 2026 in Betrieb gehen.