Europapolitik : Österreich im Visier der EU: Vier neue Vertragsverletzungsverfahren

Aerial view of Krimml Waterfalls on sunny day. High Tauern National Park, Austrian Alps, Austria Fluss Gewässer Wasser See Österreich

Die Wasserrahmen-Richtlinie verpflichtet die Mitgliedstaaten zu Maßnahmenprogrammen für Flusseinzugsgebiete.

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Die Europäische Kommission hat am Donnerstag vier Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich eingeleitet. Diese Maßnahmen sind Teil des monatlichen Pakets neuer Verfahren gegen alle EU-Staaten. Zwei der Verfahren betreffen Umweltfragen: Österreich hat laut der Kommission die Bestimmungen der Wasserrahmen-Richtlinie für saubere Gewässer sowie die Ziele für Abfallsammlung und Recycling nicht korrekt oder vollständig umgesetzt.

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Die Wasserrahmen-Richtlinie fordert von den Mitgliedstaaten Programme für Flusseinzugsgebiete, um den Zustand europäischer Gewässer wie Flüsse und Seen zu verbessern. Die Kommission bemängelt, dass in Österreich der Zeitraum für die Bewertung zur Verlängerung oder Ausstellung von Genehmigungen für die Wasserentnahme oder -einleitung zu lang ist und somit die regelmäßige Überprüfung der Richtlinie nicht gewährleistet wird.

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Recyclingziele der EU verfehlt

Die Abfallrahmenrichtlinie setzt verbindliche Ziele für die Wiederverwendung und das Recycling von Siedlungsabfällen fest. Laut der EU-Kommission haben alle Mitgliedstaaten, darunter Österreich, mehrere der in der EU-Abfallgesetzgebung festgelegten Ziele für Abfallsammlung und Recycling nicht erreicht. Beispielsweise haben viele EU-Länder nicht genügend Elektro- und Elektronik-Altgeräte getrennt gesammelt und damit das Sammelziel der EU verfehlt.

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Österreich hat nun zwei Monate Zeit, auf die Aufforderungsschreiben der Kommission zu reagieren und die festgestellten Mängel zu beheben. Sollte die Kommission keine zufriedenstellenden Antworten erhalten, kann sie als nächsten Schritt im Vertragsverletzungsverfahren begründete Stellungnahmen abgeben.

Durch effektives Kunststoffrecycling können signifikante Mengen an Treibhausgasen eingespart werden. Die Produktion von Kunststoffen aus fossilen Brennstoffen ist energieintensiv und emittiert große Mengen an CO2.
Die Abfallrahmenrichtlinie enthält rechtsverbindliche Ziele für die Wiederverwendung und das Recycling von Siedlungsabfällen. - © Tom Arnold

NEOS kritisiert Versäumnisse bei EU-Umweltvorgaben

"Dass diese EU-Vorgaben trotz grüner Regierungsbeteiligung und klarem Wählerauftrag für den Klimaschutz nicht umgesetzt wurden, ist absolut inakzeptabel. Wenn ÖVP und Grüne so weitermachen, werden uns die Vertragsverletzungsverfahren nicht nur viel Geld kosten. Österreich wird auch die EU-Klimaziele meilenweit verfehlen. Die nächste Bundesregierung muss diese Versäumnisse aufholen und endlich handeln, damit auch zukünftige Generationen noch eine lebenswerte Umwelt vorfinden," kommentierte NEOS-Europaabgeordnete und Ersatzmitglied des Umweltausschusses im EU-Parlament, Anna Stürgkh.

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"Die Missstände, die zu diesem Vertragsverletzungsverfahren geführt haben, sind wohl darauf zurückzuführen, dass in Österreich seit Jahrzehnten der Schutz der Gewässer im selben Ministerium verankert ist, in dem auch die Interessen der konventionellen Landwirtschaft beheimatet sind. Die von Global 2000 aufgezeigten hohen Belastungen österreichischer Gewässer durch eine Ewigkeits-Chemikalie, die bereits in unserem Trinkwasser angekommen ist, sind in diesem Zusammenhang besonders brisant," so Helmut Burtscher-Schaden, Global-2000-Umweltchemiker, in einem Statement gegenüber der APA. Er fordert Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) zum Handeln auf.

Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten

Die zwei weiteren Verfahren beziehen sich auf den Banken- und Verkehrssektor: Laut der Europäischen Kommission hat Österreich die Richtlinien zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten sowie das Gebührensystem für Flugsicherungsdienste nicht ordnungsgemäß oder vollständig umgesetzt.

Die von der EU-Kommission geforderte Umsetzung der Richtlinie zur Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten betrifft die Aufsicht über weltweit systemrelevante Institute sowie die Fähigkeiten der Banken zur Verlustaufnahme und Rekapitalisierung. Die Kommission betont, dass ohne die Umsetzung dieser technischen Maßnahmen die angestrebte Harmonisierung im EU-Bankensektor nicht erreicht werden kann. Das übergeordnete Ziel ist es, die Widerstandsfähigkeit der größten EU-Bankengruppen gegenüber Finanzschocks weiter zu stärken.

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Nach den Verordnungen zum einheitlichen europäischen Luftraum müssen die Mitgliedstaaten gemeinsame Kosten transparent und proportional zwischen Flugsicherungsdiensten für Streckenflüge und den An- und Abflug aufteilen. Die EU-Kommission hebt hervor, dass die nicht korrekte Umsetzung der Vorschriften zum Leistungs- und Gebührensystem nicht nur die Einnahmen der Flugsicherungsdienstleister beeinflusst, sondern auch die Gebührenhöhe, die Fluggesellschaften als Kunden dieser Dienstleister zahlen müssen. Diese Kosten seien laut Kommission unangemessen.

Auch hier hat Österreich nun zwei Monate Zeit, auf die entsprechenden Aufforderungsschreiben der Kommission zu reagieren und die angesprochenen Mängel zu beheben. Sollte die Kommission keine zufriedenstellenden Antworten erhalten, kann sie als nächsten Schritt im Vertragsverletzungsverfahren begründete Stellungnahmen abgeben.