Raiffeisenbank Russland : Milliardenstreit um Strabag: Russische Klage gegen Raiffeisenbank spitzt sich zu

Eine Raiffeisen-Werbung in der russischen Hauptstadt Moskau
- © MAXIM SHEMETOV / REUTERS / picturedesk.comDer russische Strabag-Großaktionär Rasperia Trading Limited hat laut russischem Gerichtsregister am Montag eine neue Klage beim Handelsgericht von Kaliningrad eingereicht. Die Klage richtet sich gegen österreichische Kernaktionäre des Baukonzerns Strabag sowie gegen die russische Tochter der Raiffeisen Bank International (RBI). Für Letztere könnten sich daraus erhebliche Konsequenzen ergeben.
Parallel dazu wurde ein separates Verfahren vor dem Handelsgericht Nordwestrussland in St. Petersburg auf den 16. Juni vertagt. Dabei geht es um ein im September 2024 verhängtes Verkaufsverbot für die Raiffeisenbank Russland.
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Rasperia fordert Stopp internationaler Verfahren
Wie aus dem Gerichtsregister hervorgeht, brachte Rasperia am 9. Juni eine „Erklärung zum Verbot, gerichtliche Verfahren an internationalen Gerichten und Schiedsgerichten außerhalb der Russischen Föderation einzuleiten oder fortzusetzen“ ein. Beklagte sind die österreichischen Hauptaktionäre der Strabag sowie die Raiffeisenbank Russland. Als weitere Verfahrensbeteiligte wird die russische Zentralbank genannt – allerdings ohne eigene Forderungen.
Obwohl der Schriftsatz von Rasperia zunächst nicht öffentlich einsehbar war, erinnert das Vorgehen stark an vergleichbare Klagen anderer russischer Großkonzerne mit Auslandsbezug. So hatte Gazprom Export im Januar 2024 die OMV Gas Marketing & Trading GmbH erfolgreich durch ein russisches Gericht daran hindern lassen, ein Schiedsverfahren in Stockholm weiterzuführen. Im Falle einer Missachtung drohte der OMV eine Strafzahlung in Höhe von 575 Millionen Euro.
Anders als die OMV, die über keine nennenswerten Vermögenswerte in Russland verfügt und das Urteil ignorieren konnte, ist die Situation für die Raiffeisenbank Russland brisanter. Sollte das russische Gericht ein entsprechendes Verbot verhängen, könnte dies eine von der RBI im April angekündigte Klage gegen Rasperia in Österreich erheblich erschweren. Diese Klage ist für das zweite Quartal 2025 geplant.
Fast 2 Milliarden Euro von RBI-Konto an Rasperia überwiesen
Der Hintergrund des Konflikts ist ein jahrelanger Streit zwischen Rasperia Trading Limited und österreichischen Strabag-Mitaktionären. Die russische Gesellschaft mit Sitz in Kaliningrad, die in der Vergangenheit offiziell dem sanktionierten Oligarchen Oleg Deripaska zugerechnet wurde, war im Zuge der EU-Sanktionen bei Strabag entmachtet worden. Im August 2023 wandte sich Rasperia daher an das Handelsgericht in Kaliningrad – eine Zuständigkeit, die die österreichischen Beklagten bestreiten.
Trotz dieser Einwände entschied das Gericht im Januar 2024 zugunsten von Rasperia. Das Berufungsgericht in St. Petersburg bestätigte dieses Urteil Ende April. In der Folge wurden fast 2 Milliarden Euro – genau genommen 1,87 Milliarden Euro Schadenersatz und 174 Millionen Euro Zinsen – vom Korrespondenzkonto der Raiffeisenbank Russland bei der russischen Zentralbank eingezogen. Zugleich erklärte das Gericht Rasperias Strabag-Aktien zum Eigentum der Raiffeisenbank-Tochter – ein juristisch höchst umstrittener Vorgang.
Es gilt zu beachten: Russische Urteile haben in Österreich keine bindende Wirkung – dies betrifft insbesondere auch die zwangsweise angeordnete Übertragung von Aktien.
Indirekte Eigentümerstruktur im Fokus der Klage
Die Klage gegen die Raiffeisenbank Russland gründet sich auf deren Zugehörigkeit zur Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien, die über die Raiffeisenlandesbank Niederösterreich-Wien 25 Prozent an der RBI hält – der Muttergesellschaft der russischen Tochterbank.
Da nur die russische Tochterbank der RBI über Vermögenswerte in Russland verfügt, entfalten die russischen Gerichtsurteile bislang ausschließlich für sie wirtschaftliche Wirkung. Dies wird umso relevanter, da der RBI-Konzern seit Längerem über einen Verkauf seiner russischen Tochter nachdenkt – ein Vorhaben, das durch das russische Verkaufsverbot akut behindert wird.