Verbrenner-Aus : Heimische Logistik-Unternehmen: höhere Kosten durch Abgas-Norm Euro 7?

Lager Logistik

Neben der Autoindustrie kritisieren auch die Logistiker die neue geplante Abgasnorm Euro 7 der EU

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Die österreichischen Frächter sehen die von der Europäischen Union angedachte neue Abgasnorm Euro 7 kritisch. "Wir befürchten Mehrkosten, ganz klar", sagte der Obmann der Bundessparte Transport in der Wirtschaftskammer (WKÖ), Alexander Klacska, am Montag zur APA. Die Pläne der EU sehen vor, die zulässigen Stickoxidwerte für neue Fahrzeuge deutlich zu senken. Die Regelung soll für Pkw ab Juli 2025 gelten, für Busse und Lkw sollen die Bestimmungen 2027 in Kraft treten.

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Prinzipiell stehe die Branche zur Erreichung der Klimaziele, betonte Klacska. Es stelle sich aber die Frage, inwieweit sich die Änderungen im angepeilten Zeitraum für die Hersteller technisch umsetzen lassen. Bedenken müsse man zudem, dass die Finanzierung der Fahrzeuge aufgrund der Zinssteigerungen teurer werde. "Wir würden eher davon ausgehen sogar, dass momentan die Bestandsflotte eher länger in Betrieb bleibt aufgrund der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen." Auch das anvisierte Aus für Verbrennungsmotoren ab 2035 belaste die Branche. "Es kommt alles etwas schnell momentan."

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Die erwartbaren Kosten durch die Abgasnorm sind laut Klacska schwer zu beziffern. In ihrem Vorschlag hatte die EU-Kommission die Mehrkosten für Pkw auf durchschnittlich 120 Euro veranschlagt. Für schwere Nutzfahrzeuge sollen sich die Kosten um 2.700 Euro erhöhen. "Das hat aber bis jetzt noch kein Lkw-Hersteller bestätigt", so Klacska. "Da geht man eigentlich schon davon aus, dass es wahrscheinlich deutlich mehr sein könnte."

Branche fordert Regierung zum Handeln auf

Die Logistik ist die volkswirtschaftlich sechstwichtigste Branche Österreichs. Laut Wirtschaftsforschungsinstitut Economica leistete die Branche 2021 mit 14,7 Mrd. Euro rund 4,0 Prozent der gesamtösterreichischen Bruttowertschöpfung. Der gesamte Wertschöpfungseffekt inklusive Vorleistungen und induzierter Effekte lag bei 20,9 Mrd. Euro bzw. 5,8 Prozent. Damit war 2021 jeder 17. in Österreich erwirtschaftete Euro auf die Logistik zurückzuführen. Angesichts dieser Zahlen fordern Industriellenvereinigung, Wirtschaftskammer Österreich und Zentralverband Spedition & Logistik die Regierung auf, ihre Ankündigungen umzusetzen und die Zukunft des Logistikstandortes Österreich zu sichern.

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Neben den Wertschöpfungseffekten zeigt auch der Arbeitsmarktvergleich die eminente Bedeutung der Logistik, die beim direkten Beschäftigungseffekt etwa gleichauf mit der Tourismusbranche liegt. Ebenso stechen die direkten und indirekten fiskalischen Effekte des Logistiksektors in Höhe von rund 7,5 Mrd. Euro hervor. Sie stehen für rund 4,4 Prozent des gesamten Steuer- und Abgabenaufkommens, gleichbedeutend mit rund drei Viertel des Körperschaftsteuer-Aufkommens. Die hier nicht eingerechneten Lkw-Mauterlöse (2021 rund 1,7 Mrd. Euro) sind von zusätzlicher fiskalischer Bedeutung.

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Besondere Herausforderungen für die Branche sieht Economica in der Mobilitätswende, weil knapp 70 Prozent der Güterverkehrsleistung – darunter kaum oder nicht substituierbare Logistikdienstleistungen – über die Straße erbracht werden. Studienleiter Christian Helmenstein: „Eine Umstellung auf CO2-arme Güterbeförderung setzt finanzierbare alternative Antriebstechnologien und eine großflächig verfügbare Energie-Infrastruktur voraus. Die aktuellen Rahmenbedingungen werden diesen Anforderungen noch nicht gerecht. Vor diesem Hintergrund zeichnet sich eine weitere Kostenbelastung der Logistikbranche ab, die ihre Wettbewerbsfähigkeit zusätzlich belastet. Umso wichtiger ist es, die Mobilitätswende so zu gestalten, dass die Transformation zu leistbaren betriebswirtschaftlichen Bedingungen erfolgen kann.“

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Besorgniserregend sei auch der zunehmende Personalmangel aufgrund sinkender Beschäftigungszahlen bei gleichzeitig zunehmendem Transportaufkommen, verschärft durch die anstehende Pensionierungswelle der Baby-Boomer-Generation. Helmenstein: „Wenn in unserer komplex organisierten Wirtschaft die Lieferketten nicht aufrechterhalten werden können, bringt das unsere gesamte Volkswirtschaft in eine prekäre Lage.“

Wolfram Senger-Weiss, Vizepräsident Zentralverband Spedition & Logistik: „Logistik muss grüner werden dürfen. Als Branche fehlen uns dazu noch immer grundlegende Rahmenbedingungen. Studien belegen, dass der Güterverkehr noch zunehmen wird. Selbst bei einer weiteren Verlagerung auf die Schiene wird der größte Teil davon auf der Straße transportiert werden. Dort muss dementsprechend der Schwerpunkt gesetzt und neben der Elektromobilität vielversprechende Technologien wie Wasserstoffantriebe oder auch Brückentechnologien wie eFuels gefördert werden. Bleibt die Bundesregierung hier weiterhin untätig, vergeben wir uns eine große Chance als innovativer Logistikstandort voranzuschreiten und gefährden die von der Politik selbst gesetzten Dekarbonisierungsziele.“

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