Batterie-Hersteller : Varta: Tojners Batterie-Firma rutscht ins Minus

Die Nachfrage nach Knopfzellen-Batterien aus dem Hause Varta ist für gewöhnlich hoch.

Varta ist in die roten Zahlen gerutscht. Hunderte Stellen stehen auf dem Spiel

- © Jevanto Productions - stock.adob
Der kriselnde Batteriehersteller Varta, der dem österreichischen Investor Michael Tojner gehört, ist im ersten Quartal wegen der verhaltenen Nachfrage der Kunden in die roten Zahlen gerutscht. "2023 ist ein Jahr der Veränderungen für die Varta AG", sagte Vorstandssprecher Markus Hackstein am Montag laut Mitteilung. Die Kundennachfrage sei in den meisten Segmenten verhalten. Dies erfordere einen sehr strikten Sparkurs. Damit sind leider auch schmerzhafte Einschnitte im Personalbereich verbunden.


Das Kundengeschäft konzentriere sich generell auf die zweite Jahreshälfte. Lediglich das Geschäft mit Hausspeichersystemen verlaufe über das gesamte Jahr gleichmäßig stark. Varta leidet unter anderem unter hohen Energie- und Rohstoffkosten. Zuletzt hatte der Konzern ein umfassendes Spar- und Umbauprogramm gestartet.

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Weitere Verluste an der Börse

Wie das im SDAX notierte Unternehmen am Montag in Ellwangen mitteilte, fiel in den ersten drei Monaten im laufenden Geschäft ein Verlust vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 2 Millionen Euro an. Vor einem Jahr hatte Varta noch einen Gewinn von rund 38 Millionen Euro erwirtschaftet. Der Umsatz ging im ersten Quartal um 11 Prozent auf 164 Millionen Euro zurück. Unter dem Strich verbuchte Varta einen Verlust von knapp 37,8 Millionen Euro nach einem Gewinn von gut 6 Millionen Euro ein Jahr zuvor.

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An der Börse hatte dies zu weiteren Verlusten der ohnehin schon seit einiger Zeit gebeutelten Aktie geführt. Seit Bekanntgabe der Prognosesenkung Ende April ist der Kurs um ein weiteres Fünftel eingebrochen. Damit summieren sich die Kursverluste trotz der aktuellen Stabilisierung auf Sicht von zwölf Monaten auf rund 75 Prozent, seit dem Rekordhoch von 181,30 Euro Anfang 2021 auf fast 90 Prozent. Bis zur nun einsetzenden Gegenbewegung näherte sich der Wert der Varta-Aktie sogar langsam dem Ausgabepreis von 17,50 Euro beim Börsengang.

Nachfrageschwäche für Knopfzellen

Außerdem kämpft das Unternehmen seit längerem mit einer Nachfrageschwäche bei Lithium-Ionen-Knopfzellen, die etwa in den lange boomenden kabellosen Kopfhörern verbaut werden und einst für einen großen Wachstumsschub sorgten. Hier zählen Samsung und Apple zu den Hauptkunden des Unternehmens. Durch die Abkühlung der Weltwirtschaft und hohe Inflationsraten geriet die Unterhaltungselektronik aufgrund der Kaufzurückhaltung der Verbraucher unter Druck.

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Goldman Sachs-Analyst Philipp Konig kommentierte, die Zahlen für das erste Quartal hätten im Rahmen der niedrigen Prognosen des Batterieherstellers gelegen. Das abgelaufene Quartal dürfte nach Einschätzung von Varta das schwächste Quartal des Jahres werden.

Dies deute auf eine bevorstehende Erholung im Geschäft mit Lithium-Ionen-Knopfzellen hin. Statt bisher 850 bis 880 Millionen Euro erwartet das Management 2023 einen Umsatz von 820 bis 870 Millionen Euro nach 807 Millionen Euro im Vorjahr. Das bereinigte operative Ergebnis soll mindestens das Vorjahresniveau von 69,5 Millionen Euro erreichen. Bei der Vorlage der Zahlen für das dritte Quartal Mitte November hatte Varta für dieses Jahr noch ein operatives Ergebnis von 90 bis 110 Millionen Euro in Aussicht gestellt.

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Damit rutschte der Börsenwert unter eine Milliarde Euro, nachdem er in der Spitze zwischenzeitlich bei fast 7 Milliarden Euro gelegen hatte. Das Kursniveau liegt aber immer noch 30 Prozent über dem Ausgabepreis von 17,50 Euro beim Börsengang 2017.

Michael Tojner, Mehrheitsaktionär bei Varta

- © Montana Tech Components

Bis zu 800 Stellen bedroht

Das derzeit mit rund 800 Millionen Euro bewertete Unternehmen gehört Tojners Montana Tech Components. Der Investor hatte erst Ende März seinen Anteil über eine Kapitalerhöhung und im Zuge einer Refinanzierung mit Banken aufgestockt.

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Varta hatte sich Ende März mit Banken und dem Mehrheitseigentümer auf eine weitreichende Restrukturierung geeinigt. Dazu gehören eine Anpassung der Produktions- und Strukturkosten sowie Investitionen in Wachstumsfelder wie Energiewende und E-Mobilität. Dies sollen die zentralen Voraussetzungen für eine Stabilisierung und langfristig positive Entwicklung des Unternehmens sein. Auch die Personalkosten sollten gesenkt werden, hieß es damals.

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Bei der Vorstellung der Eckdaten 2022 teilte Varta mit, dass der Sparkurs den Abbau hunderter Stellen bedeute. Konzernweit sollen 800 Vollzeitstellen wegfallen. In Deutschland sollen in den nächsten zwei Jahren rund 390 Stellen wegfallen, davon 240 noch in diesem Jahr. Der Abbau soll an allen deutschen Standorten und in allen Bereichen erfolgen. Betroffen sind die Standorte Ellwangen, Nördlingen und Dischingen.

Varta-Werk im deutschen Ellwangen

- © Wikipedia

Das Unternehmen sei sich seiner Verantwortung bewusst

Weltweit beschäftigt Varta nach eigenen Angaben derzeit rund 4.700 Mitarbeiter. Das Management habe Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern über das Restrukturierungskonzept aufgenommen. Vorstandssprecher Markus Hackstein sagte laut Mitteilung, das Unternehmen sei sich seiner Verantwortung bewusst. "Dabei haben wir den klaren Anspruch, die Vorgaben des Restrukturierungsplans so zu gestalten, dass wir die Zukunft unseres Unternehmens absichern und gleichzeitig möglichst viele Arbeitsplätze erhalten können", sagte er.

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Der kurzfristige Finanzierungsbedarf für das Restrukturierungskonzept sei durch die Ende März abgeschlossene Kapitalerhöhung gedeckt. Damit hatte Varta rund 51 Millionen Euro eingenommen. Das Restrukturierungskonzept war Voraussetzung dafür, dass die Firma Tojner Geld nachschießen konnte.

Varta Markus Hackstein
Vorstandssprecher Markus Hackstein - © Varta