Rechtstipp : Das sind die Hürden der Energiewende

Dominik Kurzmann, Counsel und Leiter des Energierechtsbereichs, PHH Rechtsanwälte
- © Philipp Radon | Radonphotography.comDas Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) wurde als wichtiger Schritt für die Energiewende präsentiert. Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften und Bürgerenergiegemeinschaften können seit letztem Jahr mit deutlichen Vorteilen Energieerzeugungsanlagen bauen, betreiben und die erzeugte Energie nicht nur nutzen, sondern auch speichern und einen produzierten Überschuss verkaufen. Die Hindernisse liegen im Detail. Um die Vorteile von Energiegemeinschaften auszuschöpfen, ist neben einer größeren Mitgliederzahl eine gewisse Größe der eingebrachten Anlagen erforderlich. Wichtig ist aber auch die Frage, wie der Ausbau von Energieprojekten und dabei insbesondere von PV Anlagen möglichst ökologisch schonend sein kann.
Der Run auf die Dachflächen
Die Politik setzt derzeit verstärkt auf die Nutzung von Dachflächen. So haben einzelne Bundesländer dies sogar in ihren Bauordnungen verankert: Wien, Niederösterreich und die Steiermark haben z.B. eine PV Pflicht bei Neu- und Zubauten in ihren Bauordnungen eingeführt.
Die Regeln fallen allerdings sehr unterschiedlich aus. In Niederösterreich werden nur bebaute Flächen ab 300 Quadratmeter verpflichtet, in der Steiermark muss jedes neue oder umfassend sanierte Gebäude mit mehr als 100 Quadratmeter Brutto-Grundfläche eine Anlage installieren – zumindest eine kleine. Ausnahmen gibt es nur bei Schattenlagen. Kritische Stimmen warnen jedoch, dass Dachflächen alleine nicht ausreichen, um den steigenden Energiebedarf zu decken und sich von fossilen Energieträgern unabhängiger zu machen.
"Ein Erneuerbaren- Ausbau-Gesetz reicht nicht, wenn keine Anlagen in einer entsprechenden Größe gebaut werden können."
Freiflächen als wichtiger Pfeiler
In nahezu allen Berechnungen sind daher auch PV Anlagen auf Freiflächen vorgesehen. Die Gründe sind vielfältig: PV Anlagen auf Freiflächen können eine größere zusammenhängende Fläche bieten und sind daher günstiger bei der Errichtung und im Betrieb. Dagegen spricht aber die Verbauung von Boden sowie die mögliche Bodenversiegelung. Neue Konzepte sollten im Vordergrund stehen Die duale Nutzung von Flächen für die Landwirtschaft und die Stromproduktion durch PV Anlagen (sog. Agro-PV) oder die Nutzung von bereits bewirtschafteten Flächen wie Mülldeponien oder Bergbaugebieten.
Hürden in den Raumordnungen
Derzeit stehen die Raumordnungen der Länder PV Anlagen auf Freiflächen immer noch skeptisch gegenüber. Aber nicht nur die Bewilligung für die Nutzung von Grünland aufgrund von Umwidmungen ist schleppend. Für die Errichtung einer PV Anlage in einem Bergbaugebiet ist seit einer Gesetzesnovelle aus dem Jahr 2021 etwa in Niederösterreich zuerst eine Umwidmung in Grünland erforderlich, um danach eine neue Bewilligung nach dem Naturschutzrecht erlangen zu können – und zwar auch dann, wenn eine solche naturschutzrechtliche Bewilligung für den Bergbau bereits besteht. Dabei wären (stillgelegte) Bergbaugebiete prädestiniert als Fläche für PV Anlagen, um eine alternative Weiternutzung zu ermöglichen.
Politik gefordert
Angesichts der Dringlichkeit aufgrund der explodierenden Energiekosten und des enormen Energiebedarfs wird sich die Politik hier bewegen und zur Energiewende bekennen müssen. Ein Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz reicht nicht, wenn keine Anlagen in einer entsprechenden Größe gebaut werden können.
Dominik Kurzmann ist Counsel und Leiter des Energierechtsbereichs bei PHH Rechtsanwälte sowie Universitätslektor an der Universität Wien. kurzmann@phh.at