Rüstungsindustrie Österreich : Steyr Motors im Rüstungsboom: Milliardenmarkt oder Spekulationsblase?

Steyr Motors produziert Hochleistungsmotoren, etwa als Hauptantrieb in militärischen Spezialfahrzeugen, Booten (sowohl militärische als auch zivile) sowie als Hilfsaggregate für Kampfpanzer und Lokomotiven.
- © steyr motorsDer oberösterreichische Spezialmotorenhersteller Steyr Motors hat nach dem jüngsten Kurssprung beeindruckende Geschäftszahlen für das Jahr 2024 veröffentlicht. Das Unternehmen konnte sowohl den Umsatz als auch den Gewinn deutlich steigern. Wie Steyr Motors am Dienstag mitteilte, wuchsen die Erlöse um 9,2 Prozent auf 41,7 Millionen Euro, während der bereinigte operative Gewinn (EBIT) von 3,6 Millionen auf 10,1 Millionen Euro anstieg. Ausschlaggebend für diese positive Entwicklung sei vor allem die starke Nachfrage nach Militärgütern.
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Steyr Motors ist auf Hochleistungsmotoren spezialisiert, die in militärischen Spezialfahrzeugen, Booten sowie als Hilfsaggregate für Kampfpanzer und Lokomotiven zum Einsatz kommen. Der militärische Bereich bleibt das Kerngeschäft: Mit einem Umsatzanteil von 61 Prozent generierte die Sparte „Defense“ 25,6 Millionen Euro, ein Plus von 6,9 Prozent.
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Internationale Expansion als Wachstumstreiber
Wesentliche Wachstumsimpulse kamen laut Unternehmensangaben aus der Expansion in Asien, wo neue Vertriebskanäle in Taiwan, Vietnam und Indonesien erschlossen wurden. Zudem wurde die MENA-Region (Nahost und Nordafrika) als strategischer Wachstumsmarkt definiert und das Vertriebsnetz dort weiter ausgebaut. Auch militärische Organisationen zählen zu den Kunden von Steyr Motors: In den USA wurde die Belieferung der US Navy Seals mit Motoren für den Marinebereich weiter ausgebaut. Zudem wird aktuell ein Motor für ein neues Fahrzeug des österreichischen Jagdkommandos im Himalayagebirge getestet – in Zusammenarbeit mit der deutschen Bundeswehr sowie Truppen aus den Niederlanden und der Schweiz.
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Die Prognose für 2025 fällt entsprechend positiv aus: Steyr Motors erwartet einen Umsatzanstieg von mindestens 40 Prozent und plant die Produktion von mindestens 1.250 Motoreinheiten (Vorjahr: 729).
„Wir erleben derzeit ein sehr dynamisches Nachfragewachstum für unsere Produkte im Defense-Bereich, aber auch im zivilen Sektor. Unsere Expansionsaktivitäten insbesondere nach Asien, wo wir vor allem bei maritimen Anwendungen unsere Expertise und Marktposition nutzen, tragen Früchte“, kommentierte CEO Julian Cassutti die Geschäftsentwicklung.

Wachstum ohne Massenproduktion – Fokus auf Spezialmotoren und Rüstung
In einem Interview mit dem INDUSTRIEMAGAZIN betonte Julian Cassutti, dass das Unternehmen trotz der stark gestiegenen Nachfrage nicht beabsichtige, ein Massenproduzent zu werden. Das Kerngeschäft bleibe weiterhin die Entwicklung maßgeschneiderter und individualisierter Vier- und Sechszylindermotoren. Die derzeitige Nachfrageexplosion könne dank vorhandener freier Kapazitäten problemlos bewältigt werden – zumindest aktuell – und erfordere keine wesentlichen Investitionen, um den Output zu verdoppeln.
„Wir haben die Linien, wir haben den Platz“, erklärte Cassutti im Gespräch mit dem INDUSTRIEMAGAZIN. Falls nötig, könnten zusätzliche Schichten eingeführt werden – derzeit arbeitet das Unternehmen im Einschichtbetrieb, zumindest noch bis 2025. Im vergangenen Jahr machte der Rüstungsbereich rund zwei Drittel des Gesamtumsatzes von Steyr Motors aus. Neben langjährigen Kunden wie dem deutsch-französischen Panzerhersteller KNDS Krauss-Maffei Wegmann beliefert das Unternehmen auch seinen ehemaligen Eigentümer Thales.
Steyr Motors hat sich zudem laut eigenen Angaben einen langfristigen Rahmenauftrag in Brasilien gesichert. Wie das Unternehmen in einer Aussendung mitteilte, steigt der Auftragsbestand des Konzerns bis 2027 auf fast 200 Millionen Euro. Die Aktie von Steyr Motors legte am Montag um spektakuläre 140 Prozent zu – und das nach einem bereits starken Anstieg von 76,5 Prozent am Freitag. Innerhalb eines Monats hat sich der Unternehmenswert mehr als verzehnfacht. Der Interessenverband für Anleger (IVA) reagierte jedoch mit Skepsis und bezeichnete die Entwicklung als „Mini-Casino“: Der aktuelle Kurs liege auf „Fantasieniveau“, das selbst durch starke Fundamentaldaten nicht gerechtfertigt sei. Neben der Notierung an der Wiener Börse ist das Unternehmen auch an der Frankfurter Börse gelistet, was seine internationale Präsenz weiter stärkt. Zudem soll für das Geschäftsjahr 2024 eine Dividende von 0,55 Euro pro Aktie ausgeschüttet werden.
Wir haben die Linien, wir haben den Platz.CEO Julian Cassutti
Rheinmetall-Rahmenvertrag
Bereits vor wenigen Tagen hatte Steyr Motors einen Rahmenvertrag mit dem deutschen Rüstungsunternehmen Rheinmetall bekannt gegeben. Laut Unternehmensangaben setzt sich der Auftragsbestand bis 2027 aus „Festaufträgen, Rahmenaufträgen und unverbindlichen, jedoch konkreten Zusagen“ zusammen. Zusätzlich befinden sich weitere Verträge „unmittelbar vor der Unterschrift“, die das Auftragsvolumen nach 2027 um weitere 150 Millionen Euro steigern könnten.
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Der oberösterreichische Spezialmotorenhersteller Steyr Motors ist erst seit Anfang Februar an der Wiener Börse im Segment direct market plus gelistet. Der Eröffnungskurs lag bei 14,90 Euro, wodurch sich die Marktkapitalisierung am Vormittag des Börsengangs auf 77,48 Millionen Euro belief, wie die Börse in einer Aussendung mitteilte. Bereits im Oktober 2024 erfolgte die Erstnotierung im Frankfurter Börsensegment „Scale“.
Steyr Motors-CEO Julian Cassutti betonte die strategische Bedeutung der Notierung an der Wiener Börse: "Als Unternehmen mit Sitz im oberösterreichischen Steyr und mit der B&C-Gruppe als österreichischem Ankerinvestor ist ein Listing an der Heimatbörse Wien nur logisch und erhöht unsere Sichtbarkeit bei nationalen wie internationalen Investoren. Der direkte Zugang zum österreichischen Kapitalmarkt wird uns dabei unterstützen, die nachhaltige Weiterentwicklung von Steyr Motors sicherzustellen."